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Coworking auf dem Land: Neue Arbeitscommunities bilden sich

So wie in Grönwohld kann ein Coworking-Pop-up auf dem Land aussehen. (Foto: CoWorkLand)
So wie in Grönwohld kann ein Coworking-Pop-up auf dem Land aussehen. (Foto: CoWorkLand)

In den Großstädten gibt es Coworking-Spaces schon lange. In eher ländlichen Regionen hingegen wirken die Gemeinschaftsbüroräume noch etwas ausgefallen. Dabei werden auch auf dem Land Coworking-Spaces eröffnet. Dort steht vor allem der Community-Gedanke im Vordergrund, aber auch der Nutzen, den die Gemeinschaftsarbeitsräume für die Kommune haben, in der sie sich befinden.

Ein Anbieter von Coworking-Spaces auf dem Land ist 1000 Satellites. Das Start-up entwickelte sich 2019 als Ausgründung des Chemiekonzerns BASF. Das Ziel: „Professionelle Arbeitsflächen dort schaffen, wo man wohnt“,  sagt Mitgründerin Caro Windlin, die zuvor in der Personalentwicklung bei BASF arbeitete. Sie und ihre Mitgründer Markus Hummelberger und Gregory von Abendroth wollten vor der Corona-Pandemie nicht mehr jeden Tag zur Arbeitsstätte pendeln und sich dem damit verbundenen Stress aussetzen. Gleichzeitig hätten vielen die vergangenen Monate im Homeoffice gezeigt, dass es sich aus den verschiedensten Gründen nicht immer gut von Zuhause aus arbeiten lässt. Kinderbetreuung, Mangel an Büromöbeln und Platz, sowie die verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben seien nur einige davon.

Entlang Pendlerrouten positioniert

Im Coworking-Space von 1000 Satellites in Neustadt treffen Arbeitnehmer auf Mitarbeitende aus anderen Branchen. (Foto: 1000 Satellites)
Im Coworking-Space von 1000 Satellites in Neustadt treffen Arbeitnehmer auf Mitarbeitende aus anderen Branchen. (Foto: 1000 Satellites)

Um die idealen Standorte für ihre bisher insgesamt acht Coworking-Spaces zu finden, habe sich das Team von 1000 Satellites angeschaut, wo große Unternehmen sitzen und wie die Pendlerströme dorthin verlaufen. „In der Nähe dieser Pendlerströme haben wir nach Flächen gesucht, die als Büroräume geeignet sind und gleichzeitig gut an das Verkehrsnetz und die Nahversorgung angeschlossen sind“, sagt Hummelberger. In die Räume können Unternehmen ihre Mitarbeitenden dauerhaft oder flexibel einmieten.

Die ländlichen Coworking-Spaces verfügen meist über dieselbe Basisausstattung wie ihre Pendants in den Städten, sind sonst aber je nach Standort unterschiedlich. Besonderheiten wie Übernachtungsmöglichkeiten, Aufnahmestudios für Podcasts, Cafés, eine professionelle Küche, ein Atelier, eine Näherei, eine Kinderbetreuung oder eine Werkstatt seien als Zusatz in einzelnen Coworking-Spaces auf dem Land integriert, erklärt Nicole Dau von der Genossenschaft Coworkland, die Gründer und Gründerinnen von ländlichen Coworking-Spaces berät. Oftmals dienen die Coworking-Spaces auch als Veranstaltungsstätte und werden für Workations mit dem gesamten Arbeitsteam genutzt.

„Auf dem Land nutzen Menschen Coworking-Spaces vor allem als Orte der Begegnung und des Austauschs“, sagt Dau. Es würde sich dort eine richtige Coworking-Community entwickeln. Doch verdrängt diese die Teamzusammengehörigkeit mit den eigentlichen Kolleginnen und Kollegen und dem eigenen Unternehmen? „Natürlich ist die Bindung an das Unternehmen wichtig“, sagt Caro Windlin vom 1000 Satellites. „Das Zusammenkommen ist wichtig, um sich aufzuladen – inhaltlich wie auch energetisch. Deswegen empfehlen wir immer ein Sowohl-als-auch.“

Aus der eigenen Berufsblase raus

Im Coworking-Space Coconat verbringen viele Gäste eine Workation. (Foto: CoCoNat)
Im Coworking-Space Coconat verbringen viele Gäste eine Workation. (Foto: CoCoNat)

Auf der anderen Seite hole die Arbeit in Coworking-Spaces Mitarbeitende aus ihrer beruflichen Blase heraus und sei gut für die Entwicklung von Innovationen. Nicole Dau betont einen weiteren Vorteil in diesem Zusammenhang: „Wenn wir wieder lernen wollen, einander zuzuhören und uns auf Augenhöhe zu begegnen, ist der regelmäßige Austausch mit Menschen außerhalb unserer Blase enorm wichtig.“ Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung gemeinsam mit Coworkland werden Coworking-Spaces auf dem Land von den unterschiedlichsten Zielgruppen genutzt. Neben Angestellten und Selbstständigen aus der Kreativ-, Digital- oder IT-Branche werden die Arbeitsräume von Handwerkerinnen und Wissenschaftlern, Lehrern und Beraterinnen in Anspruch genommen. Zu Corona-Zeiten haben diese unter 3G-Regel und Hygienevorschriften zusammengearbeitet – während der Lockdowns noch einmal eingeschränkter.

Dadurch ist auch der Haupteinnahmequelle vieler Anbieter von Coworking-Spaces im ländlichen Raum weggefallen. Denn früher haben die Veranstaltung von Teamevents am meisten Anklang gefunden haben. „Veranstaltungen und Teammeetings sind ein sehr wichtiges wirtschaftliche Standbein für Coworking-Space-Gründer auf dem Land“, sagt Dau. Dennoch habe es in den vergangenen Monaten einige Neugründungen von Gemeinschaftsarbeitsorten gegeben. Dau vermutet, dies habe mit den neuen Arbeitsweisen zu tun, die sich durch die Pandemie bestärkt wurden. „Unternehmen haben die technische Infrastruktur für mobile Arbeit geschaffen und die Mitarbeitenden gelernt, dass sie ihren Wohnort von dem Standort ihres Arbeitgebers entkoppeln können.“

Die Kommunen spielen mit

Die Gründer und Gründerinnen von Coworking-Spaces sind oft auch ländliche Kommunen selbst. So unterstützen das Ministerium des Inneren und für Sport Rheinland-Pfalz und die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz zunächst von 2019 bis 2021 rheinland-pfälzische Kommunen dabei, Dorf-Büros aufzubauen. Das kann auch  Caro Windlin verstehen. Schließlich hätten die Arbeitsstätten in Dörfern auch Vorteile für die Kommunen selbst. „Das Leben vor Ort wird von Menschen belebt, die eine Kaufkraft mitbringen und somit das kommunale Ökosystem ankurbeln“, sagt Windlin. Das brandenburgische Wittenberge bietet nicht nur Coworking-Spaces an, sondern stellt auch direkt sogenannte Community-Wohnungen bereit. Das Konzept dahinter: Großstädter sollen für das Dorfleben gewonnen werden und können probearbeiten und -wohnen – um dann irgendwann im Idealfall ganz umzuziehen.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.