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Pause ohne Ausstempeln: Grund für fristlose Kündigung?

Ein sogenannter Arbeitszeitbetrug kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hervor (LAG Hamm, Urteil vom 27.01.2023, Aktenzeichen 13 Sa 1007/22). Allerdings kommt es hierbei sehr genau auf die konkreten Umstände des jeweiligen Falls an.

Café-Besuch ohne Ausloggen im Zeiterfassungssystem

Was war im vorliegenden Fall passiert? Eine Mitarbeiterin traf sich im Oktober 2021 eines Morgens in einem ihrem Betrieb gegenüberliegenden Café mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken. Weder beim Verlassen des Betriebs noch bei der Wiederaufnahme der Arbeit hat sie das Arbeitszeiterfassungssystem bedient. Der Arbeitgeber beobachtete die Kaffeepause der Mitarbeiterin von seinem Auto aus. Als er davon erfuhr, dass sich die Frau im Zeiterfassungssystem nicht ausgeloggt hatte, stellte er die Mitarbeiterin zur Rede.

Diese stritt den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs zunächst ab und beteuerte, sich im Keller des Unternehmens aufgehalten zu haben. Ihren Café-Besuch leugnete sie – auch dann noch, als der Arbeitgeber ihr zu verstehen gab, sie persönlich in dem Café gesehen zu haben. Erst als der Arbeitgeber ankündigte, dass er ihr Beweisfotos auf seinem Handy zeigen wolle, gab die Frau ihre Pflichtverletzung zu.

Im Kündigungsschutzprozess machte die Arbeitnehmerin geltend, dass es sich um ein einmaliges und nicht schwerwiegendes Vergehen gehandelt habe. Sie habe sich nur circa 10 Minuten in dem Café aufgehalten und schlicht vergessen, sich auszuloggen. Sie hielt die Kündigung für unverhältnismäßig, weil der Arbeitgeber den Umstand, dass das Arbeitsverhältnis bisher vollkommen störungsfrei verlaufen sei, nicht ausreichend gewürdigt habe. Auch habe er weder ihre lange Betriebszugehörigkeit noch ihre Schwerbehinderung bei der Kündigung berücksichtigt.

LAG Hamm sieht einen Vertrauensbruch

Das LAG Hamm erklärte die fristlose Kündigung trotz der vorgebrachten Argumente der Klägerin für rechtmäßig. Das Gericht wies darauf hin, dass ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Dafür müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Das sah das LAG Hamm als gegeben an. Nach Meinung des Gerichts handelte die Mitarbeiterin vorsätzlich. Den Einwand der Klägerin, dass sie schlicht vergessen habe, sich im Zeiterfassungssystem auszuloggen, hielt das Gericht für nicht glaubwürdig. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflicht, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, sei an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Schwerwiegender war allerdings: Spätestens zu dem Zeitpunkt, als der Arbeitgeber sie auf die fehlerhafte Arbeitszeiterfassung ansprach, hätte sie ihr Versäumnis einräumen müssen, befand das LAG. Dass die Frau ihr Fehlverhalten zunächst vehement leugnete, wertete das Gericht als Täuschungs- und Verschleierungsabsicht und damit als schweren Vertrauensbruch gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Eine vorherige Abmahnung hielt das LAG Hamm im vorliegenden Fall für entbehrlich. Aufgrund des Verhaltens der Arbeitnehmerin ging das Gericht davon aus, dass die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr wiederherstellbar gewesen wäre.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.