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Unter Umständen zulässig

Ob ein Kopftuchverbot rechtlich zulässig ist oder nicht, hängt nicht zuletzt vom Einzelfall ab.
Foto: © ramzi hachicho/Fotolia.de
Ob ein Kopftuchverbot rechtlich zulässig ist oder nicht, hängt nicht zuletzt vom Einzelfall ab.
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Unternehmen können das Tragen eines Kopftuchs und andere religiöse Zeichen untersagen, wenn in der Firma weltanschauliche Zeichen generell verboten sind und wenn es legitime Anliegen dafür gibt. Das geht aus zwei Urteilen des EuGH hervor. Geklagt hatten zwei muslimische Frauen aus Frankreich und Belgien.

Kopftuchverbot muss keine Diskriminierung sein

Im ersten Fall ging es um Samira A (C-157/15). Sie hatte drei Jahre lang als Rezeptionistin in einem belgischen Sicherheitsunternehmen gearbeitet. Im April 2006 kündigte sie an, dass sie ihr Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen werde und nicht nur in der Freizeit. In der Firma gab es jedoch eine interne Anordnung, die es Mitarbeitern verbot, „sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu tragen“. Samira A. wurde entlassen und klagte dagegen.

Der EuGH gab dem Arbeitgeber Recht, da die Frau als Rezeptionistin im Außendienst tätig war und Kundenkontakt hatte. Der Wunsch des Unternehmens, Kunden ein neutrales Bild zu vermitteln, sei rechtmäßig, so das Gericht. Die firmeninterne Regel, die Mitarbeitern religiöse und politische Abzeichen untersagt, sei zulässig und stelle keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung dar. Es müsse jedoch noch geprüft werden, ob es unter Berücksichtigung der unternehmensinternen Zwänge und ohne eine zusätzliche Belastung tragen zu müssen, möglich gewesen wäre, Frau A. einen Arbeitsplatz ohne Sichtkontakt mit Kunden anzubieten, statt sie zu entlassen.

Kundenwunsch allein rechtfertigt keine Entlassung

Der zweite Fall, über den der EuGH entschied (C-188/15), betrifft die Muslimin Asma B., die seit Juli 2008 als Software-Designerin bei einem französischen Unternehmen arbeitete. Sie trug einen Hidschab, einen Schleier, der Kopf und Nacken bedeckt und das Gesicht frei lässt. Nachdem ein Kunde sich darüber beschwert hatte, dass sie das Kopftuch während der Arbeit trug, bat die Firma Frau B., den Schleier wegen des Grundsatzes notwendiger Neutralität im Verhältnis zu ihren Kunden nicht mehr zu tragen. Dem kam sie nicht nach und wurde entlassen. Daraufhin klagte sie vor Gericht wegen Diskriminierung.

Der EuGH entschied, dass allein subjektive Erwägungen wie der Wille des Arbeitgebers, besonderen Kundenwünschen zu entsprechen, nicht ausreichen, um eine Entlassung zu rechtfertigen. Das Kopftuchverbot müsse sich auf eine interne Regel stützen, die es verbietet, Zeichen politischer, philosophischer oder religiöser Überzeugungen zu tragen. In der Verhandlung konnte nicht abschließend geklärt werden, ob es auch in diesem Unternehmen eine entsprechende Vorschrift gab. Sollte es sie gegeben haben, müssen die Richter prüfen, ob sie als „berufliche Anforderung“ im Sinne des EU-Rechts interpretiert werden kann.

Weitere Informationen zu den Urteilen finden Sie in dieser › Pressemitteilung des EuGH.