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AG Urteil vom 15. Mai 2013 – Dauer der Arbeitszeit bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung

Das Urteil:

Die Klägerin ist bei der Beklagten als „außertarifliche Mitarbeiterin“ mit einem Jahresgehalt von 95 000 Euro beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag muss die Klägerin „auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit tätig werden.“ Weitere Regelungen zur Arbeitszeit enthält der Vertrag allerdings nicht.
Im Herbst 2010 hatten sich nach Angaben der Beklagten circa 700 Minusstunden angesammelt. Seit Oktober 2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 7,6 Stunden beziehungsweise die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Die Klägerin kam dem nicht nach. Die Beklagte kürzte darauf hin die Gehälter der Klägerin bis Januar 2011 um insgesamt circa 7000 Euro. Die Klägerin habe ihre Arbeitspflicht nicht vollständig erfüllt und sei etwa im Januar nur 5,5 Stunden im Betrieb gewesen. Die Klägerin macht geltend, sie sei vertraglich weder verpflichtet, 38 Stunden pro Woche zu arbeiten, noch müsse sie sich zu bestimmten Tagen im Betrieb aufhalten. Sie erfülle ihre Arbeitspflicht ohne Rücksicht auf den zeitlichen Aspekt schon dann, wenn sie die ihr von der Beklagten übertragenen Aufgaben erledige. Deshalb müsse die Beklagte ihr auch das volle Gehalt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden zahlen.
Das Bundesarbeitsgericht wies diesen Anspruch zurück: Der Arbeitsvertrag setze als Maß der zu leistenden Arbeit die betriebsübliche Arbeitszeit voraus. Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer dem Zeitmaß enthobenen Arbeitspflicht bestehen nicht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Vergütung für Zeiten zu leisten, in denen die Klägerin nicht gearbeitet hat.

Konsequenz für die Praxis:

In der Praxis kann die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort – einschließlich der Möglichkeit, Arbeitsstunden losgelöst von Kernzeiten unbegrenzt auf einem Arbeitszeitkonto zu sammeln oder dieses mit Minusstunden zu belasten – zu Auseinandersetzungen darüber führen, inwieweit allgemeine Rahmenarbeitszeiten von jedem Arbeitnehmer einzuhalten sind. Die betriebsübliche Arbeitszeit gibt einen Anhaltspunkt bei der Klärung solcher Probleme.