Vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf ging es um folgenden Sachverhalt: Die Klägerin ist als Hauptgeschäftsführerin bei einer Rechtsanwaltskammer beschäftigt. Nebenbei arbeitet sie als selbstständige Rechtsanwältin. Der Arbeitsvertrag der Frau enthält ausdrücklich eine Klausel über Nebentätigkeiten. Demnach ist es ihr erlaubt, eine Rechtsanwaltskanzlei zu führen und Veröffentlichungen und Vorträge mit Zustimmung der Rechtsanwaltskammer zu tätigen. Die Rechtsanwaltskammer kündigte das Arbeitsverhältnis im November 2015 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.06.2016. Der Geschäftsführerin wurde unter anderem vorgeworfen, sie habe ihre Ressourcen für die Nebentätigkeiten in unzulässiger Weise in Anspruch genommen.
Kündigungsschutzklage erfolgreich
Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch in nächster Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf Erfolg (LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2017, Az. 4 Sa 869/16). Das LAG befand, dass nach der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme der Arbeitgeber den von der Geschäftsführerin behaupteten Rechtfertigungsgrund nicht habe ausräumen können. Die Geschäftsführerin hatte argumentiert, dass ihr seitens der Rechtsanwaltskammer erlaubt gewesen sei, deren Arbeitskräfte für Vorträge und Veröffentlichungen zu nutzen. An diesem Ergebnis der Beweiswürdigung habe sich in der zweiten Instanz nichts geändert, so das LAG.
Nebentätigkeit als Rechtsanwältin offen ausgeübt
Das LAG Düsseldorf berücksichtigte zugunsten der Klägerin, dass sie ihre umfangreiche Nebentätigkeit offen und transparent ausgeübt habe. Der Nebenjob bezog sich auf berufsspezifische Themen, die Teil ihrer Tätigkeit als Hauptgeschäftsführerin waren. Weil der Geschäftsführerin die Nebentätigkeit erlaubt war, bedurfte es nach LAG-Auffassung in diesem Fall vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung, selbst wenn die Rechtsanwältin in einem zu großen Umfang auf die Ressourcen ihres Arbeitgebers zurückgegriffen haben sollte.
Im Gegensatz zur Vorinstanz sprach das LAG Düsseldorf der Geschäftsführerin aufgrund der unwirksamen fristlosen Kündigung Verzugslohn für die Zeit von November 2015 bis Juli 2016 zu.
Nicht voreilig kündigen
Das Urteil zeigt: Wird ein Nebenjob offen ausgeführt und wurde er vorher vom Hauptarbeitgeber ausdrücklich erlaubt, so ist eine fristlose Kündigung, die sich auf diese Nebenbeschäftigung stützt, ohne vorherige Abmahnung unverhältnismäßig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber der Meinung ist, dass der Mitarbeiter zu viel Zeit in seinen Zweitjob investiert.
Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf