Die Beziehung liegt schon einige Jahre zurück, aber nun wurde sie ihm zum Verhängnis: Brian Krzanich musste jüngst seinen Hut nehmen, nachdem bekannt geworden war, dass der Intel-Chef und eine Kollegin heimlich ein Paar gewesen waren. Denn der Verhaltenskodex des amerikanischen Chipherstellers untersagt Managern amouröse Beziehungen zu Mitarbeitern (› „Intel’s non-fraternization policy“).
Wie sinnvoll so eine Regelung ist, sei dahingestellt, Fakt ist jedoch: Kommt Liebe ins Spiel, entstehen am Arbeitsplatz Probleme und Teamkonflikte, wie ein ganz ähnliches Beispiel aus Deutschland zeigt:
Verlorenes Vertrauen
Sie hatten sich auf der Arbeit kennen und lieben gelernt. Lange hatte das Paar seine Beziehung geheim gehalten. Die Zwei wollten nicht für Unruhe und Gerede unter den Kollegen sorgen. Doch als ihr Geheimnis herauskam, gab es Ärger im Team. Denn die anderen Mitarbeiter fühlten sich getäuscht. Viele fragten sich: Wie viel von dem, was ich dem einen Partner unter vier Augen anvertraut habe, hat dieser wohl dem anderen weitererzählt?
„Das Paar musste lange darum kämpfen, das Vertrauen der Kollegen zurückzugewinnen“, sagt Stefanie Krones über den Konflikt, in dem sie als Personalmanagerin vermitteln musste. Die Juristin sitzt seit Anfang des Jahres im Vorstand der Diakonie Düsseldorf. In ihrer Karriere hat sie mehrfach erlebt, wie Beziehungen unter Kollegen zum Problem wurden. Jeder Dritte hat schon einmal einen Partner bei der Arbeit kennengelernt, sagt manche Statistik. Reibereien bleiben da nicht aus. Die Konflikte zu lösen, ist oft schwierig, weil die Beteiligten sich schnell persönlich angegriffen fühlen.
Grundsätzlich tun sich Arbeitgeber keinen Gefallen damit, verkrampft mit dem Thema umzugehen“,
sagt Krones, die jahrelang den Personalbereich der CBT Caritas Betriebsführungs- und Trägergesellschaft leitete. So würden Heimlichkeiten eher befeuert.
Beziehungsverbot à la Wal-Mart?
Die Supermarktkette Wal-Mart hat negative Erfahrungen damit gemacht, den eigenen Mitarbeitern konkrete Regeln vorzuschreiben. In Deutschland wollte sie diese per Ethik-Richtlinie dazu verpflichten, sich von Kollegen fernzuhalten. Damit sollte sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vorgebeugt werden. Beziehungen unter Kollegen zu verbieten, ist jedoch laut Grundgesetz unzulässig. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf urteilte in diesem Fall 2005 dementsprechend, dass sich Wal-Mart nicht in das Liebesleben seiner Mitarbeiter einmischen darf.
HR muss für Professionalität sorgen
Dennoch kann es nicht schaden, sich im Unternehmen informell über korrektes Verhalten abzustimmen. Krones schildert einen Fall, in dem sich ein Paar nicht daran hielt: Eine Angestellte wurde von ihrem Vorgesetzten zum Personalgespräch gebeten. Dazu erschien sie mit ihrem Mann im Schlepptau, der in einer anderen Abteilung desselben Unternehmens arbeitete. Als dieser sich dann auch noch einmischte, mahnte der Arbeitgeber ihn ab, die Frau wurde verwarnt. „Es ist schließlich Aufgabe der Personalabteilung, die Professionalität im Unternehmen zu wahren“, so Krones.
