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Kein Widerrufsrecht bei Aufhebungsverträgen

Unterschrift unter Vertrag
Unterschrieben: Ist später ein Widerruf des Vertrags möglich? Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist ein arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag nicht widerrufbar. Bild (CC0): pexels.com

Nach einer neuen Entscheidung kann ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag auch dann nicht widerrufen, wenn er in dessen Privatwohnung abgeschlossen wurde. Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist (BAG, Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 AZR 75/18).

Umstrittener Vertragsabschluss

Im BAG-Fall ging es um den Aufhebungsvertrag mit einer Reinigungskraft. Der Vertragsschluss, bei dem die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vereinbart wurde, fand in der Wohnung der Arbeitnehmerin statt. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Vertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.

Widerrufsrecht nach § 355 BGB bei arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen nicht anwendbar 

In der Revisionsverhandlung hat das BAG die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, dass der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist. Zum rechtlichen Hintergrund: Arbeitnehmer sind bei Vertragsabschlüssen grundsätzlich wie Verbraucher geschützt. Das Gesetz räumt Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, ein Widerrufsrecht ein (§ 355 BGB). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich ein Verbraucher bei sog. Haustürgeschäften in der Regel in einer „Überrumpelungssituation“ befindet. Die Widerrufsvorschrift § 355 BGB ist allerdings bei Aufhebungsverträgen nicht anwendbar. Im Gesetzgebungsverfahren sei der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen, so das BAG. 

Gebot fairen Verhandelns eingehalten?

Das BAG beanstandete aber, dass das Landesarbeitsgericht nicht geprüft habe, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde. Bei diesem Gebot handelt es sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie werde verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert, so das BAG. Dies könnte hier nach BAG-Ansicht insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Arbeitnehmerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies würde zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führen.

Dementsprechend hat das BAG den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses muss die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags im vorliegenden Fall also erneut prüfen und dann entscheiden. 

Quelle: Bundesarbeitsgericht

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

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