Eine Frau war bei einem Versicherungsunternehmen langjährig als Sachbearbeiterin im Rechnungswesen beschäftigt. Ihr Verhalten führte nach Aussagen der Kollegen und des Betriebsrates zu einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens. Aufgrund von „Zwischenfällen“ mit Mitarbeitern – welche nicht näher erläutert werden, das Arbeitsverhältnis jedoch erheblich gestört haben müssen – mahnte die beklagte Arbeitgeberin die Klägerin zunächst ab und kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos. Im Rahmen des darauf folgenden Kündigungsschutzverfahrens nahm das Unternehmen die Kündigung zurück, woraufhin das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wurde.
Ende April 2015 forderte der Betriebsrat das Unternehmen auf, die Klägerin zu entlassen, hilfsweise zu versetzen. Zur Begründung verwies er auf Vorfälle, die sich in 2014 und im Januar 2015 ereignet haben. Das Unternehmen kam dem Verlangen nicht nach, woraufhin der Betriebsrat das Arbeitsgericht anrief, um sein Kündigungsverlangen durchzusetzen. Das Gericht forderte das Unternehmen daraufhin auf, die Klägerin zu entlassen. Die Firma kündigte das Arbeitsverhältnis der Sachbearbeiterin in Folge außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Dagegen klagte die Frau.
Das Bundesarbeitsgericht hielt zumindest die ordentliche Kündigung für wirksam. Aufgrund der – auch im Verhältnis zur Klägerin – rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts, wonach die Beklagte die Klägerin zu entlassen hatte, sei ein dringendes betriebliches Erfordernis für die ordentliche Kündigung gegeben. Nicht aufgegeben war der Beklagten durch diesen Beschluss allerdings die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist ein Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats verpflichtet worden, einen Arbeitnehmer zu entlassen, liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vor. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht vor, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder auch Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen kann, der durch gesetzwidriges Verhalten, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich gestört hat.
Was bedeutet das für den Personaler?
Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die „Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer“ verlangen. Voraussetzung ist, dass ein Arbeitnehmer den Betriebsfrieden wiederholt und schwerwiegend stört. Das Verhalten muss einen betrieblichen Bezug aufweisen und der Täter muss schuldhaft – also zumindest fahrlässig – gehandelt haben. Wenn der Betriebsrat diese Voraussetzungen für gegeben hält, kann er den Arbeitgeber auffordern, den betreffenden Arbeitnehmer zu entlassen oder zu versetzen. Dieses Verlangen muss der Arbeitgeber prüfen und entscheiden, ob er es zum Anlass für eine Kündigung oder Versetzung nehmen möchte. Der Betriebsrat kann solch einen Entlassungsantrag auch vor dem Arbeitsgericht durchsetzen. Ignoriert der Arbeitgeber eine solche Entscheidung, können gegen ihn Zwangsgelder von bis zu 250 Euro am Tag verhängt werden.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28. März 2017 (2 AZR 551/16)
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 13. Juni 2016 (9 Sa 233/16)
Autoren: Prof. Dr. Stephanie Michel und Sven Frost
Erschienen in Ausgabe 06/17