Viele erfolgreiche Unternehmer waren, bevor sie sich selbstständig machten, „schwierige” Angestellte. Unternehmen täten gut daran, diese talentierten Misfits zu halten.
Amerikanische Forscher haben sich damit beschäftigt, warum Menschen sich selbstständig machen und eigene Firmen gründen. Sie stellten fest, dass viele spätere Unternehmensgründer während ihres Angestelltendaseins als schwierige Mitarbeiter galten: „Entrepreneurs ‚break the mold‘ by rejecting society’s prevailing norm of seeking employment with another organization or person. Many entrepreneurs are misfits, difficult employees who start their own firms because they are unwilling to submit to authority and find it difficult to work in a prestructured environment.“ Unternehmer seien „suspicious about authority“.
Argwöhnisch gegenüber Autorität zu sein, sei eine Haltung, die in starkem Kontrast zu der von angestellten Managern stehe. Unternehmensgründer seien nicht bereit, sich in bestehende Organisationen und Hierarchien einzuordnen. Sie fühlen sich eingeengt. „Instead, they often experience structure as stifling. They find it very difficult to work with others in structured situations unless, of course, they created the structure and the work is done on their terms.“ Es sei die Unfähigkeit, sich Autoritäten unterzuordnen und betriebliche Regeln zu akzeptieren, die sie dazu gebracht habe, Unternehmer zu werden. Sie wollen die Strukturen und Arbeitsweisen selbst bestimmen.
In meiner Dissertation über die „Psychologie der Superreichen“ befragte ich 45 Multimillionäre. Die meisten von ihnen waren Selfmade-Unternehmer mit einem Nettovermögen zwischen 30 Millionen und einer Milliarde Euro. Ich fand Bestätigungen für diese These: Viele sahen sich selbst als schwierige Menschen, die zu unangepasst seien, um sich in bestehende Strukturen ein- oder anderen Menschen unterzuordnen.
Sie drückten das zum Teil drastisch aus – einer meinte, man hätte ihm „Tabletten geben müssen“, wenn er als Angestellter hätte arbeiten sollen. Ein anderer sagte, er sei in einem öffentlichen Unternehmen „wahnsinnig“ geworden, man halte „das“ auf die Dauer nicht aus: „Da müssen Sie in die Klapsmühle eingeliefert werden.“ Ein weiterer berichtete, ihm sei vor allem die Vorstellung zuwider gewesen, für einen Chef zu arbeiten, dem er sich überlegen fühlte – und er wäre gezwungen, sich „zu verkrümmen“ und diesem nach dem Munde zu reden. Wieder ein anderer verließ das Unternehmen schon nach vier Wochen. Er sieht sich selbst als „AlphaTyp“ und hatte das Gefühl, man habe ihn dort erst einmal „kleinmachen“ wollen. Andere machten zwar in großen Unternehmen und Banken Karriere, aber ihnen ging das einfach zu langsam.
Was heißt das für Personalmanager?
Kämpfen Sie in Ihrem Unternehmen dafür, dass es einen Platz für schwierige, unangepasste Persönlichkeiten gibt!
Unternehmen, die für solche Menschen keinen Platz haben, verlieren Talente, die später lieber ihr eigenes Unternehmen gründen. Denken Sie daran, dass die späteren Gründer von erfolgreichen Unternehmen wie SAP oder Bloomberg vorher Angestellte in Großunternehmen waren, die sich dort nicht entfalten konnten.
Der Autor:
Dr. Dr. Rainer Zitelmann arbeitete als Journalist und gründete eine PR-Beratungsfirma für die Immobilienbranche. Mit 58 Jahren promovierte der Historiker ein zweites Mal, diesmal in Soziologie. 2017 erschien seine Autobiografie „Wenn du nicht mehr brennst, starte neu“.
Erschienen in der Ausgabe 08/2017 der Personalwirtschaft.