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Umsetzung des Entgeltransparenzgesetzes

eine männliche und eine weibliche Figur stehen hinter großen Scrabble-Steinen, die die Wörter equal pay bilden
Um den Gender Pay Gap zu beseitigen, wurde das Entgelttransparenzgesetz eingeführt.
Foto: © Hyejin Kang/StockAdobe

Seit Mitte 2017 ist in Deutschland das Entgelt- transparenzgesetz in Kraft. Es soll dafür sorgen, dass Frauen beim Gehalt gegen- über ihren männlichen Kollegen nicht mehr benachteiligt werden. Außerdem gibt es seit Anfang 2018 einen Auskunftsanspruch für Mitarbeiter. Laut einer Studie hat sich jedoch seitdem nicht allzu viel in den Unternehmen getan.

Das Entgelttransparenzgesetz verpflichtet Unternehmen dazu, Männer und Frauen für vergleichbare Tätigkeiten gleich zu bezahlen. Zusätzlich haben Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch. Sie können verlangen, dass ihnen der Arbeitgeber das durchschnittliche Gehalt der Kollegen des jeweils anderen Geschlechts nennt, die einen ähnlichen Job haben. Außerdem sollen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern regelmäßig überprüfen, wie es um die Entgeltgleichheit im Unternehmen steht, und dazu einen Bericht erstellen.

Zwölf Prozent der Unternehmen sind initiativ geworden

Sieben bis zehn Monate nach Inkrafttreten ist in lediglich zwölf Prozent der Unternehmen die Geschäftsführung von sich aus aktiv geworden, um das Gesetz umzusetzen. Am höchsten ist der Anteil in mittelgroßen Betrieben mit 201 bis 500 Beschäftigten; hier haben 19 Prozent etwas unternommen. In großen Unternehmen ab 501 Beschäftigten sind es mit 18 Prozent nur etwas weniger. Das geht aus einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit dem Institut für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung (INES Berlin) hervor. Die Forscher haben analysiert, was sich aus der Sicht von Betriebsräten, die an der WSI-Betriebsrätebefragung 2018 teilgenommen haben, in den ersten Monaten nach der Einführung des Gesetzes getan hat. Die Ergebnisse sind repräsentativ für Unternehmen mit Betriebsrat und mindestens 20 Mitarbeitern.

Offenbar fühlte sich nur ein kleiner Teil der Betriebe von der Aufforderung angesprochen, im Betrieb für Entgeltgleichheit zu sorgen,

schreiben die Forscher in ihrem Auswertungsbericht. Das Gesetz zeige bisher keine spürbaren Effekte. Allerdings seien – unabhängig von der Größe – Unternehmen, in denen Betriebsräte nach eigenem Bekunden ein sehr gutes Verhältnis zur Geschäftsleitung haben, bei der Umsetzung des Gesetzes weiter.

Auskunftsanspruch: Mitarbeiter in Großunternehmen am aktivsten

Ob die Mitarbeiter von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen, hängt laut Studie von verschiedenen Faktoren ab, vor allem auch von der Unternehmensgröße. So ist einen Monat bis vier Monate nach Inkrafttreten des Auskunftsanspruchs in 13 Prozent der mittelgroßen Betriebe mindestens eine Person initiativ geworden. Bei den großen Unternehmen ist es fast jeder vierte Mitarbeiter (23 Prozent). Die Analyse zeigt außerdem, dass deutlich mehr Beschäftigte ihr Gehalt überprüfen lassen, wenn im Unternehmen viele Hochqualifizierte arbeiten. Der Frauenanteil spielt dagegen keine Rolle.

Nur die wenigsten Betriebe halten sich bei der Prüfung an Vorgaben

Was die Prüfverfahren der Gehälter auf Ungleichheit betrifft, so war hier in den letzten zwei Jahren vor der Befragung, teilweise bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes, gut jedes dritte Unternehmen aktiv. Jedoch nur rund zehn Prozent verwendeten dafür gesetzlich geforderte anerkannte externe oder statistische Prüfverfahren. Überdurchschnittlich oft haben Betriebe mir einer jungen Belegschaft Prüfungen durchgeführt, ebenso Arbeitgeber, bei denen Betriebsvereinbarungen zu Gleichstellung und Antidiskriminierung oder zu Familienfreundlichkeit gelten. Außerdem, so die Studienautoren, haben solche Unternehmen häufiger die Entgelte überprüft, die sich nach Einschätzung der Betriebsräte bemühen, „dass die Mitarbeiter gerne hier arbeiten“, und die bestrebt sind, die „Arbeit menschengerecht zu gestalten.“

Forderung nach mehr Verbindlichkeit für Arbeitgeber

Angesichts der bisherigen Umsetzungsbemühungen der Unternehmen kommen die WSI-Forscher zu dem Fazit, das Gesetz zeige „keine spürbaren Effekte“. Sie empfehlen daher, das Gesetz verbindlicher auszugestalten. Die Prüfung der betrieblichen Gehaltsstrukturen solle nicht nur empfohlen, sondern verpflichtend gemacht werden. Für Unternehmen, die gegen die gesetzlichen Verpflichtungen verstoßen, müsse das Gesetz „wirksame Sanktionen“ vorsehen. Außerdem solle der Auskunftsanspruch auch in kleineren Betrieben gelten, zudem müssten hier die Hürden für Mitarbeiter verkleinert werden.

Der Report „Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Wie wird das Entgelttransparenzgesetz in Betrieben umgesetzt?“ steht zum > Download bereit.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.