Wirtschaftliche Entwicklungen und damit verbundene Umstrukturierungen und Unternehmenstransaktionen unter den Schlagworten „Mergers & Acquisitions“ – kurz: M&A – machen Abfindungsprogramme weltweit zu einem aktuellen Thema für Unternehmen. Ihre Relevanz erhalten sie insbesondere durch den großen Einfluss von Personalfreisetzungen auf die Personalkosten eines Betriebs. Potenzielle Abfindungszahlungen können zudem signifikante Auswirkungen auf den Unternehmenswert bzw. die Kosten einer M&A-Transaktion haben.
Die finanziellen Auswirkungen von Abfindungsprogrammen lassen sich prinzipiell nicht auf Basis eines generellen Faktors der Personalkosten kalkulieren, sondern variieren je nach Land. Insofern sind ein genaues Verständnis und eine gründliche Analyse der länderspezifischen Rahmenbedingungen erforderlich. Gesetzliche Regelungen bilden weltweit in nahezu allen Ländern die Grundlage und Ausgangsbasis für die Festsetzung in Bezug auf Kündigungsgründe und -fristen sowie die Bemessungsgrundlage von Abfindungszahlungen. Im internationalen Vergleich haben Arbeitgeber in Europa die höchsten Abfindungskosten zu tragen bei gleichzeitig großen Unterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten, wie die Studie „Deloitte Legal Perspectives – International Dismissal Survey 2018“ zeigt. Auch ist nach Mitarbeitergruppen zu differenzieren. In vielen Ländern erhalten etwa Geschäftsführer weniger rechtlichen Schutz, haben aber einen größeren Verhandlungsspielraum bei der vertraglichen Festlegung von Abfindungszahlungen.
Daher gilt es, ein klares Verständnis über den möglichen Umfang der Kosten von Abfindungen im länderübergreifenden Kontext zu gewinnen. Neben der Berücksichtigung gesetzlicher Regelungen umfasst dies auch ein tiefgreifendes Verständnis unternehmensinterner Vereinbarungen. So können unternehmensspezifische Vereinbarungen und deren Praxis zum Personalabbau auf Basis von Betriebsvereinbarungen aus der Vergangenheit auch den Maßstab für Verhandlungen und Inhalte künftiger Programme zum Personalabbau und zu Abfindungsprogrammen bilden.
Gesetzliche Regelungen bilden den Rahmen für den finanziellen Ausgleich durch Abfindungen
Rund um den Globus regeln unterschiedliche Gesetze, Rechtsprechungen und Geschäftspraktiken alles, was im Zuge eines finanziellen Ausgleichs durch Abfindungen zu berücksichtigen ist. Das gilt unabhängig von der Frage, ob der Austritt freiwillig oder unfreiwillig geschieht. In einigen Ländern treffen Arbeitgeber auf strikte Regelungen, die signifikant die Kosten, den Umfang und die Effizienz der Maßnahmen beeinflussen können. In anderen Ländern spielen gesetzliche Regelungen bei der Freisetzung von Mitarbeitern eine untergeordnete Rolle.
Die Berechnungsgrundlage für Abfindungszahlungen hat erheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten von Abfindungsprogrammen. Oft bildet das Gesamtvergütungspaket aus Jahresgrundgehalt, variabler Vergütung und Nebenleistungen die Berechnungsgrundlage für Zahlungen in Bezug auf die Kündigungsfrist. Dagegen wird für weiterführende Abfindungen („Severance Indemnity“) nur in wenigen Ländern ein Bezug zum Gesamtvergütungspaket zugrunde gelegt. In den meisten Ländern ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit der wesentliche Faktor zur Bestimmung der Abfindungshöhe.
Zudem sieht die Gesetzgebung einiger Länder zusätzliche Beiträge zur Sozialversicherung auf Abfindungszahlungen vor bzw. definieren dazu Obergrenzen. Geschäftsführer fallen in vielen Ländern nicht unter die gleichen Regelungen wie reguläre Mitarbeiter. Sie genießen generell weniger Schutz im Arbeitsrecht und verhandeln daher häufig weitreichende individuelle Vereinbarungen zu Abfindungen.
Die Kalkulation von Abfindungen im M&A-Kontext
Unternehmenskäufe, -verkäufe und -zusammenschlüsse führen häufig zu betriebswirtschaftlich notwendigen Maßnahmen wie Personalreduktion. Im Rahmen von M&A-Projekten werden bereits in der Due-Diligence-Phase Abfindungsregelungen und Restrukturierungen im Detail betrachtet und bewertet. Was die Analyse von Abfindungs- und Restrukturierungsprogrammen in einer Due-Diligence umfasst, zeigt die Grafik auf Seite 10. Zur Kalkulation möglicher Abfindungs- und Restrukturierungskosten werden häufig die Parameter herangezogen, die im Kasten rechts genannt sind.
Der Abbau von Mitarbeitern im Zuge von M&A-Transaktionen kann beim Kauf oder Zusammenschluss von Unternehmen aufgrund von Synergien auf der Seite der Käufer oder Fusionspartner wie auch auf der Verkäuferseite durch den Wegfall von Stellen relevant werden. Letzteres lässt sich etwa in Deutschland im Fall des Widerspruchs von Mitarbeitern zum Betriebsübergang als Folge des Verkaufs von Betriebsteilen beobachten. Rentennahe Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit tendieren mitunter zum Widerspruch, um individuelle Lösungen zu vereinbaren. In Kaufverträgen werden somit grundsätzliche Vereinbarungen über die Zuständigkeiten von Abfindungskosten getroffen, die bestimmen, ob Käufer, Verkäufer oder beide die Kosten für konkrete Abfindungsfälle zu tragen haben, zum Beispiel bei möglichen Standortwechsel nach Vollzug der Transaktion.
Abfindungsprogramme prüfen, kalkulieren, steuern
Abfindungsprogramme sind für Unternehmen ein Mittel, um auf wirtschaftliche Entwicklungen zu reagieren und Teile der Belegschaft freizusetzen. Die finanziellen Auswirkungen der Programme können für Unternehmen eine signifikante Kostenbelastung darstellen und sind daher in Abhängigkeit vieler Faktoren zu prüfen und zu kalkulieren. Das Beispiel von M&A-Transaktionen unterstreicht, welche Bedeutung eine umfassende Analyse auf die mit der Transaktion verbundenen Kosten und die Vereinbarung weiterführender Regelungen im Kaufvertrag hat. Aber es gilt, dem Risiko zu begegnen, dass Spitzenkräfte das Unternehmen verlassen und zu Wettbewerbern wechseln bzw. die Kosten für Abfindungen in einer M&A-Transaktion stark ansteigen lassen. Eine umfassende Betrachtung der Ausgangssituation ist notwendig, um Abfindungsprogramme effektiv zu steuern.