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BGM: Erfolgsmodell auch im Mittelstand

Chefredakteur Erwin Stickling (stehend) diskutierte mit (v.l.n.r.) Thomas Holm (TK), Dr. Michael Scheil (Fürstenberg Institut) und Dr. Michael Drees (ias-Gruppe); Bild: Zukunft Personal/Franz Pfluegl
Chefredakteur Erwin Stickling (stehend) diskutierte mit (v.l.n.r.) Thomas Holm (TK), Dr. Michael Scheil (Fürstenberg Institut) und Dr. Michael Drees (ias-Gruppe); Bild: Zukunft Personal/Franz Pfluegl

Kleine und mittlere Unternehmen messen den Themen Gesundheit, Mitarbeiterzufriedenheit und gesunde Führung einen hohen Stellenwert bei und integrieren das Gesundheitsmanagement in ihre HR-Arbeit. Der Haken an der Sache: fehlende Ressourcen und mangelndes Commitment bei den Führungskräften. Das sind zentrale Ergebnisse der heute veröffentlichten Personalwirtschaft-Studie „BGM im Mittelstand 2015“, die Chefredakteur Erwin Stickling auf der „Zukunft Personal“ mit Experten diskutierte.

Ob Großkonzern oder kleiner Betrieb – die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter ist eine lohnende Investition. „Warum sollten die Belastungen im Mittelstand andere sein als im Großunternehmen?“, fragt in diesem Zusammenhang Dr. Michael Scheil, Regionalleiter West, Fürstenberg Institut. Kleinere Betriebe profitierten sogar im Zweifel stärker: „Je kleiner das Unternehmen, desto schwerer wiegt der Ausfall eines Mitarbeiters.“ Ein weiteres Kernargument führt Thomas Holm, Leiter Gesundheitsmanagement, Techniker Krankenkasse, an: „Nicht zuletzt geht es bei gesunder Unternehmensführung ja auch um den Erhalt und die Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit.“

Krankenstand allein kein verlässlicher Indikator

BGM ist also keine esoterische Veranstaltung, sondern – konsequent umgesetzt – business- und wettbewerbsrelevant. Und somit ein Thema, mit dem sich HR im Unternehmen positionieren kann. Die erste Kennzahl, die dabei ins Auge springen mag, ist der Krankenstand – für viele der in der Studie befragten Unternehmen ein vermeintlicher Indikator für gelungenes BGM. Doch die Experten warnen, den Krankenstand als umfassenden Indikator anzusehen: „Ihr Gesundheitsmanagement kann noch so gut sein – wenn Sie sich am Krankenstand orientieren, ist bei der nächsten Grippewelle Ihre wichtigste Kennzahl verhagelt“, betont Dr. Michael Drees, Leitender Arzt und Key Account Manager, ias Gruppe.

BGM strategisch verankern

Die Experten zeigen sich angetan von den Bemühungen der befragten KMU im Bereich BGM – und doch bleibt Kritik. Thomas Holm: „Es ist gut, dass Gesundheit ein Thema ist, das auch im Mittelstand ankommt. Doch es muss hinausgehen über den Entspannungskurs, der einmal pro Woche angeboten wird.“ Michael Drees meint: „Es ist häufig ein Flickenteppich an Einzelmaßnahmen – strategisches BGM sieht anders aus.“ Nun ist „Strategie“ ein Lieblingswort der Beratergilde, das sich im operativen KMU-Alltag nicht immer nahtlos wiederfindet.

Wie also gelangt man als Mittelständler zu einer BGM-Strategie, die diesen Namen verdient? Um das Thema anzustoßen, brauche es gar keine große Task Force im Unternehmen, ergänzt Drees, sondern vielmehr ein schlagkräftiges Team, das inhaltlich auf der Höhe ist und Entscheidungen treffen kann: „Geschäftsführung, HR, der Betriebsrat und der zuständige Betriebsarzt gehören dazu an einen Tisch.“

Es braucht Ressourcen und Zeit

Die strategische Einbindung betreffend, schlägt Michael Scheil einen dreistufigen Weg vor: Zunächst gelte es, das Thema BGM auf Höhe der Unternehmensleitung zu verankern; zweitens sei es entscheidend, sich klare Ziele zu setzen; und diese gelte es drittens gemeinsam mit den Führungskräften in Maßnahmen auszuformulieren und umzusetzen. „Das ist kein Schnellschuss“, warnt Scheil indes, „es dauert zwei bis drei Jahre, bis ein strategisches BGM im Unternehmen implementiert ist“.

TK-Experte Holm stimmt zu: „BGM gelingt nur als strategischer Prozess, der dauerhaft ist. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, die dafür sorgen, dass das Thema nach der ersten Welle seinen Stellenwert behält.“ Doch hier liegt ein wesentlicher Knackpunkt: Die Befragten messen dem Thema BGM zwar große Bedeutung bei – die Studienergebnisse zeigen indes deutlich, dass in vielen Unternehmen finanzielle oder personelle Ressourcen fehlen, um das Thema Gesundheit jenseits einzelner Maßnahmen strategisch im Unternehmen zu treiben.

Führungskräfte sind Vorbilder

Eine große Herausforderung für BGM-Beauftragte: Erfahrungsgemäß kommen Angebote zum gesunden Lebensstil meist bei denjenigen Mitarbeitern besonders gut an, die bereits gesund leben. „Es ist aber unsere Aufgabe, genau die Mitarbeiter zu einer gesunden Lebensweise zu motivieren, die mit Sport und gesunder Ernährung nichts am Hut haben“, macht Thomas Holm deutlich: „Die Angebote müssen so gestrickt sein, dass möglichst viele Mitarbeiter sagen: Da mache ich mit!“

Den Führungskräften und der Unternehmensleitung komme dabei eine entscheidende Vorbildfunktion zu, betont Michael Drees: „Wenn die Unternehmensleitung das Thema nicht aktiv unterstützt, fragt man sich als Mitarbeiter: Darf ich jetzt wirklich zum Gesundheitstag gehen oder werde ich dann schief angeschaut?“ Um Widerstände in der Belegschaft möglichst von vorneherein zu vermeiden, gelte es, niedrigschwellige Angebote zu machen: „Wenn der Betriebsarzt das Büro direkt neben dem HR-Leiter hat, hemmt das vielleicht den einen oder anderen Mitarbeiter, das Angebot wahrzunehmen.“

Noch Luft nach oben

Die Personalwirtschaft-Studie beweist, dass sich viele kleine und mittlere Unternehmen auf den Weg gemacht haben, Gesundheit im Unternehmensalltag zu verankern. Doch über die Hälfte der befragten Unternehmen (57,1 Prozent) hat keine klare Zielvorstellung zum Thema Gesundheit entwickelt, und nur ein gutes Drittel (36,7 Prozent) hat es in der Unternehmenskultur verankert. Es ist also noch Luft nach oben. Trotzdem: Schon heute müssen sich viele KMU nicht vor Großunternehmen verstecken, wenn es um das Thema Gesundheit geht.

Die Personalwirtschaft-Studie „BGM im Mittelstand 2015“ ist in Zusammenarbeit mit dem Fürstenberg Institut, der ias Gruppe und der Techniker Krankenkasse entstanden. Fordern Sie die Studie kostenfrei an unter personalwirtschaft@wolterskluwer.de