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Digital Comp & Ben und Total Rewards auf dem Weg in ein neues Zeitalter

„Software is eating the world“ ist ein Zitat von Marc Andreessen, einem der frühen amerikanischen Technologieinvestoren aus dem Jahr 2000. Seitdem ist der Ausspruch ein Gemeinplatz geworden, der aber immer noch zutrifft – auch für Digital Comp & Ben und Total Rewards. Die erste Welle der Softwareentwicklungen richtete sich weniger am Personalbereich als vielmehr in Form des Enterprise-Resource-Planning (ERP) an der Unternehmensplanung aus. Doch als der Markt für ERP-Programme langsam gesättigt war, entwickelten Softwarehäuser sukzessive Zusatzmodule für die HR-Funktion.

In einem nächsten Schritt folgten spezifische Lösungen, die ausschließlich auf die funktionalen Anforderungen aus dem Personalbereich fokussierten. Seitdem ist die Anzahl der verfügbaren Lösungen geradezu explodiert. Diese spezifischen, auf Cloudtechnologie basierten Softwarelösungen bewegen die Unternehmen dazu, sich in Richtung von Gesamtvergütungssystemen zu orientieren – entweder als Teil eines umfassenderen HR-Funktions-Tools, wie sie beispielsweise SuccessFactors oder Workday anbieten, oder als spezifische Vergütungsmanagementsysteme. Für betriebliche Nebenleistungen gibt es bislang hingegen kaum Lösungen. Das gilt ganz besonders für die betriebliche Altersversorgung (bAV).

Softwarestiefkind bAV

Administrationsmodule für die bAV sind in solchen Gesamtvergütungssystemen das bislang vernachlässigte Stiefkind. Dies gilt umso mehr, als unmittelbare Pensionszusagen der Arbeitgeber in Deutschland langsam aussterben, wenn auch mit deutlicher Verzögerung im Vergleich zu anderen Ländern. Zudem gelten für jedes einzelne Unternehmen aufgrund der Gestaltungsvielfalt der Pensionspläne nahezu individuelle Anforderungen an eine Verwaltungsplattform. Derzeit ist der Treiber der technologischen Entwicklung in diesem Bereich eher die Anforderung an Administrationsanbieter, digitale Lösungen bereitzustellen. Dazu zählen zum Beispiel Apps, mit deren Hilfe Mitarbeiter ihre Eigenbeiträge für die Altersvorsorge einrichten bzw. ändern können. Anbieter von beitragsorientierten, extern finanzierten Pensionszusagen investieren viel, um Arbeitnehmern ihre Entscheidung für die bAV zu erleichtern. Dagegen konsolidiert sich der Markt für Administrationsanbieter innenfinanzierter Pensionszusagen zunehmend in Anbetracht des schrumpfenden Marktpotenzials. Der Einsatz digitaler Lösungen wird für diese Anbieter in Zukunft das wichtigste Differenzierungsmerkmal.

Vor einer eingehenderen Betrachtung der technologischen Aspekte gilt es, sich zu vergegenwärtigen, dass Technologie kein Selbstzweck ist, sondern Gestaltungsoptionen ermöglichen soll. Aus unserer Sicht sollten digitale Lösungen idealerweise folgende Gesichtspunkte der Gesamtvergütungsstrategie unterstützen:

  • die Übersetzung der Geschäftsstrategie in eine HR-Strategie, die eine Gesamtvergütungsphilosophie beinhaltet. Daraus erwächst der Vorteil für den Arbeitgeber, diejenigen Mitarbeiter an sich zu binden, die die relevanten Kompetenzen für den Geschäftserfolg mitbringen.
  • einen Vergütungsansatz, der spezifische Anforderungen bestimmter Mitarbeitergruppen berücksichtigt und somit das Vergütungsinvestment auf die Aspekte lenkt, die von diesen Mitarbeitern geschätzt werden.
  • eine adaptierbare Vergütung, die die unterschiedlichen Anforderungen der Mitarbeiter mit Blick auf Generation, Region und persönliche Situation einbezieht und die diese Unterschiede durch eine intelligente digitale Administration berücksichtigen kann.
  • eine gesamtheitliche Strategie, die die Entwicklung der Organisation von einem Total-Rewards-Ansatz zu einem weiter gefassten Total-Relationship-Ansatz unterstützt, durch den jeder Mitarbeiter für sich individuell überzeugende Gründe für den Einstieg und den Verbleib im Unternehmen findet.

Agile Organisationen und eine diverse Workforce erfordern differenzierte Total-Rewards-Pakete

Zudem sorgen andere, nicht-technologische Entwicklungen dafür, dass Unternehmen ihre Comp & Ben-Administration digitalisieren. Dazu zählen:

  • zahlreiche Veränderungen der Belegschaft, inklusive des Zusammenarbeitens verschiedener Generationen sowie die Einbeziehung externer Mitarbeiter (Freelancer, etc.),
  • die Etablierung agiler (Teil-)Organisationen, die ein Umdenken bezüglich der anzubietenden Total-Rewards-Lösungen erfordern – sowohl ihrer programmatischen Inhalte als auch der zu nutzenden digitalen Umsetzung. 

