Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Content-Curation – Was Learning-Professionals vom Content-Marketing gelernt haben

Mitarbeiter in Konzernen, die im Bereich Content-Marketing und Public Relations arbeiten, haben das Prinzip Content-Curation von der ersten Minute an bewusst genutzt. Auf vielen verschiedenen Plattformen, insbesondere in Social Media, geht es vor allem darum, Inhalte zu teilen. Dieser Content muss gefallen und als relevant betrachtet werden. Unternehmen oder Marken müssen sich auch gut mit den Inhalten identifizieren können. Marketingprofis nutzen Content-Curation, um die passenden Inhalte zu sammeln und zu verbreiten. Auch Learning-Professionals suchen, analysieren und sammeln Informationen in ihren Unternehmen. Der Content ist ein Abbild des Knowhows der Mitarbeiter und zeigt den Bedarf an zusätzlichem Wissen an. Ähnlich wie in Social Media werden die gefundenen Inhalte bewertet und allen Zielgruppen im Unternehmen zugänglich gemacht.

Die Methodik: Sammeln und Bewerten

Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff Content-Curation? Das deutsche Wort Kuratieren begegnet einem häufig in der Kunstwissenschaft und steht dort für das Betreuen und Organisieren einer Ausstellung zu einem bestimmten Thema. Es ist an das lateinische Wort „curare“ angelehnt, das übersetzt so viel wie „pflegen, sich kümmern“ heißt.

In der modernen Unternehmenskultur, egal ob im Marketing, in der Kommunikation oder in der Personalentwicklung, steht Content-Curation für das Zusammentragen, Aufbereiten und Bereitstellen von Inhalten aus externen oder internen Quellen. Die Verteilung erfolgt dann für gewöhnlich auf den eigenen Kanälen.

Nachhaltige Personalentwicklung

Was im ersten Schritt ein wenig despektierlich nach Kopierraum klingt – sprich Sammeln, Kopieren und Organisieren –, hat im E-Learning einen neuen Zweck erhalten. Denn Learning-Professionals filtern und sortieren schon seit langem hochwertiges, relevantes Wissen für Mitarbeiter und Trainer und erweitern es durch neues Wissen von außen. Doch Profis wie Holger Ruhfus, General Manager der Duisburger Digital-Change-Agentur Krankikom, verstehen unter Content-Curation mehr: „Uns geht es nicht nur darum, Inhalte zu sammeln, sondern auch darum, die passenden technischen Mittel dafür einzusetzen. Mit der Größe des Unternehmens und dem Umfang des identifizierten Knowhows steigt der Organisationsbedarf. Unser Anspruch an technische Tools ist es, Inhalte stets digital, schnell und überall verfügbar zu haben.“

Richtig angewendet, hilft Content-Curation nicht nur bei der Organisation von bestehendem Wissen, sondern auch beim Kompetenzaufbau und bei der Bildung von Vertrauen in die Nachhaltigkeit der modernen Personalentwicklung. So werden Informationslücken schnell erkannt und sinnvoll aufgefüllt. Ein weiterer Effekt ist die Mitarbeiterbindung, denn Content-Curation bringt das Knowhow der Mitarbeiter ans Tageslicht. Vorhandenes Wissen wird so wertgeschätzt und geht nicht verloren. Die Learning-Professionals heben dabei manchen verborgenen Wissensschatz. Sie schützen ihr Unternehmen gleichzeitig gegen einen ungewollten Knowledge-Drain, also einen Wissensverlust, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Außerdem hilft Content-Curation, das Markenimage zu schärfen. Learning-Professionals nutzen für die Organisation des geborgenen Wissens sogenannte Learning-Content-Management-Systeme (LCMS).

Wissen digital sammeln, sortieren und verbreiten

Ein LCMS ist eine Erstellungsplattform, auf der E-Learning-Entwickler Inhalte gestalten, speichern und verwalten können. Professionelle LCMS-Programme ermöglichen die intuitive, integrierte Verknüpfung von LCMS und Learning-Management-Systemen. Mit ihrer modularen Software bieten die Entwickler den Learning-Professionals, Trainern und Lernern eine Plattform an.

