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Coronavirus/Covid-19: arbeitsrechtliche Regelungen

Ansteckungsrisiko minimieren

Trotz der raschen Ausbreitung des Coronavirus ist die wichtigste Regel: Ruhe bewahren. Wer nicht erkrankt ist und zur Arbeit geht, sollte zumindest die Hygieneregeln einhalten sowie die Husten- und Niesetikette wahren. Manche Unternehmer erlauben ihren Angestellten vorsorglich, häufiger im Homeoffice zu arbeiten, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Zudem sagen viele Unternehmen Geschäftsreisen und Meetings ab und setzen stattdessen auf Telefonkonferenzen.

Wenn jedoch Angestellte erkrankt sind oder dies vermuten, sieht die Situation anders aus und kann rechtliche Folgen für beide Seiten – Arbeitnehmer wie Arbeitgeber – haben. Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Arbeitsrecht hat auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammengestellt. 

Homeoffice bei Verdachtsfällen

Es ist sinnvoll, dass Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten, sobald es einen Verdachtsfall im Unternehmen gibt. Das gilt vor allem für enge Kollegen und so lange, bis ein Testergebnis vorliegt. Einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice gibt es allerdings nicht. Arbeitnehmer müssen dies individuell mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, sofern es nicht in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag geregelt ist.

Ist einem Arbeitnehmer das Erbringen seiner Arbeitsleistung unzumutbar, beispielsweise dann, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung von Leib oder Gesundheit darstellt, kann der Arbeitnehmer die Leistung gemäß § 275 Abs. 3 BGB verweigern. Es wird jedoch im Allgemeinen nicht als Gefahr gewertet, wenn Kollegen erkältet sind.

Entgeltfortzahlung während Quarantäne

Sollte bei einem Verdachtsfall im Unternehmen der Test positiv ausfallen, meldet sich das Gesundheitsamt bei ihm und dessen engen Kontaktpersonen. Voraussichtlich wird das Amt häusliche Quarantäne verordnen und den Gesundheitszustand aller regelmäßig einschätzen.

Der Arbeitgeber kann dann fordern, dass seine Angestellten im Homeoffice weiterarbeiten und ist verpflichtet, weiterhin Gehalt zu zahlen. Arbeitnehmer in Quarantäne, die aufgrund von behördlichen Anordnungen nicht zu ihrer Arbeit gehen können und bei denen es nicht möglich ist, dass sie im Homeoffice arbeiten, werden wie erkrankte Mitarbeiter behandelt. Für alle gilt: Sie erhalten weiterhin Lohn für den Zeitraum von sechs Wochen. Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf Krankengeld.

Die deutschen Bundesländer haben angekündigt, den Arbeitgebern die Lohnfortzahlungen zu erstatten, sofern Arbeitnehmer in Quarantäne nicht im Homeoffice arbeiten können. Erleidet ein Unternehmer dagegen Verluste, weil der Betrieb (teilweise) stillsteht, erhält er keine Entschädigung.

Entschädigung für Verdienstausfälle

Verweigert ein Arbeitgeber dennoch die Lohnfortzahlung, dann können Arbeitnehmer nach dem Infektionsschutzgesetz eine Entschädigung für den Verdienstausfall beantragen. Diese entspricht in den ersten sechs Wochen etwa der Höhe des Nettolohns, danach der Höhe des Krankengelds. Auch Selbstständige können nach diesem Paragraphen, wenn sie aufgrund von Quarantäne nicht arbeiten können, Entschädigung für Verdienstausfälle beantragen.

In jedem Bundesland entscheiden andere Behörden über die Auszahlung der Entschädigungen an Arbeitnehmer. So müssen sich in Hessen Arbeitnehmer an die Gesundheitsämter wenden, in Bayern an die Bezirksregierungen, in Nordrhein-Westfalen an die Landschaftsverbände und in Mecklenburg-Vorpommern an das Landesamt für Gesundheit und Soziales. Auskünfte darüber, wer zuständig ist, können meist die Bürger- oder Gesundheitsämter geben.

Anordnung von Überstunden

Arbeitgeber können, falls durch Erkrankung viel Personal ausfällt, die gesunden Mitarbeiter zu Überstunden verpflichten. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen vorliegen: So sind Arbeitnehmer erstens zu Überstunden verpflichtet, wenn sich dies aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag ergibt. Zweitens kann die Pflicht auch bestehen, wenn durch die geforderten Überstunden ein Schaden vom Arbeitgeber abgewendet werden kann, der ihm ansonsten droht. Das kann der Fall sein, wenn es infolge gehäufter Coronavirus-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen kommt. Besteht keine arbeits- oder kollektivvertragliche Bestimmung über die Bezahlung der Überstunden, kann der Arbeitnehmer gemäß § 612 BGB eine Vergütung für die Überstunden verlangen.

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.