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Transformation auch ohne Hierarchiedenken

, der beim Digital Leadership Summit genau zu dieser Frage Stellung nehmen wird.

Personalwirtschaft: Sie sind bei der Telekom Leiter einer Art Labor für neue HR-Technologien und -Prozesse, insbesondere rund um das Thema Digitalisierung. Können Sie ein paar Beispiele nennen, wie weit es mit der Digitalisierung von HR selbst gediehen ist?

Porträt Dr. Reza Moussavian, Telekom
Dr. Reza Moussavien, SVP Digital & Innovation, Deutsche Telekom; Foto: Deutsche Telekom

Dr. Reza Moussavian: Den ersten Schritt Richtung Digitalisierung haben meiner Ansicht nach die meisten größeren Unternehmen in Deutschland schon gemacht. Haben zum Beispiel ein führendes HR-Kernsystem im Einsatz. Damit ist die Digitalisierung aber natürlich noch nicht abgeschlossen. Diese bedeutet jetzt den Einsatz von digitalen Technologien kombiniert mit Anwendungen. Das muss nun möglichst aus der Perspektive des Nutzers optimiert werden. Sprich: Wir müssen uns mit User Experience als neue Disziplin in HR beschäftigen. Dafür brauchen wir auch in HR neue Fähigkeiten, Stichwort Human Centric Design und eben User Experience. Hier geben wir mit unserem Labor zum Beispiel Hilfestellung.

Wo und wie werden Apps und Chatbots schon konkrekt eingesetzt?

Ganz konkret haben wir gerade einen sogenannten Desk-Bot ausgerollt. Hintergrund dieses Chatbots sind größere räumliche Umbauten, auch in der Zentrale in Bonn. Dort haben wir Desk Sharing eingeführt. Die Buchung lief bisher über ein etwas hemdsärmeliges System und noch nicht so gut koordiniert. Diese kann jetzt über den Chatbot vorgenommen werden. Ich interagiere mit ihm, sage ihm: Buche mir einen Arbeitsplatz, buche mir einen Kreativraum. Wir arbeiten aktuell daran, dass er noch mehr lernt, also zum Beispiel: Buche mich neben diese und jene Kollegen. Der Chatbot interagiert mit einem, das geht rasend schnell und ich kann es mobil von unterwegs erledigen. Vielen Leuten macht das Spaß.
Anderes Beispiel: Was sind denn eigentlich die Kompetenzen, die wir in Zukunft brauchen und wie identifizieren wir denn die Mitarbeiter, die dafür die Potenziale und Grundlagen haben? Dafür nutzen wir Handyspiele. Beim Spielen kommen dann Analytics und eine gewisse künstliche Intelligenz zum Einsatz, wo von den erforderlichen Spiel-Logiken oder -Strategien abgeleitet wird: Welcher Spieler zeigt hier Potenziale, die wir heben können.

Was davon ist bereits über die Laborphase hinaus Realität?

So wie beim Chatbot wird das jetzt Schritt für Schritt kommen. Da müssen die technischen Voraussetzungen gegeben sein. Das muss mit den Sozialpartnern abgestimmt werden, von denen wir mehrere im Hause haben. So arbeiten wir uns Schritt für Schritt weiter.
Zur Digitalisierung und dem Umgang mit digitalen Technologien gehört aber auch dieses berühmte exponentielle Wachstum. Nicht nur die Geschwindigkeit der Rechnerkapazitäten nimmt exponentiell zu, sondern auch die Komplexität der Projekte – sei es im HR-Ressort oder in den Abteilungen. Wo man über Datenschutz, über Mitbestimmung, Datensicherheit, agile Entscheidungsfindung, den Arbeitsrechtler nachdenken muss. Das erfordert natürlich eine andere Arbeit und Zusammenarbeit. Das heißt: neben dem technischen Fokus haben wir den auch in Richtung Haltung, neue Wege des Arbeitens. Das hat dann auch mit neuer Führung zu tun, mit anderer Teamarbeit. Hier geht es in die echte Transformation hinein.

Beschäftigen Sie sich auch mit möglichen Kehrseiten all dieser Digitalisierung und Virtualisierung? Gibt es in Ihrem Labor auch so etwas wie Risikoszenarien?

Ja, das gehört dazu. Wir sind ja Teil der Organisation und verstehen uns auch so, auch wenn wir Laborcharakter haben. Wir sind kein schickes Lab, das in Berlin sitzt und eine andere Ausstattung hat, tolle schicke Räumlichkeiten, et cetera. Das machen wir bewusst nicht. Wir folgen allen Konzernstandards, damit wir genau diese Einschätzung in Richtung Akzeptanz machen können. Das heißt, wir halten uns an alle Prozesse, die dafür notwendig sind. Wenn es Richtung Compliance geht, Richtung Mitbestimmung, Richtung Datenschutz, da folgen wir Standardprozessen und das ist auch gewünscht. Damit setzen wir uns in jedem Projekt und jeder Aufgabe per se immer mit Risiken, mit Was-wenn-Betrachtungen auseinander.

