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Wie steht es um die Gesundheit bei der Arbeit? Eine europaweite Befragung zeigt, welche aktuellen und zukünftigen Gefährdungen die Unternehmen für ihre Mitarbeiter sehen. Danach sind psychosoziale Risiken das drängendste Problem.
Viele europäische Unternehmen sehen ihre Beschäftigten durch körperliche Belastungen, Muskel-Skeletterkrankungen und psychosoziale Risiken gefährdet. Dabei nehmen die Betriebe die psychosozialen Risiken als größte Herausforderung wahr. Das ist ein Ergebnis der zweiten europäischen Unternehmensbefragung, ESENER-2 (Enterprise Survey on new and emerging risks).
Insbesondere im wachsenden Dienstleistungssektor ist der Umgang mit schwierigen Kunden, Patienten und Schülern das größte Problem,
beschreibt Christa Sedlatschek, Direktorin der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA), die Situation. Doch auch Zeitdruck werde von fast 60 Prozent aller Betriebe als Gefährdung wahrgenommen. An dritter Stelle nannten die befragten Betriebe überlange oder ungünstige Arbeitszeiten.
Psychosoziale Probleme sind häufig noch ein Tabu
Für den Umgang mit psychosozialen Problemen gibt es noch zu wenig praktische Handlungshilfen. Bereits die Benennung des Problems scheint teilweise noch tabuisiert zu sein. So gaben 30 Prozent der befragten Betriebe im EU-28-Raum an, dass es Probleme gibt, psychosoziale Probleme überhaupt zu thematisieren. Häufig wird dieses sensible Thema in den Unternehmen nicht offen genug angesprochen. Immerhin durchschnittlich jeder dritte Betrieb berichtet, sich aktiv mit der psychischen Belastung auseinanderzusetzen. Hier gibt es allerdings große Unterschiede in Europa: Im Schnitt beschäftigen 16 Prozent aller Unternehmen externe Psychologen. In Finnland und Schweden dagegen nutzen bereits 60 Prozent der Firmen interne oder externe Psychologen im Betrieb.
Gefährdungsbeurteilung als erste Vorbeugungsmaßnahme
Als wichtigste Maßnahme, um arbeitsbedingten Erkrankungen der Psyche oder des Muskel-Skelettsystems vorzubeugen, betrachten die Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung. Drei Viertel (76 Prozent) der befragten Betriebe führen regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen durch; die Rate steigt mit der Unternehmensgröße. Aber auch hier gibt es große europäische Unterschiede: In Italien führen 94 Prozent der Firmen Gefährdungsbeurteilungen durch, während die Quote in Luxemburg bei nur 37 Prozent liegt. 85 Prozent der Betriebe, die solche Beurteilungen durchführen, tun dies, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist. Die erst seit 2004 der EU beigetretenen Staaten und einige Beitrittskandidatenländer führen Gefährdungsbeurteilungen auch durch, um das Ansehen der Unternehmen zu verbessern. Betriebe, die keine Gefährdungsbeurteilung durchführen, haben entweder bislang nichts davon gehört oder es gibt nach ihrer Einschätzung in ihrem Unternehmen keine nennenswerten Gefährdungen.
Deutschland steht im europäischen Vergleich gut da
Die Unternehmen hierzulande punkten bei der Sicherheit des Arbeitsplatzes, die im Rahmen der Befragung ebenfalls untersucht wurde. Auch ist die Beteiligung der Mitarbeiter etwa bei der Gefährdungsbeurteilung deutlich stärker als in den anderen Ländern. Ausbaufähig in Deutschland sind laut Studie Maßnahmen, um Gefährdungen durch psychische Belastung zu verringern. Dazu gehören vertrauliche Beratungsangebote, Änderungen von langen oder unregelmäßigen Arbeitszeiten und mehr Angebote zu Konfliktlösungsverfahren.
An der Befragung beteiligten sich rund 50.000 Betriebe aus 36 europäischen Ländern. Die Ergebnisse sind > hier einsehbar.