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Digitalisierung: Auszubildende als Treiber nutzen

Manche Unternehmen haben sie bereits genutzt, die sogenannten Digiscouts: Auszubildende, die in Unternehmen nach Digitalisierungspotenzialen suchen – also nach analogen Prozessen und Kommunikationswegen, die digital möglicherweise besser funktionieren. Sie entwickeln in kleinen Teams ein Digitalisierungsprojekt und setzen dieses – grünes Licht der Geschäftsführung vorausgesetzt – innerhalb von sechs Monaten eigenverantwortlich um. Ein Coach und ein Mitarbeiter des RKW-Kompetenzzentrums begleiten sie dabei.

Der Fokus der Projekte liegt auf dem wirtschaftlichen Erfolg. Die Digitalisierungsscouts überführen dabei analoge Prozesse in digitale. Beispielsweise haben sie in Unternehmen die Spesenabrechnung, das Besuchermanagement oder die Warenwirtschaft digitalisiert oder auch wiederverwendbare QR-Codes eingeführt. So halfen beispielsweise drei Bremer Digiscouts der Buchhaltung ihres Unternehmens, die Spesenabrechnung zu digitalisieren. In einem anderen Betrieb realisierten fünf Auszubildende, dass sich Mitarbeiter künftig zügig per Gesichtserkennung an Gemeinschaftsrechnern einloggen können.

Hohe Kompetenzgewinne bei Auszubildenden

Bislang haben mehr als 150 mittelständische Unternehmen mit über 500 Auszubildenden Projekte mit Digitalisierungsscouts initiiert. In einer Studie hat das RKW Kompetenzzentrum nun untersucht, welchen Einfluss die Projekte auf Fähigkeiten und Fertigkeiten der Auszubildenden sowie den digitalen Fortschritt der beteiligten Unternehmen haben. In die Untersuchung flossen Bewertungen zu den ersten 78 Projekten aus Unternehmen ein, die weniger als 500 Beschäftigte haben.

Unabhängig von Ausbildungsberuf und Lehrjahr haben die Auszubildenden berichtet, dass sie durch die Projekte persönliche und soziale Kompetenzen wie Selbstorganisation (85 Prozent), Problemlösefähigkeit (72 Prozent), Verantwortungsbewusstsein (69 Prozent) und Kommunikationsfähigkeit (64 Prozent) deutlich verbessert haben. Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) gab zudem an, ihre IT-Fähigkeiten – wie den Umgang mit Anwendungsprogrammen oder Kenntnisse zum Thema Datensicherheit – ausgebaut zu haben. Außerdem wuchs das Verständnis der jungen Menschen für betriebliche Zusammenhänge und Wertschöpfungsketten.

Das neue Wissen haben die jungen Mitarbeiter vor allem durch die Arbeit an ihrem Projekt erworben. Denn sie mussten sich mit der Wertschöpfungskette des gesamten Unternehmens auseinandersetzen und Informationen bei verschiedenen Kolleginnen und Kollegen einholen.

Fast zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) konnten eine Projektidee umsetzen, die sie selbst entwickelt haben; ein weiteres Viertel (26 Prozent) griff bestehende Ideen auf und konkretisierte diese. Nur bei etwa einem von zehn Befragten (9 Prozent) der kam die Projektidee von den Ausbilderinnen und Ausbildern.

Digitalisierungsgrad in Unternehmen nimmt zu

Nicht nur die Auszubildenden profitieren in dem Prozess. Auch die mittelständischen Unternehmen verbessern ihren Digitalisierungsgrad. In der Studie konnten die Unternehmen jeweils zu Beginn und zum Ende der sechsmonatigen Projektlaufzeit die digitale Durchdringung der unternehmensinternen Prozesse, die Nutzung digitaler Geräte und Services sowie den Einfluss der Digitalisierung auf den Geschäftserfolg einschätzen. Im Durchschnitt gewannen sie 8 Prozent hinzu, unabhängig von Branche und Größe.

Die Erfolge bei den kleinen Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitern fielen dabei etwas größer aus als bei den mittleren und großen Firmen. Das könnte daran liegen, dass das relative Gewicht eines Projekts in einem kleinen Unternehmen höher ist als in einem größeren. Etwa die Hälfte der realisierten Projekte betrafen wertschöpfende Prozesse in Unternehmen. 

Unternehmen profitieren doppelt

Die Digitalisierung mittels junger Scouts voranzutreiben, kann sich für Unternehmen doppelt auszahlen. Wer das Interesse von Jugendlichen an der Digitalisierung nutzt, erhöht die Attraktivität der dualen Berufsausbildung sowie des eigenen Unternehmens. Zudem gewinnen die Firmen neue Fachkräfte: Durch die Erfahrungen aus dem Projekt wachsen Auszubildende später häufig in Expertenrollen im Unternehmen hinein. 

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.