Im Rahmen einer aktuellen Analyse hat die Boston Consulting Group (BCG) die Vielfalt in den Vorständen und Aufsichtsräten der 100 größten börsennotierten Konzerne Deutschlands untersucht.
Laut Analyse ist der Frauenanteil in Vorständen seit 2017 um gerade einmal vier Prozentpunkte gestiegen. Bei diesem Tempo wird es, so die Experten, noch mehr als 30 Jahre dauern, bis im obersten Führungsgremium Geschlechterparität erreicht ist.
Und das, obwohl Untersuchungen von BCG belegen, dass Unternehmen mit vielfältigen Führungsteams im Schnitt um neun Prozentpunkte höhere EBIT-Margen erreichen. Auch der Umsatzteil, den diese Unternehmen mit Innovationen erwirtschaften, liegt deutlich vor dem männerlastiger Wettbewerber, nämlich um rund 20 Prozentpunkte.
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Deutschland gehört in Sachen Diversity im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern. Mit zehn Prozent Frauenanteil in der obersten Führungsriege belegt das Land Platz 24 unter den 27 EU-Staaten.
In den Vorstandsetagen der europäischen Nachbarländer sieht es deutlich besser aus: In Schweden ist ein Viertel der Vorstände weiblich, in Frankreich ein Fünftel und in Spanien immerhin noch ein Sechstel. In allen drei Ländern gilt seit Jahren eine gesetzlich festgelegte Gleichstellungsquote.
In Unternehmen Zielgrößen zu definieren und deren Erreichung nachzuhalten ist sehr effektiv. Das zeigen nicht nur die Beispiele aus Europa, sondern auch die Praxis in deutschen Aufsichtsräten,
erläutert Nicole Voigt, BCG Managing Director and Partner. Für diese gilt seit 2016 eine Frauenquote. Inzwischen ist jedes dritte Mitglied der Kontrollgremien weiblich.
Voigt betont desweiteren, dass der Geschlechterausgleich auch in den Vorständen nur gelingen kann, wenn Politik und Wirtschaft die Entwicklung aktiv vorantreiben würden. Es gehe darum, so Voigt, Transparenz zu schaffen, beispielsweise durch Veröffentlichungspflichten von Frauenanteilen bei Führungskräften – insbesondere auf den oberen Ebenen.
Als weitere Hebel können, so die BCG-Experten, Anreize für Familien wirken. Steuerliche Maßnahmen, wie Änderungen beim Ehegattensplitting, würden so eine gleichmäßigere Verteilung von Erwerbsarbeit in der Familie fördern.
Auch das tradierte Rollenverständnis, bei dem Männer Vollzeitkarriere machen und Frauen – auch gut ausgebildete – in Teilzeit arbeiten und sich um die Kinder kümmern, hemme die Entwicklung. Aktive Jobsharing-Angebote für Führungskräfte könnten dieses Rollenbild in Richtung von mehr Gleichberechtigung verändern.