Corona-Krise belastet berufstätige Eltern Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, dass die Folgen der Corona-Pandemie, vor allem die seit Wochen weitgehend geschlossene Kitas und Schulen in Deutschland, mehr als vier Millionen Familien mit erwerbstätigen Eltern und Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren vor große Probleme stellen, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht.
Schlechte Vereinbarkeit schon vor Corona
Für die aktuelle Studie wurden SOEP-Daten aus Vorkrisenzeiten analysiert und daraus Erkenntnisse mit Blick auf die gegenwärtige Situation abgeleitet. Demnach sind in zwei Drittel aller Paarhaushalte mit Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren beide Elternteile erwerbstätig. Allerdings hat nur in etwas mehr als der Hälfte dieser Haushalte zumindest eine Person theoretisch die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten. Unter den besonders betroffenen Alleinerziehenden, von denen ebenfalls etwa zwei Drittel erwerbstätig sind, gilt das sogar nur für rund 35 Prozent.
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Dazu sagt Studienautorin Claire Samtleben:
Das vielfach als Vereinbarkeitswunder gepriesene Arbeiten im Home-Office ist also für einen Großteil der betroffenen Eltern schlicht keine Option – ganz abgesehen davon, dass wirklich produktives Arbeiten parallel zur Kinderbetreuung oftmals auch nicht möglich ist.
Erschwerend komme hinzu, dass aufgrund der Kontaktbeschränkungen – und weil sie durch das Corona-Virus besonders gefährdet sind – Großeltern bei der Betreuung nicht wie gewohnt helfen können. In normalen Zeiten nehmen rund 30 Prozent der Haushalte mit Kindern im Alter von bis zwölf Jahren regelmäßig Betreuung durch Verwandte in Anspruch, unter den Alleinerziehenden sind es sogar 40 Prozent.
Den Hauptteil der zusätzlichen Last tragen vermutlich die Mütter. Schon in normalen Zeiten leisten sie den größten Teil der Kinderbetreuung, selbst wenn sie wie ihr Partner in Vollzeit erwerbstätig sind und noch umso mehr, wenn sie teilzeitbeschäftigt sind. Auch andere Haushaltstätigkeiten wie Einkaufen, Kochen und Putzen, die in Corona-Zeiten verstärkt anfallen, dürften wie zuvor allen voran Mütter übernehmen.
Entlastung durch Corona-Elternzeit und Corona-Elterngeld
Nach Ansicht der StudienautorInnen sollte die Politik das Vereinbarkeitsproblem von Beruf und Familie dringend adressieren – zumal es umso größer wird, je länger der gegenwertige Zustand anhält. Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin, macht das sehr deutlich:
Jahresurlaub und Überstunden sind nach einer Weile abgebaut, Einkommensersatzleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz laufen nach sechs Wochen aus und sind zudem an die Bedingung geknüpft, dass Eltern ihrem Beruf nicht im Home-Office nachgehen können. Die Erfahrung vieler Eltern nach zwei Monaten Home-Office verdeutlicht die Grenzen der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und produktivem Arbeiten zu Hause. Eine Corona-Elternzeit und ein Corona-Elterngeld könnten für Entlastung sorgen.
Wrohlich betont dazu auch der notwendigen gleichstellungspolitischen Impuls:
So könnte vermieden werden, dass bestehende Geschlechterungleichheiten bei der Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit im Zuge der Corona-Krise noch verschärft werden.
Dieser Vorschlag zur Entlastung sieht vor, dass erwerbstätige Alleinerziehende sowie Familien, in denen beide Eltern gemeinsam mehr als 40 Stunden arbeiten, jeweils eine Reduzierung der individuellen Arbeitszeit beantragen können, um ihre Kinder zu betreuen. Dafür gäbe es dann eine staatliche Einkommensersatzleistung, ähnlich wie im Falle des Elterngeldes. Sofern die Eltern nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten, sollte die Leistung bei Paaren an die Bedingung geknüpft werden, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren.