Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Arianna und die Smartphone-Zombies

Arianna Huffington; Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)
Keynote-Speakerin Arianna Huffington auf der HR Tech World 2017 in Amsterdam; Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)

Schon komisch, wenn das prominenteste Zugpferd einer Tech-Veranstaltung das Abschalten predigt: „Wir müssen Grenzen setzen. Wir müssen die Pausen in die Technik einbauen“, lautete das Plädoyer von Arianna Huffington auf der HR Tech World, die am 24. und 25. Oktober in Amsterdam stattfand. Die ehemalige Herausgeberin der Huffington Post hatte guten Grund, über die Notwendigkeit, auch mal die Finger von Smartphone und Co. zu lassen, zu sprechen: Sie musste selbst die schmerzhafte Erfahrung eines Burn-outs machen. Seitdem definiert die Unternehmerin Erfolg anders und betont, wie wichtig Abschalten dafür ist: „Erholung ist kein Bug, sondern ein Feature“, mahnte sie auf der HR Tech World.

Aus ihrer Erkenntnis hat sie ein Business gemacht. Ihr neues Unternehmen Thrive Global bietet Lösungen an, die dem Stress und der „Burn-out-Epidemie“ ein Ende setzen sollen. Zum Beispiel ein E-Mail-Tool für die Urlaubszeit, das neue Nachrichten automatisch löscht und den Sender wissen lässt, dass der Empfänger in seinem Urlaub eben auch nicht per Mail erreichbar ist. Selbst Entspannung und Abschalten lassen sich gewinnbringend vermarkten. Nichtsdestotrotz hat Arianna Huffingtons Vortrag zum Nachdenken angeregt über unser Verhältnis zur Technik und wie es unser Leben beeinflusst. „Wir geraten in Panik, sobald unser Handy-Akku unter 15 Prozent fällt. Wir sorgen schleunigst dafür, dass wir ihn wieder aufladen.

Aber unser eigenes Bedürfnis nach Erholung ignorieren wir ständig.

Es war deutlich zu spüren, wie ertappt sich viele Zuhörer bei diesen Worten fühlten.

Mensch vor Technik

HR Tech World 2017 Amsterdam; Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)
Großer Andrang bei den Vorträgen; Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)

Auch wenn es in der Mehrzahl der 150 Vorträge nicht so technikkritisch zuging wie in dieser Keynote, steht sie doch für einen Trend, der in Amsterdam deutlich wurde: Der Fokus von HR-IT verlagert sich von der Technik auf den Menschen. Viele Speaker betonten, dass HR und die Softwareanbieter sich stärker um die Employee Experience kümmern (sollen) und Fragen der Ethik und humanen Gestaltung von Arbeit an Bedeutung gewinnen. Neben den großen Themen wie künstliche Intelligenz und Automatisierung wurde auf der HR Tech World viel über Unternehmens- und Arbeitskultur sowie persönliche Weiterentwicklung gesprochen.

Ein anderer großer Themenbereich war die Datenarbeit in HR. People Analytics scheinen in vielen Personalabteilungen angekommen zu sein, wobei Deutschland hier Nachholbedarf hat. Das zeigte etwa Dr. Carsten Knaut, Associate Director HR Digital Transformation & Projects beim Biotech-Unternehmen Qiagen. Er sprach über die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Datenanalysten und HRlern:

Unsere Data Buzzwords schrecken Personaler ab.

Man müsse eine gemeinsame Sprache finden, um das Potenzial von Smart Data für HR zu heben.

Knaut war einer von mehreren Referenten aus deutschen Unternehmen. Vorträge und Praxisbeispiele präsentierten etwa auch Bernd Staudinger, Director IT HR & COM Systems bei Daimler, Kerstin Wagner, Global Head of Talent Acquisition der Deutschen Bahn, Elke Anderl, VP HR Development Performance Management bei der Deutschen Telekom, sowie Anne Walther, Executive Vice President Corporate HR Standards & Programs, Deutsche Post DHL.

Internationales Klassentreffen

BGespräche in der Mittagspause bei der HR Tech World 2017;Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)
Das internationale Fachpublikum tauschte sich rege untereinander aus; Bild: Unleash Group (formerly HR Tech World)

Unter den 5.000 Fachbesuchern, durch die Bank aus den oberen Managementebenen, waren ebenfalls viele deutsche Personaler und HR-ITler zu finden, eher aus Konzernen als aus dem Mittelstand. Das mag am recht hohen Ticketpreis von über 1.000 Euro gelegen haben. Zum anderen mag es damit zusammenhängen, dass die HR Tech World eine gute Gelegenheit bietet, sich mit den Kollegen anderer Großunternehmen aus aller Herren Länder auszutauschen. Wo kann man sich als Personaler schon einmal mit Vertretern der eigenen Zunft aus Russland, den USA oder Saudi-Arabien austauschen?

Die HR Tech World ist eine ideale Adresse für HRler, die neue Softwarelösungen suchen und verstehen wollen, in welcher Welt wir – heute und demnächst – arbeiten und leben. Dass der Fokus dabei über die HR-Sicht hinausgehen muss, machte der Veranstalter HRN ebenfalls deutlich: Die HR Tech World erhält einen Rebrand und wird künftig den Namen „Unleash“ (englisch für entfesseln) tragen. Zusammen mit anderen Experten jenseits des HR-Bereichs soll das kreative Potenzial der Menschen entfesselt werden. Klingt gut. Solange nicht vergessen wird, Grenzen zu setzen.

Weitere Eindrücke von der HR Tech World finden Sie in unserer › Bilderstrecke.

Die nächste HR Tech World findet am 20. und 21. März 2018 in London statt, dann unter dem Namen Unleash. Infos unter www.unleashgroup.io