Kostensenkung und Liquiditätssicherung in der Corona-Krise
Während der Pandemie sind Kostensenkung und die Sicherstellung von Liquidität für alle Unternehmen ein Gebot der Stunde. Aber auch andere Themen sollte HR im Blick behalten. Dazu gehören Fragen, die Unternehmen schon vor der Krise bewegten: Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? Welche Jobs wird es künftig geben? Wie verändert die Digitalisierung bestehende Jobprofile?
Die Krise beschleunigt diese Veränderungen im Personalumfeld. Beispielsweise gibt es schon seit Jahren einen Trend zum Homeoffice. Durch die Pandemie waren die Unternehmen gezwungen, ihre Mitarbeiter „remote“ arbeiten zu lassen.
Drei Phasen der Krise
Generell gehen die Total-Rewards-Experten bei Deloitte davon aus, dass Unternehmen während der Krise drei Phasen durchlaufen:
- In der Reaktionsphase müssen sie mit der neuen Situation umgehen und Kontinuität in den Arbeitsabläufen sicherstellen. In dieser Phase muss sich HR schnell auf den veränderten Rahmen einstellen und die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit gewährleisten.
- Während der Erholungsphase ziehen die Unternehmen Lehren aus der Krise, um gestärkt aus ihr hervorzugehen. Sie holen ihre Mitarbeiter inzwischen schrittweise wieder an ihre Standorte zurück. Durch die Lockerungen der Corona-Maßnahmen seitens der Politik können viele Unternehmen derzeit in diese Phase einsteigen.
- In der Wachstumsphase passen sich die Unternehmen an die neue, veränderte Normalität an und gestalten sie aktiv. Unternehmen müssen sich entsprechend auch personalpolitisch auf sie einstellen.
In den Phasen gibt es im Wesentlichen drei Themen, die die Unternehmen besonders im Blick behalten müssen und aus denen sich Spannungen ergeben können:
- In der Reaktionsphase beschäftigt die Unternehmen vor allem das Kostenthema. Sie sind gefragt, die Liquidität sicherzustellen, um die Krise zu überstehen.
- Wichtig ist zudem, soziale Verantwortung wahrzunehmen. Dabei geht es darum, Arbeitsplätze nicht abzubauen, sondern alternative Möglichkeiten zu entwickeln. Auch müssen Unternehmen den gesundheitlichen Schutz ihrer Mitarbeiter sicherstellen und deren finanzielles Well-Being im Blick behalten.
- Beim Talent Management geht es darum, auch in Zeiten der Krise Talente an das Unternehmen zu binden.
Aus diesen drei Themen entsteht ein Spannungsfeld, das durch folgende Erfolgsfaktoren aufgeweicht werden kann:
- Bindung von kritischen Talenten an das Unternehmen
- enge Zusammenarbeit mit Mitbestimmungsgremien
- kontinuierliche Kommunikation und Einbinden der Mitarbeiter
- Sensibilisierung und Befähigung der Führungskräfte, ein neues Führungsverständnis zu entwickeln und Gemeinschaft zu fördern
HR-Maßnahmen in Zeiten der Krise
Bezogen auf die drei Felder, können Unternehmen mit personalpolitischen Maßnahmen auf die Krise reagieren:
Kostenseite
- Anmeldung von Kurzarbeit
- Abbau von Über- und Mehrarbeitsstunden sowie Urlaubstagen
- vorgezogener Ruhestand
- Verzicht oder Verzögerung von Bonuszahlungen und krisenbedingtes Anpassen von Zielvereinbarungen
- Kürzung der Grundvergütung von Vorständen (hat eher Signalwirkung als finanzielle Wirkung)
Soziale Verantwortung
- Einrichten von flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsortmodellen sowie Familienservices
- finanzielle Zuschüsse zur Kinderbetreuung
- Etablieren von virtuellen Sportprogrammen
- Corona-Prämie bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei
- Eingehen von Personalpartnerschaften, d.h. temporäre Überlassung von Mitarbeitern z.B. in Lebensmittelindustrie
Talent Management
- finanzielle Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen als Überbrückung mit Weiterbeschäftigungsgarantie
- Angebot von teilfinanzierten Sabbaticals
- finanzielle Anreize zur Sicherung von Ausbildungsplätzen bzw. -übernahmen
Die Maßnahmen der drei Felder können neben- und miteinander wirken. Manche Unternehmen haben sie schon in den vergangenen Jahren umgesetzt. Die Corona-Krise wirkt nun als Treiber und Accelerator, das heißt, sie beschleunigt den bereits eingeleiteten Change.
Peter Devlin, Maximilian Evers und Dr. Lars Hinrichs empfehlen Unternehmen, die Chancen zu nutzen, die sich durch die erforderlichen Reaktionen auf die Krise bieten. Arbeitgeber sollten jetzt ihre Compensation & Benefits-Modelle hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Trotz der operativen Themen, die die Unternehmen belasten, sollten sie nachhaltige Comp&Ben-Bereich Veränderungen anstoßen.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.