Wenn HR ihre strategische Rolle weiter ausbauen will, muss sie auf Daten setzen und die Digitalisierung im Unternehmen vorantreiben – davon sind die Personalabteilungen in Deutschland aber noch weit entfernt. So lautet der Tenor der aktuellen Studie „Future of HR in Strategy, Sustainability and Technology“ der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP). Für den Report wurden in Deutschland 260 HR-Professionals befragt.
60 Prozent der Personalabteilungen in Unternehmensstrategie involviert
Von den befragten Unternehmen geben 81 Prozent und damit die große Mehrheit an, dass sie vor größeren Transformationsprozessen stehen; entweder wachsen sie, expandieren international oder sie strukturieren um. Dabei müssten People-Themen und HR eigentlich eine wichtige Rolle spielen, aber bislang gestalten längst noch nicht alle Personalabteilungen die Unternehmensstrategie mit: Derzeit geben 60 Prozent der befragten Personaler an, dass sie involviert sind. Dass es nicht mehr sind, sei erstaunlich, so die Studie, zumal sämtliche befragten HR-Verantwortlichen an die Geschäftsführung berichten und es in jedem dritten Unternehmen (34 Prozent) einen CHRO im Vorstand gibt. Strategische HR Business Partner, operative HR-Partner und Centers of Excellence sind in großen Firmen häufiger vorhanden als in kleinen Betrieben.
Wichtiges Handlungsfeld: datengetriebenes HR-Management
Nach Ansicht von Jens Baier, Senior Partner bei BCG und Co-Autor der Studie, werden Daten eine wichtige Rolle spielen, damit die Personalabteilung ihre strategische Position weiter ausbauen oder zunächst aufbauen kann. Datengetriebenes HR-Management sei eines der strategischen Handlungsfelder von HR, so die Studienverfasserinnen und -verfasser. Zwar hätten die befragten Unternehmen die Bedeutung von Technologien für die HR-Funktion erkannt und viele Personalabteilungen experimentierten bereits mit verschiedenen IT-Systemen sowie technologischen Lösungen. Allerdings reichten die tatsächliche Veränderungsbereitschaft und die notwendigen Investitionen noch nicht aus, um datengetrieben arbeiten zu können. Über eine eigene Technologie-Einheit in der HR-Abteilung verfügt bislang jedes sechste Unternehmen. In jedem dritten Betrieb mangelt es außerdem an technologischem HR-Know-how.
HR bei Digitalisierung noch nicht gut aufgestellt
Ein Blick auf die Praxis der teilnehmenden Unternehmen zeigt, dass die Mehrzahl noch nicht für Data Analytics und andere Digitalisierungsthemen vorbereitet ist. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) arbeiten noch mit manuellen Workarounds wie Excel-Tabellen. Ein zentrales cloudbasiertes Human-Capital-Management-System (HCM), das alle HR-Funktionen abdeckt, ist nur in acht Prozent der Firmen im Einsatz. Eine ganzheitliche Datenplattform, die alle relevanten Quellen zusammenbringt und somit gezielte Analysen ermöglicht, setzen ebenfalls lediglich acht Prozent der Unternehmen ein. Das Fazit von Kai H. Helfritz von der DGFP und Philipp Kolo, Partner bei BCG – beide Co-Autoren der Studie – lautet: HR muss in die IT investieren und die dafür notwendigen Kompetenzen ausbauen.
Nachhaltigkeit als weiteres Zukunftsthema von HR
Neben der Digitalisierung der eigenen Abteilung und darüber hinaus gelte es für HR auch, sich mehr mit dem Thema ESG (Environment, Social, Governance) und Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Dabei könnte auch die Digitalisierung ein Mittel sein, um als HR nachhaltig zu agieren und dieses Verhalten im gesamten Unternehmen zu fördern. Denn: Die Einhaltung von ESG-Kriterien lasse sich nur realisieren, wenn HR die Digitalisierung vorantreibe und damit eine strategische Rolle einnehme, sagt Philipp Kolo von der BCG.
Doch auch in Sachen Nachhaltigkeit bestehe noch dringender Handlungsbedarf, denn die meisten Personalabteilungen seien auf die ESG-Herausforderungen noch nicht vorbereitet: Gut drei Viertel der befragten Personaler und Personalerinnen (78 Prozent) stuften Nachhaltigkeit zwar als besonders wichtige Aufgabe ein, aber nicht mehr als vier Prozent der Unternehmen sind aktuell in der Lage, die notwendigen Daten zu sammeln, zu dokumentieren und damit die ESG-Vorschriften zu erfüllen.
Dabei sei eine gute Datenbasis auch wichtig, um gegenüber anderen Akteuren und Interessenten, zum Beispiel Investoren, nachhaltiges Handeln zu belegen. Auf jeden Fall werde sich laut den Studienautoren der Aufgabenbereich von HR durch die Orientierung an ESG-Regeln, die sich auf Arbeitsweisen und Prozesse im Unternehmen auswirkt, grundlegend verändern.
Ausgewählte Ergebnisse der Studie „The Future of HR in Strategy, Sustainability and Technology“ stehen hier zum Download bereit.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.