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Die Gründer der App-Bank N26 gingen mit Verbalattacken und sogar juristisch gegen die Gründung einer Arbeitnehmervertretung vor, blieben jedoch erfolglos. Die Mitarbeiter schafften es, einen Wahlvorstand zu bilden und bereiten jetzt die Wahl von Betriebsräten vor. Laut einer Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (> WSI) der Hans-Böckler-Stiftung sind die Versuche des Fin-Tech-Unternehmens, das gesetzlich verbriefte Recht, einen Betriebsrat wählen zu dürfen, auszuhebeln, kein Einzelfall. Das gelte insbesondere, wenn die Mitarbeiter erstmals einen Betriebsrat wählen wollen. Die Befragung zeige, dass schätzungsweise jede sechste Neugründung von Betriebsräten behindert wird, obwohl es sich dabei um einen Straftatbestand handelt.
In inhabergeführten Unternehmen werden Betriebsratswahlen besonders häufig gestört
2019 haben die WSI-Forscher Gewerkschafter aus 172 regionalen Organisationen der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. 72 Betriebe – das entspricht 42 Prozent – kannten Fälle, in denen Arbeitgeber versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern. Außerdem berichteten 27 Prozent der Befragten von Versuchen, die Arbeit bereits etablierter Betriebsratsgremien jenseits von Wahlen zu hintertreiben. In inhabergeführten Unternehmen gibt es Behinderungen von Betriebsratswahlen überproportional häufig. In mehr als jedem vierten Betrieb mit Behinderungsversuchen (28 Prozent) ist die Wahl letztlich vereitelt worden. In den Unternehmen, in denen der Betriebsrat erstmals etabliert werden sollte, fand ein Drittel der Wahlen (33 Prozent) nicht statt.
Behinderung von Betriebsräten reicht von Einschüchterung der Kandidaten bis zur Kündigung
Um Betriebsratswahlen zu sabotieren, setzen die Unternehmen vor allem darauf, mögliche Kandidaten einzuschüchtern. Das geschah, so die Befragungsergebnisse, bei mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Behinderungsversuche. In 66 Prozent der Konfliktfälle versuchten Arbeitgeber, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern und bei 43 Prozent unterstützten sie ihnen nahestehende Kandidaten. Bei 17 Prozent der betroffenen Betriebe wurde Kandidaten sogar gekündigt. Gut 40 Prozent der Arbeitgeber, die Betriebsratswahlen behinderten, holten sich externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen. In den Fällen, in denen es zu Behinderungen von bereits gewählten Gremien kam, versuchten 84 Prozent der Firmen, Mitglieder zu kündigen. Ebenfalls sehr häufig kam der Versuch vor, sie zum Rücktritt zu drängen (71 Prozent). Außerdem versuchte ein Drittel der Betriebe (33 Prozent) Betriebsräte durch Auflösungsanträge beim Arbeitsgericht zu sabotieren.
Kandidaten müssen rechtlich besser geschützt und Unternehmen sanktioniert werden
Anhand der durch die Befragung gewonnenen Erkenntnisse kommen die Forscher zu dem Schluss, dass ein erweiterter gesetzlicher Schutz vor Eingriffen des Managements notwendig ist. Wichtig seien gesetzliche Reformen, die Kandidaten bei Betriebsratswahlen gegen Repressionen des Arbeitgebers absichern. Auch müssten Verstöße wirksamer als bisher sanktioniert werden. Experten rieten daher etwa zur Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die auf gesetzwidrige Eingriffe von Unternehmen in Betriebsratswahlen spezialisiert sind und diese verfolgen.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.