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Betriebsratswahlen: Diese Neuregelungen muss HR beachten

Mit der Verabschiedung des Betriebsrätemodernisierungsgesetz im Juni 2021 und einer Novelle der dazu gehörigen Wahlordnung hat die seinerzeit noch amtierende Große Koalition das Ziel verfolgt, „die Gründung und Wahl von Betriebsräten zu fördern und zu erleichtern“. So wurde beispielsweise das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt. Damit können jugendliche Beschäftigte den Betriebsrat künftig mitbestimmen. Selbst kandidieren dürfen sie jedoch – ebenso wie Leiharbeitnehmer – weiterhin nicht.

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Neues gibt es auch beim Anwendungsbereich für das vereinfachte Wahlverfahren. Es gilt nunmehr automatisch in Betrieben mit bis zu 100 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern. Treffen Arbeitgeber und der für die Organisation der Betriebsratswahl verantwortliche Wahlvorstand eine entsprechender Vereinbarung, lässt sich das Modell auch bis zu einer Belegschaftsstärke von bis zu 200 anwenden.

Zudem wurde der Kündigungsschutz erweitert. Er gilt nun auch für Beschäftigte, die zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung einladen, die beim Arbeitsgericht die Bestellung eines Wahlvorstands beantragen oder die – als sogenannte Vorfeld-Initiatoren – die „Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats“ in Firmen ohne Gremium unternehmen. Überdies hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Anfechtung von Betriebsratswahlen bei fehlerhaften Wählerlisten eingeschränkt. Ob all dies zu einer steigenden Zahl von Gremien führen wird, ist unter Experten umstritten.

Erweiterte Mitwirkungspflichten für HR

Für Personalverwantwortliche sind zwei Änderungen in der Wahlordnung besonders relevant: So müssen HR-Abteilungen dem Wahlvorstand seit Mitte Oktober nicht mehr nur die typischen Beschäftigtendaten zur Aufstellung der Wählerliste (also Name, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht, gegebenenfalls Abteilung sowie Informationen zu Leiharbeitnehmern und leitenden Angestellten) liefern. Vielmehr ist HR laut Paragraph 24 Absatz 2 der Wahlordnung nun auch verpflichtet, mitzuteilen, welche Beschäftigten zwischen Erlass des Wahlausschreibens und der Wahl selbst aus nicht-dienstlichen Gründen („insbesondere bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit“) voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden. Gemeint sind hier vor allem Langzeiterkrankte sowie Arbeitnehmer in Pflege- oder Elternzeit.

Weniger Ressourcen bindet hingegen in Zukunft der eigentliche Wahlvorgang: So bedarf es beim Urnengang im Betrieb keiner Wahlumschläge mehr. Die Stimmauszählung dürfte damit vielerorts schneller, ökologischer und auch weniger fehleranfällig ablaufen.

Darf’s a bisserl digitaler sein?

Auch wenn Videokonferenzen in der Pandemie alltäglich wurden – die Betriebsratswahlen bleiben analog. Das gilt insbesondere für den Wahlakt der Arbeitnehmer: „Stimmzettel“ müssen gefaltet in eine Urne geworfen werden. Sitzungen des Wahlvorstands per Telefon- und Videokonferenz sind immerhin in ganz bestimmten Fällen erlaubt. Wahlversammlung, Stimmauszählung – und übrigens auch Betriebsversammlungen – müssen hingegen auch in pandemischen Zeiten als Präsenzveranstaltung stattfinden. Der Arbeitgeber hat dafür die Räumlichkeiten und Ressourcen zu stellen.


Praxistipps

Die genannten Gesetzesnovellen krempeln das bisherige Wahlverfahren zwar nicht von Grund auf um, enthalten aber allerlei neue Detailregelungen. Personalabteilungen sollten sich insofern darauf einstellen, dass Mitglieder des jeweiligen Wahlvorstands möglicherweise mehr Schulungsbedarf anmelden. Zudem sollten, je nach Infektionsgeschehen, Hygienekonzepte für die Wahl erstellt werden.

Frank Strankmann ist Redakteur und schreibt off- und online. Seine Schwerpunkte sind die Themen Arbeitsrecht, Mitbestimmung sowie Regulatorik. Er betreut zudem BetriebsratsPraxis24.de, unser Portal für Mitbestimmung.