Hinzu kommen die Trends, die der technologische Fortschritt ohnehin mit sich bringt:

  • HR-Technology wird zu einer weiteren Zentralisation von Vergütungsprozessen in der Unternehmenszentrale und zur verstärkten Auslagerung von repetitiven und standardisierten Prozessen in Richtung auf Shared-Service-Centers führen. Es ist mittlerweile völlig normal, dass HR-Mitarbeiter weit entfernt von den durch sie betreuten Arbeitnehmern lokalisiert sind und ihre Arbeit auf einem globalen Level durchführen.
  • Cloud-basierte HR-Administration und Personaldaten ermöglichen eine höhere Vergütungstransparenz für die eigene Belegschaft wie auch für Freelancer und Vertragsarbeiter. Dieser Umstand kann genutzt werden, um unterschiedliche Benefits bestimmten Mitarbeitergruppen im Rahmen der Total-Relationship-Strategie anzubieten und somit die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber zu unterstützen.
  • Neue HR-Technologie wird zu einer Überprüfung der Vergütungsprozesse, Vergütungsvorgaben und der Vergütungsadministration führen. Zudem könnte eine verbesserte Integration von Strukturen und Zusammenarbeit zwischen HR, Business und Unternehmensführung usw. erreicht werden. Voraussetzung dafür sind eine klare Rollenverteilung und Verantwortlichkeiten, um einen Best-Fit-Vergütungsansatz umzusetzen.

Analyse von Total Rewards

Dieser Wandel beginnt mit einem analytischen Verständnis, welche Präferenzen verschiedene Segmente der Workforce bezüglich der anzubietenden Total-Rewards-Elemente haben. Eine Total-Rewards-Optimierung liefert hierzu aufgrund strukturiert erhobener und analysierter Präferenzdaten die Evidenz für das optimale Verhältnis von Mitarbeiternutzen und das erforderliche Investment von Seiten des Unternehmens.

Die Erfassung der Arbeitnehmerwünsche erfolgt dabei durch Fragebögen und die Durchführung von Conjoint-Analysen. Das ermöglicht den Mitarbeitern, ihre Vorlieben hinsichtlich ihres Gesamtvergütungspakets deutlich zu machen. Im Ergebnis erkennt der Arbeitgeber, wie er die verfügbaren Budgets am wirkungsvollsten einsetzen kann. Wirkungsvoll heißt in diesem Zusammenhang, eine maximierte Wertschätzung seitens der Mitarbeiter bei einem gegebenen Budget zu erreichen – unter Berücksichtigung bestimmter Risikomanagementaspekte.

Nach der Analyse und der Konfiguration der Total-Rewards-Programme steht ihre optimierte technologische Umsetzung im Mittelpunkt, um Mitarbeiter bei der Auswahl der Elemente zu unterstützen und ihnen Transparenz über den Status ihrer Rewards zu bieten bzw. Unternehmen ein effizientes und flexibles Comp & Ben-Management zu ermöglichen. Die Vielfalt der verfügbaren technologischen Lösungen umfasst Single-Point-Solutions wie Apps für die Berechnung der betrieblichen Altersversorgung oder Total-Reward-Statements bis hin zu kompletten integrierten Solution-Suites. Aber wie wird die passende technologische Lösung ausgewählt?

HR Technology – Cloudlösungen

Die Verwendung der richtigen Technologie ist logischerweise eine entscheidende Grundlage für Digital HR inklusive der Comp & Ben-Lösungen. Der Markt für HR-Technologie ist in den vergangenen Jahren weiter gewachsen und dadurch immer unübersichtlicher geworden. Die Frage ist jetzt nicht mehr nur, welche Technologie für welchen Prozess eingesetzt wird. Entscheidend ist vor allem: Welches Technologieportfolio schafft den Mitarbeitern und Managern den gewünschten Mehrwert und unterstützt sie bei ihren eigentlichen Aufgaben? Dieser Überlegung muss eine strategische Zielarchitektur zugrunde liegen. Die Roadmap dahin erfordert eine für alle Beteiligten transparente Abwägung von Quick Wins, Business-Case-Betrachtungen und technischen Abhängigkeiten.

Punktuelle Lösungen sind inzwischen einfacher in bestehende ERP- und HR-Systeme zu integrieren. Allerdings ist eine schnell wachsende Anzahl von spezifischen Insellösungen eher zu vermeiden, denn die Einbindungskosten und die dauerhaften Betriebskosten wachsen exponentiell mit der Anzahl der Einzelsysteme. Zudem müssen sich Anwender mit einer Vielzahl von Plattformen auseinandersetzen.

Welche Software ein Unternehmen letztlich implementiert, wird sehr stark von der gewünschten Komplexität des angebotenen Vergütungspakets abhängen. Und die Komplexität wird sich im Laufe der Zeit verändern. So waren etwa Unternehmen der Chemiebranche in der Vergangenheit technologisch führend und sehr profitabel. Daher hatten sie die umfangreichsten und komplexesten Benefits. Aber mittlerweile wurden die Pakete in dem Maße abgespeckt und vereinfacht, in dem die Margen in dieser Industrie zurückgingen. Im Gegensatz dazu sind heute andere Branchen, wie etwa die IT-Branche, technologisch führend. Und sie müssen ihr Angebot an Benefits aufgrund ihres starken Wachstums verbessern, um Mitarbeiter im War for Talents zu gewinnen und zu binden.

Fazit

Die Digitalisierung bietet nicht nur die Chance, Comp & Ben-Prozesse zu strukturieren und effizienter zu machen, sondern auch strategische Ziele wie die Entwicklung und Umsetzung eines Total-Relationship-Ansatzes überhaupt erst zu ermöglichen.