Konkretes Fehlverhalten benennen
Bevor ein Vorgesetzter oder Personalmanager zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie einer Abmahnung greift, sollte man aber üblicherweise so früh wie möglich das Gespräch suchen. „Es ist sinnvoll, beide Partner gleichzeitig einzuladen, da das Thema beide betrifft“, sagt Tim Hagemann, Professor für Arbeitspsychologie an der Fachhochschule der Diakonie. Es sei wichtig, dass der Vorgesetzte nicht allgemein bleibe, sondern ganz konkret Situationen nenne, in denen sich die Partner falsch verhalten hätten. Dann könne das Personalmanagement gemeinsam mit beiden Verhaltensregeln für die Zukunft erarbeiten. Die Mitarbeiter sollen so in der Lage sein, sich selbst zu kontrollieren.
Bei Teamkonflikten hilft Supervision
Verursacht eine Beziehung Unfrieden in der Gruppe, kann der Vorgesetzte eine sogenannte Team-Supervision anordnen. Dabei kommt ein speziell ausgebildeter Supervisor ins Unternehmen, der mit den Teammitgliedern Ziele für die Zukunft vereinbart und darauf achtet, dass diese eingehalten werden. Üblicherweise geht es bei einer Team-Supervision um Lösungen für berufliche Probleme. Doch wenn sich Privates auf das Professionelle auswirkt, kann der Supervisor auch hier eingreifen.
Das Gift Eifersucht
„Allerdings können sich Kollegen auch aus persönlichen Gründen an einer Beziehung stören, zum Beispiel aus Eifersucht“, betont Hagemann. Deshalb sei es wichtig, Klatsch und Tratsch nicht zu befeuern. Beschwere sich ein Mitarbeiter über ein Paar im Team, müsse der Vorgesetzte oder zuständige Personalmanager ganz genau nachfragen. Wenn er die Betroffenen dann später zum Personalgespräch bitte, könne er so auf konkrete Vorfälle Bezug nehmen und konstruktiv Kritik üben.
Wer immer sofort auf Anschuldigungen eingeht, öffnet anderen Beschwerden Tür und Tor“,
warnt der Arbeitspsychologe. Dem Mitarbeiter, der die Beschwerde erhebt, müsse der Vorgesetzte auch die Tragweite seines Vorwurfs klarmachen.
Beispielsweise entließ der Inhaber einer Textilreinigung in Südhessen eine Mitarbeiterin, die Gerüchte über eine Kollegin verbreitet hatte. Diese habe angeblich ein Verhältnis mit dem Juniorchef der Firma gehabt, obwohl ihr eigener Mann schwer krank sei. Die angeblich untreue Ehegattin bekam die Gerüchte schließlich mit. Schwer getroffen weigerte sie sich, noch mit der verleumderischen Kollegin zusammenzuarbeiten.
Das Lästermaul klagte schließlich vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Dieses urteilte jedoch, dass die Gerüchte sowohl das Ansehen des Juniorchefs als auch den Betriebsfrieden erheblich beeinträchtigen hätten können. Die Kündigung hatte deshalb Bestand.
Berufliches und Privates trennen
Gibt es tatsächlich eine problematische Beziehung im Team, wollen Vorgesetzte und HR meist nicht noch zusätzlich die Aufmerksamkeit darauf lenken. Dann ist es ratsam, das Problem mit den einzelnen Betroffenen anzugehen. Der Vorgesetzte kann sie zum Beispiel zu einem neutralen Coaching anhalten. Dort lernen die Mitarbeiter, Berufliches und Privates besser zu trennen.
Natürlich ist das häufig schwierig. Wenn zum Beispiel eine Beziehung endet, kann das auch bei der Arbeit schnell zur psychischen Belastung werden. „Lässt der Job des Betroffenen es zu, kann das Unternehmen ihn von zu Hause aus arbeiten lassen“, sagt Personalmanagerin Krones. So könnten der Mitarbeiter und seine Kollegen geschont werden. Gerade Trennungen können das Team schließlich hemmen.
