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So erkennen und lösen Sie Blockaden im Projekt

Frage an die HR-Werkstatt: „Aus Gesprächen mit unseren Projektleitern wissen wir, dass Projekte nach einem Erfolg versprechenden Start manchmal ganz plötzlich hartnäckig stagnieren. Woran kann das liegen und wie können wir als HR-Abteilung Verantwortliche unterstützen?“

Es antwortet: Michael Kluge, Ausbildungs- und Leadership-Experte

Wenn Projekte erlahmen, können dafür unterschiedliche Ursachen infrage kommen. Wo möglicherweise die Konstruktionsfehler liegen und sich genaues Hinschauen lohnt, zeigen die folgenden fünf Prüfaufgaben.

Schritt 1: Prüfen, ob ein gemeinsames Verständnis über Projektziele existiert

Betriebliches Gesundheitsmanagement, digitales Lernen, neue Führungskultur, kundennahe Organisationsstruktur – um solche oder andere Themen drehen sich viele unternehmensinterne Projekte. Dabei obliegt es den Team-Mitgliedern, Strategien zu entwickeln, die am Ende gewährleisten, die definierten Unternehmensziele zu erreichen. Fehlt allerdings die oberste Zielsetzung eines Gesamtprojekts vor dem Projektstart oder mangelt es zwischen Geschäftsleitung und Projektleiter an Abstimmung, besteht die Gefahr eines Projektabsturzes. Im Verlauf des Projektes ist mit Motivationsverlust und Aussteigen einzelner Projektmitglieder zu rechnen. Deshalb sollten alle Beteiligten von Beginn an darauf achten, ob sie beim Aushandeln eines Projektauftrages wirklich dasselbe meinen.

Schritt 2: Prüfen, ob gemachte Zusagen der Projektrealität entsprechen

Nicht selten geraten Projekte ins Stocken, weil Verantwortliche die Projektmitglieder unter Vorspielung falscher Tatsachen gewonnen haben. Ein Beispiel: Herr X soll innerhalb der Personalentwicklung das Thema „Digitales Lernen“ voranbringen. Ihm hat man versichert, dass das Projekt höchste Priorität besäße. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass das vollmundige Versprechen mit der Realität wenig zu tun hat. Ganz im Gegenteil: Die Beteiligten sind sich uneins darüber, was sie unter „Digitales Lernen“ verstehen, die technischen Voraussetzungen für eine Realisierung des Vorhabens sind aktuell beileibe nicht gegeben und die Zuständigkeiten ebenso die Verantwortlichkeiten liegen im Unklaren. Nachdem die Motivation von Herrn X gegen Null gefahren ist, verlässt er frustriert das Projekt. Dieses Beispiel macht deutlich, wie wichtig eine glaubwürdige Kommunikation bei der Ansprache möglicher Projektmitarbeiter ist. Bleiben Sie daher bei der Wahrheit – selbst dann, wenn die Schilderung einer potenziellen Projekttätigkeit nicht gerade zu den „Verkaufsschlagern“ des Unternehmens zählt.

Schritt 3: Prüfen, ob Kapazitätsengpässe vorliegen

Klar ist: Auch technische Probleme führen zu Verzögerungen in Projekten. In aller Regel stellen sie jedoch kein Hindernis dar, das nicht überwindbar wäre. Viel häufiger kommt es zu Verzögerungen, weil einzelne Projektmitglieder ihre Aufgaben vernachlässigen. Dies liegt nur selten an mangelnder Arbeitsmotivation oder fehlender Einsicht in die Notwendigkeit der Tätigkeit. Die Mitarbeit in Projekten bedeutet für viele Mitarbeiter eine zusätzliche Belastung, weil sie in den meisten Fällen neben der ohnehin schon reich gefüllten Tagesarbeit zu erledigen ist. Natürlich erhalten die Mitarbeiter oft die Zusage, dass sie in ihrer jeweiligen Linienfunktion vom Tagesgeschäft Entlastung erfahren. In der Praxis läuft es jedoch häufig darauf hinaus, dass diese Versprechen ausbleiben. Aufgrund der Doppelbelastung hält sich die Begeisterung der Mitarbeiter für die Projekttätigkeit verständlicherweise in Grenzen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Projektmitglieder in den meisten Fällen disziplinarisch nicht dem Projektleiter zugeordnet sind, sondern weiterhin ihrem Linien-Vorgesetzten unterstehen. Die Beurteilung ihrer Arbeitsleistung und demzufolge die Bemessung ihres Gehalts basiert also auf der Alltagsarbeit, die sie in ihrer eigentlichen Abteilung erledigen. Projektmitglieder haben somit immer noch als erste Priorität ihr Tagesgeschäft vor Augen – vor allem dann, wenn sie forsche Hinweise von ihrer Führungskraft diesbezüglich erhalten. Dies führt nicht selten dazu, dass Projektmitglieder die Projektaufgaben zugunsten des eigenen Tagesgeschäfts vernachlässigen. All dies führt in der Regel zu (erheblichen) Verzögerungen in den Projekten.