Die Telekom ist als Anbieter digitaler Technologien in punkto Digital Leadership vielleicht etwas weiter als andere Branchen. Wie stellt sich in Ihrem Hause Digital Leadership dar?

Digital Leadership ist so ein bisschen zweischneidig. Zum einen wird das dahingehend verstanden: Wie schaffe ich die Transformation von der analogen in die digitale Welt? Zum anderen sind davon Strategie und Führen in der digitalen Welt betroffen. Was ändert sich für mich als Führungsperson, indem ich vielleicht nicht mehr Teams habe, die zusammensitzen, sondern an verschiedenen Standorten, die über Zeitzonen hinweg arbeiten? Wie organisiere ich die Arbeit per se dann? Was wir den Führungskräften in ihrer Rolle beibringen wollen, ist: wie kannst Du zum Beispiel agiles Projektmanagement machen und das durch Tools unterstützen? Wie kannst du Teams auf Distanz führen mit den gängigen Werkzeugen? Das ist nicht immer einfach und am Anfang fällt das noch schwer, aber so geht es allen. Bis hin zur Führungsebene.

Wie sieht es denn dort aus?

Hier sind wir zum Beispiel gerade dabei, die Prozesse rund um Geschäftsführungssitzungen zu ändern mit Unterstützung von cloudbasierten Tools. Da werden die Unterlagen nicht mehr per E-Mail an alle verschickt und ausgedruckt, sondern die werden hochgeladen. Im Tool in der Cloud wird dann vor der Sitzung kommentiert und zurück kommentiert. So ergibt sich eine ganz andere Diskussionsgrundlage im Meeting und ich kriege ein ganz anderes Verhalten in der Zusammenarbeit hin. Das hat eine Menge mit einem anderen Führungsverständnis zu tun.

Wie wichtig ist die Aktivierung und Beteiligung der Leitungsebene bis hin zum Vorstand bei dem Thema Digital Leadership?

Die ist sehr wichtig, allerdings bin ich kein Fan von der Idee, dass der Vorstand vorangehen muss und dann klappt das schon in der Breite. Das wird in den wenigsten Fällen so passieren. Man kann vorher auf der mittleren Ebene anfangen und zeigen, wie es geht. Mit dem Gezeigten und der Relevanz und der Wirkung, die man erreicht hat, geht man dann zum Vorstand. Diese versteckten Hierarchiemechanismen bei der Transformation müssen nicht sein. Vorstands-Commitment als Präambel für Veränderungen ist nicht meine Erfahrung und nicht meine Überzeugung.

Lässt sich der Vorstand der Telekom überzeugen und geht dieser mit voran?

Es ist total so. Wir haben ja zum Glück ein Vorstandsgremium, das die digitale Welt versteht. Ich merke, dass wir mit unseren Themen aus Digital und Innovation immer mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, wenn es um Transformationsverständnis geht. Da ist eine Menge im Vorstand passiert und gibt uns Rückenwind.

Beim Digital Leadership Summit sind Sie und Ihr Labor ja auch ein Vorbild für andere Unternehmen. Von wem aber lernen Sie etwas?

Die Inspirationspunkte, die ich mir hole, sind andere Unternehmen, besonders in Europa. Das sind einzelne Kulturinitiativen, Innovationsaktivitäten, die woanders passieren, aber nicht immer von HR vorangetrieben wurden. Die persönlich größte Inspiration, die ich bekommen habe, wo wir mit unserem Labor angefangen haben, war von der Swisscom. Es ist super spannend, was die machen und ist für mich immer wieder eine große Inspiration.

Zur Person:
Dr. Reza Moussavian leitet als Senior Vice President den
HR-Bereich „Digital & Innovation“ der Deutschen Telekom. Als
Innovations-Labor treibt der Bereich einerseits die Digitalisierung der
HR-Funktion voran und unterstützt andererseits die digitale
Transformation von Unternehmenseinheiten. Er hat in
Innovationsmanagement in Südafrika promoviert und BWL in Köln studiert.


+++ Veranstaltungstipp +++
Am 21. Juni 2018 findet in Köln der dritte
Digital Leadership Summit statt. Hier halten neben Reza Moussavian auch
Ranga Yogeshwar, Felicitas von Kyaw, Stephan Grabmeier, Henner
Knabenreich und mehr Vorträge. Weitere Infos zum dls#3 finden Sie 
hier
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