Da geht noch was bei der Zunft der Personaler. Die aktuelle „HR Key Issues Studie“ der Hackett Group zeigt deutlich: Bei der Realisierung wichtiger Unternehmensziele ist die Unterstützung durch HR in vielen Bereichen lückenhaft.
In den folgenden Bereichen sehen die Führungskräfte von rund 180 untersuchten Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens einer Milliarde US-Dollar ganz erheblichen Nachholbedarf:
Anpassung des Talent Managements an die Unternehmensstrategie,
die Gewinnung, Entwicklung und Bindung von Key Talents,
Organisational Change,
Entwicklung von Führungskräften, mit agilem Mind Set, um künftigen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können,
effektive Unterstützung der Innovation im Unternehmen.
Viele der befragten Topmanager der Global Player, davon rund ein Drittel europäischer und deutscher Unternehmen, sind sogar der Überzeugung, dass ihren HR-Abteilungen die nötigen Strategien und Ressourcen fehlen, mit denen diese Lücken geschlossen werden könnten.
Am HR-Bereich wird gespart
Die Untersuchung zeigt, dass im laufenden Geschäftsjahr 2017 bei Großunternehmen die höchsten Prioritäten auf verschiedene strategische Themenstellungen ausgerichtet sind, darunter
Kundenfokussierung,
Kostenoptimierung,
Rationalisierung operativer Prozesse,
Entwicklung / Ausweitung der Vertriebs- / Verkaufskanäle,
Optimierung der Informations- und Analysetechniken.
Um diese Ziele zu unterstützen, müsste HR seine Effizienz erhöhen, das Talent Management effektiv ausrichten, agil positioniert sein und dabei eine enge Verzahnung mit den strategischen Unternehmensanforderungen sicherstellen. Bei der Betrachtung der HR-Leistungsfähigkeit werden in der aktuellen Hackett Studie allerdings große Lücken gerade in den Bereichen festgestellt, welche die Unternehmensprioritäten unterstützen könnten. Dafür sind vor allem zwei Faktoren verantwortlich: Zum einen wird auch 2017 der HR-Personalbestand erneut um 1,4 Prozent verringert (2016 betrug dieser Wert 1,3 Prozent) und die Budgets werden um rund 1,6 Prozent gekürzt – 2016 waren es noch 0,3 Prozent. Deshalb sieht Hackett die Personalabteilungen auch unter erheblichem Druck.
Kritisches Selbstbild von HR
HR-Manager agieren allzu oft reaktiv. Sie versuchen, den Status Quo bei annähernd gleicher Leistung, gleichen Rahmenbedingungen und lediglich mit schrittweisen Veränderungen zu erhalten und verzetteln sich dadurch. Stattdessen sollten sie sich darauf konzentrieren, die strategischen Zielsetzungen der Unternehmen zu unterstützen – kurz: ihren Mind Set zu verändern. Um im Unternehmen eine führende Rolle zu spielen, muss HR proaktive Steuerungsmechanismen entwickeln, erhebliche Fortschritte und Verbesserungen bei der Findung und Entwicklung der Mitarbeiterkompetenz schaffen und das Service-Portfolio für das Unternehmen zielgerichtet entwickeln. Eine kritische Selbsteinschätzung ist innerhalb von HR durchaus vorzufinden: So sehen sich viele der befragten Personalmanager selbst nicht in der Lage, die Unternehmensstrategien angemessen zu unterstützen. Die größten Lücken werden in folgenden Bereichen gesehen:
Verbesserung des Talent Managements,
HR-Analytics – Datenanalyse und Ableitung entsprechender Maßnahmen,
Fähigkeit, die HR-Services an veränderte Anforderungen anzupassen,
Anpassung der HR-Kompetenzen an veränderte Anforderungen,
Messung und Management der HR-Leistung und des Wertbeitrags.
Daraus ergibt sich ein erhebliches Defizit bei den Erwartungen der Unternehmen an ihre Personalabteilungen, so führt die Studie weiter aus. Lediglich im Talent Management plant mehr als die Hälfte der untersuchten Unternehmen bereits Initiativen. Bei allen anderen Bereichen werden nur in vereinzelten Unternehmen erste Schritte geplant.
Digitalisierung erfordert starke Personaler
Nicht überraschend ist daher die HR-Agenda 2017 in Bezug auf zukünftige Initiativen: Zu den höchsten Prioritäten zählen Talent Management, was Agilität und Leistungskompetenz angeht, sowie die Verbesserung existierender Human Capital Management (HCM)-Plattformen, HR-Analytics und schließlich die optimierte organisatorische Ausprägung der HR-Organisation – Stichwort „Matrixorganisation“ . „Digitalisierung“ steht bei allen der befragten HR-Organisation auf dem Radar, doch darauf eingerichtet haben sich die wenigsten. Die meisten Führungskräfte sind der Überzeugung, dass im Laufe der kommenden Jahre die Digitalisierung ganz entscheidend die Serviceleistung und deren Bereitstellung durch HR verändern wird: Die große Mehrheit ist sich bewusst, dass dafür ein neues Rollenverständnis und neue Führungsqualitäten erforderlich sein werden. Aber bislang haben lediglich 47 Prozent der untersuchten Unternehmen eine Strategie für die Digitalisierung, und davon sind wiederum nur etwa 55 Prozent so überzeugt, dass sie ihre Digitalisierung exakt auf diese Unternehmensstrategie hin ausrichten. Weiter: Nur 34 Prozent sehen sich in der Lage, die nötigen Schritte zu realisieren, was Mittel und Fähigkeiten angeht. Angesichts der angeführten Personal- und Budget-Entwicklung im HR-Bereich ist zu bezweifeln, dass die Ressourcen und Möglichkeiten der Personalabteilungen ausreichen werden, um die vielfältigen und entscheidenden diagnostizierten Lücken zu schließen. Dennoch gibt es einige Hauptbereiche, so zeigt die Studie, in denen sich die Digitalisierung in den kommenden zwei bis drei Jahren enorm entwickeln wird: Gut 80 Prozent sehen dabei vor allem Social Media-Aktivitäten um den Faktor 3 und HR-Analytics sogar um den Faktor 5 wachsen.
Die Hackett-Studie „The CHRO Agenda: An Urgent Need to Close Large Gaps in Talent and Technology Capabilities 2017“ kann – nach Registrierung – kostenfrei › hier abgerufen werden.
Autor: Martin Friedl, Senior Director Business Transformation, The Hackett Group, Frankfurt/Main