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Muss das Kind nicht mehr betreut werden, endet die Elternzeit

Mutter mit Kinderwagen

Fallen nachträglich die Voraussetzungen für die Elternzeit weg, zum Beispiel durch einen Wechsel der Betreuungsperson, so endet der Anspruch vorzeitig – und damit auch das während der Elternzeit bestehende Kündigungsverbot. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2021, Aktenzeichen 12 Sa 23/21). Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob die Kündigung einer
Mitarbeiterin im Juli 2020 rechtmäßig war. In der ersten Jahreshälfte
2020 – die Frau befand sich in Elternzeit – war ihr Ehemann zusammen mit
den drei Kindern aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Nach Meinung des
Arbeitgebers bestand zum Zeitpunkt der Kündigung das Kündigungsverbot
nicht mehr, weil die Kinder nicht mehr im Haushalt ihrer Mutter gelebt
hätten und sie nicht mehr von ihr betreut worden seien.

Die Arbeitnehmerin hat sich im Gerichtsprozess auf Paragraf 16 Absatz 3 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) berufen, wonach die Elternzeit vorzeitig beendet werden kann, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Ihrer Meinung nach war die Elternzeit zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht beendet, weil keine Einigung mit dem Arbeitgeber über das vorzeitige Ende der Elternzeit erfolgt war.

Vorzeitiges Ende der Elternzeit bedurfte hier keiner Zustimmung des Arbeitgebers

Das LAG Baden-Württemberg beurteilte die Kündigung als rechtmäßig. Das Gericht teilte die Auffassung des Arbeitgebers, dass sich die Mitarbeiterin zum Kündigungszeitpunkt nicht mehr in Elternzeit befand, weil kein gemeinsamer Haushalt mit den Kindern mehr bestand. Sorgerecht und regelmäßiger Kontakt können nach Auffassung des Gerichts nicht mit
einer fortdauernden Kindesbetreuung gleichgesetzt werden.

Paragraf 16 Absatz 3 Satz 1 BEEG kommt nach Auffassung des LAG in Fällen wie diesem nicht zur Anwendung. Gemäß dem Urteil setzt schon der Wortlaut dieser Vorschrift eine Dispositionsmöglichkeit des Beschäftigten über die Elternzeit voraus, die beim Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben ist. Mit anderen Worten: Es lag hier gar kein Sachverhalt vor, der einer Zustimmung des Arbeitgebers bedurft
hätte. Denn die Elternzeit endete im vorliegenden Fall deshalb vorzeitig, weil eine Anspruchsvoraussetzung für die Elternzeit – die Betreuung der Kinder – weggefallen war. Insofern unterscheidet sich dieser Fall von den Konstellationen, für die Paragraf 16 Abs. 3 BEEG gedacht ist, nämlich dass Arbeitnehmer die Elternzeit aus freien Stücken vorzeitig
beenden möchten – dann muss der Arbeitgeber aktiv zustimmen.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

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