Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin hat einen Anspruch darauf, dass sein oder ihr Resturlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanziell abgegolten wird. Das gilt allerdings nicht, wenn es eine tarifvertragliche Ausschlussfrist gibt und diese überschritten wurde, entschied das Bundesarbeitsgericht in einem neuen Urteil (BAG, Urteil vom 31.01.2023, Aktenzeichen 9 AZR 244/20).
So viel zur generellen Regelung. Doch die Ausschlussfrist ist nicht in jeden Fall relevant. Das gilt für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 6. November 2018 beendet wurden. Denn an diesem Tag gab es eine rechtliche Neuerung. Damals hatte der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entschieden, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin seinen oder ihren Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend machen muss. Zuvor war dies nicht der Fall gewesen. Damit spielt die Ausschlussfrist für alle Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung beendet wurde, keine Rolle. Vielmehr beginnt die Ausschlussfrist in diesen Fällen erst mit der Bekanntgabe des EuGH-Urteils zu laufen.
Redakteur verlangt Urlaubsabgeltung von Zeitungsverlag
Im vorliegenden Fall endete das Arbeitsverhältnis bereits Ende September 2014. Rund vier Jahre später – im August 2018 – forderte der Kläger von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Abgeltung von nicht gewährtem Urlaub aus den Jahren 2007 bis 2010. Nach BAG-Ansicht musste sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seiner Forderung nicht an die Ausschlussfrist halten, weil das BAG zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahrs oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfielen.
Entschieden ist der Fall damit noch nicht. Das BAG hat ihn an die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, zurückverwiesen. Denn neben der Ausschlussfrist ist für den Fall noch ein anderer Punkt essenziell: Primär geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber, ein Zeitungsverlag, dem früheren Mitarbeiter überhaupt eine Urlaubsabgeltung schuldet. Das Landesarbeitsgericht muss noch klären, ob der Kläger in den Jahren 2007 bis 2010, in denen er als „Pauschalist“ redaktionelle Aufgaben für den Verlag wahrnahm, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (mit Anspruch auf Urlaub) oder als freier Mitarbeiter tätig war.
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.