Um dieses Dilemma zu lösen, sind vonseiten der HR-Abteilung drei Fragen zu klären:

  1. Wie können Sie dazu beitragen, dass Mitarbeiter, die beispielsweise nur zu 50 Prozent in einem Projekt mitwirken, auch tatsächlich von ihrem Tagesgeschäft entlastet werden?
  2. Welche Regelung lässt sich hinsichtlich der disziplinarischen Führung treffen, sodass beide Tätigkeiten – Projektarbeit und Tagesgeschäft – gleichermaßen bei der Beurteilung der Arbeitsleistung und die damit verbundene Bemessung des Gehalts mit einfließen?
  3. Wie können Sie allen Beteiligten in Linien- und Projektorganisationen den Sinn und Nutzen des Vorhabens anschaulich vermitteln, um auf diese Weise die Arbeit der Projektleiter zu unterstützen und das Projekt zu dem gewünschten Erfolg zu verhelfen (Stichwort: Storytelling)?

Schritt 4: Prüfen, ob für die Stagnation des Projektes eine Selbstblockade verantwortlich ist

Ein Projektleiter ist bekanntlich für die optimale Organisation und Durchführung des Projektes verantwortlich. Wenn dieser Person jedoch der Mut für das Ausprobieren neuer Ansätze fehlt, weil sie glaubt, bei den Entscheidungsträgern damit auf wenig Akzeptanz zu stoßen, führt dies oft zu einer Lähmung des Projektes. Anstatt in einem „Pilot“ die Eignung des Neuen zu testen, wird versucht, nur nichts falsch zu machen.

Dazu zählt beispielsweise eine hohe Taktzahl auf der operativen Ebene oder das „Alte“ aufzupolieren und der Geschäftsleitung als Projektergebnis zu präsentieren – gekoppelt mit der Hoffnung, auf diese Art und Weise der aus der Sicht des Projektleiters höchst unangenehmen Situation zu entrinnen. Wenn diese Selbstblockade ursächlich für das ins Stocken geratene Projekt ist, empfiehlt es sich, die Arbeit des Projektleiters mithilfe eines Coachings zu unterstützen.

Schritt 5: Prüfen, ob alle Betroffenen eingebunden sind

Nicht selten zielen Projekte ausschließlich auf Inhalte ab, indem der Fokus auf die Entwicklung neuer Strategien, Systeme und/oder Strukturen liegt. Doch wer die Ergebnisse eines Projektes erfolgreich umsetzen will, muss frühzeitig die Menschen gewinnen, die (in-)direkt davon betroffen sind. Der Weg dorthin führt über eine offene und ehrliche Kommunikation – nicht nur einmal am Ende eines Projektes, sondern permanent von Anfang an. Dabei dürfen Beteiligte nicht nur das Was und Wie der Veränderung erläutern, sondern vor allem das Wozu. Allerdings nicht in Form technischer Erzählungen, sondern mit Bildern, Comics, Podcasts und Videobeiträgen, um die Betroffenen auch auf der emotionalen Ebene zu erreichen. Im Idealfall erhalten die verschiedenen Interessengruppen im Unternehmen jeweils eine Antwort auf die Frage: „Was habe ich konkret von den bevorstehenden Veränderungen?“ Und: Offen gestellte Fragen, geäußerte Befürchtungen oder Einwände verhallen nicht ungehört, sondern werden aufgegriffen und beantwortet.

Wenn es also bei der Realisierung eines Projektes zu Verzögerungen oder Lähmungserscheinungen kommt, ermuntern Sie die Projektleiter, alles auf den Prüfstand zu stellen – ohne Tabus, ohne Denkverbote, ohne Angst.

✓ Werkstatt-Check: So kommt wieder Schwung ins Projekt
Prüfen Sie, ob alle das Projektziel kennen.
Lassen Sie keine vollmundige Versprechen zu, die an der Realität vorbeigehen.
Beseitigen Sie mögliche technische und personalbedingte Kapazitätsengpässe.
Unterstützen Sie bei Selbstblockaden die Projektleiter mit Coachings.
Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten im Projekt eingebunden sind.

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