„Ein gutes Beispiel sind hier Quizzes“, erklärt Jutta Nowak-Strauch, Digital-Learning-Expertin von HR-Software-Anbieter Talentsoft. „Nutzer drehen, bearbeiten und kommentieren kurze Videos mit unserer Video-App Skillcatch und kombinieren diese in einem nächsten Schritt im LCMS mit Multiple-Choice-Fragebögen – zeit- und ortsunabhängig, webbasiert, mit PC, Tablet oder Smartphone.“ Der größte Vorteil sei, dass so multimediale Lernmodule zur Wissensvermittlung und -überprüfung entstünden, ohne einmal am Arbeitsplatz gewesen zu sein. „Eigene innovative und einzigartige Inhalte zu erstellen ist heutzutage das A und O bei der Erstellung von E-Learnings“, so Nowak-Strauch.

Fünf Arten der Content-Curation

Wenn Learning-Professionals Content-Curation anwenden möchten, sollten sie zunächst überlegen, welcher Weg am sinnvollsten ist. Dabei gibt es fünf Herangehensweisen, die direkt aus dem Content-Marketing übernommen werden können:

  1. Elevation: Dieser Ansatz greift das kontinuierliche Sammeln von Lerninhalten zu einem Thema auf, um dann einen größeren Weiterbildungsbedarf in einem Bereich zu identifizieren.
  2. Chronology: Wissen fällt nicht vom Himmel, es ist nicht spontan aufgetreten, sondern wird über einen Zeitraum hinweg erworben. Das Aufzeigen der Entwicklung von Knowhow in einem bestimmten Bereich kann kommende Learningthemen erkennbar machen.
  3. Aggregation: Gerade in Abteilungen wie dem Customer-Service ist es sinnvoll, die wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen zu bündeln und anschließend in einer kompakten Anzahl von Learningmodulen weiter zu vermitteln.
  4. Mashups: Interdisziplinäres Arbeiten wird in immer mehr Konzernen zu einem wichtigen Thema. Das Vermischen unterschiedlicher Inhalte zu einem Learningmodul, um etwa eine neue Perspektive zu gewinnen, kann den Gesamtüberblick verbessern. Dies bietet Führungskräften die Möglichkeit, in diversen Feldern schnell ein Überblickswissen aufzubauen.
  5. Destillation: Wird in verschiedenen Abteilungen im Unternehmen der gleiche Bedarf, etwa Defizite in der Sprachkompetenz der Mitarbeiter, festgestellt, kann dies zur Entwicklung eines neuen Learningmoduls führen.

Die neue 70:20:10-Regel

Warum sollten Personaler Content-Curation in ihre E-Learning-Strategie miteinbeziehen? Ein Stichwort ist hier die neue 70:20:10-Regel. ­Dahinter steckt eine Lernphilosophie, die sich aktuell schnell verbreitet. Der US-Forscher Morgan McCall und seine Kollegen vom „Center for Creative Leadership“ stellten sich die Frage, wo Manager das Wissen erwerben, das sie für die Ausübung ihres Berufs brauchen, und kamen zu dieser Erkenntnis: 70 Prozent stammen direkt aus dem Job, indem dort konkrete Aufgaben und Probleme gelöst werden. 20 Prozent stammen von Kollegen und Vorgesetzten, ob durch Unterhaltungen oder Fragen. Nur etwa 10 Prozent werden durch Formen des formellen Lernens wie Präsenzseminare erworben.

Content-Curation bezieht sein Wissen aus diesen 70 Prozent. Es macht das informelle Wissen sichtbar, zeigt Lücken auf und ermöglicht Mitarbeitern den Zugang zum Knowhow des Unternehmens. Zur Organisation kommen wieder LCMS und LMS ins Spiel. Aber es braucht auch Human Filtering, also die Learningexperten selbst, die das Wissen um zielgruppengerechten Kontext erweitern, und Lerner, die bewerten, kommentieren und weiterleiten.

info(*)faz-personaljournal(.)de