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Die Rückkehr ins Büro: Was steckt wirklich dahinter?

„Kampf um die Rückkehr ins Büro“, „Streit um das Homeoffice“ oder „Streit um die Präsenzpflicht“ lautet nur eine kleine Auswahl an Überschriften von Artikeln, die sich in den letzten Monaten mit der Rückkehr von Mitarbeitenden in die Büros beschäftigt haben. Es entsteht der Eindruck, dass alle Arbeitgeber ihre Belegschaft fünf Tage die Woche nine to five zurück ins Büro ordern wollen. Doch wie sehen Rückholaktionen in der Praxis wirklich aus?

Beispiel SAP

SAP gab beispielsweise im Januar bekannt, dass man eine Büropflicht verordnen wolle. Heißt das für die Angestellten, dass sie jeden Tag ins Büro kommen müssen? Nein! Seit dem 1. März mit einer Übergangsfrist bis Ende April sollen Mitarbeitende an drei Tagen pro Woche ins Büro kommen. Termine bei Kunden oder Partnern, die vor Ort stattfinden, fallen laut SAP auch in diese drei Tage. „Bei SAP sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit im Homeoffice und im Büro sowohl die Produktivität und Innovationskraft als auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert“, heißt es zu den Beweggründen aus dem Softwarekonzern. Außerdem wolle man auch in Zukunft die Richtlinien für flexibles Arbeiten weiterentwickeln. Dabei wolle man auf eigene Erfahrungen oder auf Best-Practices von anderen Unternehmen zurückgreifen.

Beispiel VW

Bei VW gibt es eine entsprechende Regel sogar schon seit November 2023. Diese bezieht sich jedoch erst mal nur auf die Führung- und Managementebene. Dafür war der Schritt jedoch noch etwas radikaler als der von SAP. Manager müssen jetzt wieder vier Tage vor Ort sein, anstatt vier Tage aus dem Homeoffice arbeiten zu können. Auf Nachfrage bestätigte das Unternehmen, dass Mitarbeitende ohne Führungsposition weiterhin die Möglichkeit haben, ein bis vier Tage aus dem Homeoffice zu arbeiten. Sie müssen sich jedoch mit der Führungskraft über die Anzahl der Heimarbeitstage einigen und können nicht frei darüber entscheiden. Weiter heißt es aus dem Unternehmen: „Volkswagen gestaltet die hybride Arbeit im Sinne von Beschäftigten und Unternehmen. Um hybride Arbeit optimal zu gestalten, ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Mobiler Arbeit und Arbeit im Büro zu schaffen.“

Beispiel Deutsche Bank

Ein anderes Unternehmen, das in den letzten Wochen für Aufsehen gesorgt hat, ist die Deutsche Bank. Ab Juni 2024 will man dort den Ansatz der hybriden Arbeit einheitlicher gestalten. Konkret bedeutet dies, dass – ähnlich wie bei VW – Führungskräfte wieder vier Tage pro Woche im Büro sein müssen. Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung sollen künftig maximal 40 Prozent der Zeit mobil arbeiten können. Am grundsätzlichen Arbeitsmodell will man zwar festhalten, aber von Unternehmensseite heißt es auch: „Das Büro wird weiterhin der primäre Arbeitsplatz bleiben. Der persönliche Austausch im Büro ist wichtig, um Verbindungen zu knüpfen, zu lernen und im Team zusammenzuarbeiten.“

Große Mehrheit der Unternehmen verlangt Präsenztage

Den Eindruck, dass immer mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter zurück ins Büro beordern, bestätigt auch eine Studie des Telekommunikationsunternehmens Cisco. Für diese wurden europaweit 3.500 Arbeitnehmende und 1.050 Arbeitgeber befragt. 150 Arbeitnehmende und 500 Arbeitgeber kommen aus Deutschland. Die Studie zeigt, dass 82 Prozent der deutschen Unternehmen ihren Mitarbeitern eine Anwesenheitspflicht auferlegen. Allerdings schreiben nur 17 Prozent eine vollständige Rückkehr ins Büro vor. Der Rest schreibt eine Mindestanzahl von Präsenztagen vor, wie die genannten Beispiele SAP, VW und Deutsche Bank.

Ein Viertel arbeitet zeitweilig daheim

Der Grundtenor, die Zeit des Homeoffice sei vorbei, scheint also etwas übertrieben. Dies zeigt auch eine Umfrage des ifo-Instituts unter knapp 9.000 Unternehmen. Danach gab knapp ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland an, im Februar zumindest teilweise von zu Hause aus gearbeitet zu haben. Allerdings: Während in Großunternehmen 32,1 Prozent teilweise daheim arbeiten, sind es in Kleinunternehmen nur 20,5 Prozent. Auch zwischen den Branchen gibt es zum Teil große Unterschiede. So stehen 34,1 Prozent im Dienstleistungssektor 5,4 Prozent im Bauhauptgewerbe gegenüber. Laut Jean-Victor Alipour, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ifo Institut (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.), ist der Anteil derer, die teilweise im Homeoffice arbeiten, trotz der teilweisen Unterschiede in den letzten Jahren nahezu gleich geblieben. „Ungeachtet der Debatten um die Rückkehr ins Büro bei einzelnen Unternehmen hat sich Homeoffice in Deutschland fest etabliert“, sagt Alipour.

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Das wird durch Zahlen der Cisco-Umfrage bestätigt. Demnach gehen 90 Prozent der deutschen Arbeitgeber davon aus, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer in den nächsten zwei Jahren hybrid arbeiten wird. Es scheint also, dass viele Unternehmen hybrides Arbeiten als Teil der zukünftigen Arbeitsweise akzeptiert haben. Was sind also die Gründe, jetzt doch wieder auf mehr Präsenz im Büro zu setzen?

Bessere Kommunikation und Arbeitskultur vor Ort

Die Hauptgründe sind gemäß der Cisco-Umfrage eine bessere Kommunikation im Team, die Produktivität der Mitarbeiter, die Arbeitskultur und der Druck des Managements. Auch die Beschäftigtenscheinen diese Gründe nachvollziehen zu können. Für sie sind die Hauptvorteile der Büroarbeit eine bessere Zusammenarbeit, das Zusammengehörigkeitsgefühl oder die Möglichkeit zum gemeinsamen Brainstorming. Generell scheint ein Großteil der Beschäftigten einer teilweisen Rückkehr ins Büro nicht abgeneigt zu sein. 72 Prozent der Befragten gaben nämlich an, eben dieser positiv gegenüberzustehen.

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Eine Rückkehr unter dem Vorwand zu geringer Produktivität erscheint jedoch wenig überzeugend. Laut einer Umfrage des ifo-Instituts vom Oktober 2023 gehen 60,1 Prozent der Unternehmen von einer unveränderten Produktivität bei voller Anwesenheitspflicht aus. 8,3 Prozent der 9.000 befragten Unternehmen gehen davon aus, dass ihre Mitarbeitenden weniger produktiv wären. 32,6 Prozent der Unternehmen erwarten hingegen einen positiven Effekt auf die Produktivität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn die Anweisung „zurück ins Büro“ in den richtigen Kontext (also nicht unter Berufung auf eine zu geringe Produktivität) gestellt und gut kommuniziert wird, kann es durchaus von Vorteil für Arbeitgeber und Arbeitnehmende sein wieder vermehrt im Büro zu arbeiten.

Frederic Haupt ist Volontär der Personalwirtschaft.