Rosenkrieg am Arbeitsplatz
„Manchmal kommt es vor, dass sich das getrennte Paar auf dem Flur anschreit“, sagt Arbeitspsychologe Hagemann. Viel üblicher sei es aber, dass ein Ex-Partner bei Kollegen über den anderen lästere. Vorgesetzte müssten in solchen Fällen früh einschreiten, da das Lästern schnell in Mobbing umschlagen könne. Führungskräfte dürften sich auf keinen Fall in diese Konflikte hineinziehen lassen und müssten ihre Teammitglieder stets in Schutz nehmen. Auch hier sei ein offenes Wort das beste Mittel:
Die Führungskraft muss dem Aggressor klarmachen, welche Auswirkungen sein Verhalten auf die Kollegen hat.“
Sollte ein Gespräch nicht fruchten und die (Ex-)Beziehung weiter Probleme verursachen, steht neben der Abmahnung ein effektives Mittel zur Verfügung: „Sofern der Arbeitsvertrag es erlaubt, kann der Vorgesetzte den Störenfried in eine andere Abteilung versetzen“, sagt Michael Huth, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Arbeitgeber seien in einem solchen Fall nicht verpflichtet, die Versetzung gegenüber dem Arbeitnehmer zu begründen.
Sollte der betroffene Mitarbeiter dagegen klagen, müsse er beweisen, dass er willkürlich und aus sachfremden Gründen versetzt worden sei. Die Beziehung selbst ist zwar nicht sanktionsfähig, daraus resultierendes Fehlverhalten jedoch schon. Die meisten arbeitsrechtlichen Beziehungsfälle würden allerdings nicht vor Gericht ausgefochten: Meist einige man sich außergerichtlich oder der Arbeitnehmer finde sich mit seiner Situation ab.
Ultima ratio: die Kündigung
Wenn Personalgespräche, Abmahnungen und Versetzungen vergeblich sind, darf der Arbeitgeber wie bei anderem Fehlverhalten im Extremfall kündigen. „Bei den meisten Mitarbeitern kann ich aber auf die Vernunft vertrauen“, ist sich Krones sicher.
Die Personalabteilung könne ihren Teil dazu beitragen, indem sie die Mitarbeiter gut über ihre Rechte und Pflichten am Arbeitsplatz informiere. Außerdem sollte ein Personalmanager mit Paaren aus dem Unternehmen absprechen, dass sich der Dienstplan nicht nach ihrem Privatleben richten könne. „Bei uns in der Diakonie ist es zum Beispiel im Bereich der Pflege manchmal nicht möglich, dass beide Partner an Weihnachten frei haben“, sagt Krones. Auch müsse die Personalabteilung klarmachen, dass ein Mitarbeiter beziehungsweise eine Mitarbeiterin keine Vorteile daraus ziehen darf, dass der jeweilige Partner in der Unternehmenshierarchie höher steht.
Verklemmtes Deutschland?
„Allerdings wird das Thema ‚Beziehungen im Unternehmen‘ in Deutschland viel kritischer gesehen als im Ausland“, sagt Hagemann. In den USA (– von Intel und Wal-Mart einmal abgesehen –) bemühten sich Universitäten zum Beispiel, Jobs für die Ehepartner ihrer Professoren zu finden. Auch bei anderen Arbeitgebern sei das immer häufiger zu sehen.
Eine Beziehung im Unternehmen kann schließlich auch positive Seiten haben. „Bei uns in der Diakonie gibt es mehrere Ehepaare, die zusammenarbeiten“, sagt Krones. Gerade wenn die Partner Teil verschiedener Teams seien, erleichtere das die Kommunikation. Wenn zum Beispiel zwei unterschiedliche Berufe wie Sozialarbeit und Altenpflege aufeinanderträfen, gebe es innerhalb eines Unternehmens manchmal Konfliktpotenzial. Das sei schneller beseitigt, wenn Ehepartner zwischen unterschiedlichen Teams vermitteln könnten. Durch eine Beziehung innerhalb des Teams ist der Mitarbeiter möglicherweise auch stärker ans Unternehmen gebunden. Mehr Spaß bei der gemeinsamen Arbeit steigere schließlich die Produktivität.