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Mobbing im Job – drei von zehn Deutschen waren schon einmal Opfer

Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing im Arbeitsumfeld ist keine Seltenheit. Frauen sind häufiger Opfer als Männer. Foto: © highwaystarz-stock.adobe.com

Mobbing am Arbeitsplatz ist keine Seltenheit. Es kann von Lästern und dummen Sprüchen über Beleidigungen und Provokationen bis hin zu Bedrohungen reichen. Fast drei von zehn Berufstätigen haben Mobbing im Job schon einmal am eigenen Leib erfahren, wie eine Studie zeigt. Nicht jedem steht jedoch eine Anlaufstelle zur Verfügung, an die er sich bei solchen Problemen wenden kann.

Frauen öfter von Mobbing betroffen als Männer

Vom 19. bis 22. März dieses Jahres hat > Yougov in Kooperation mit Statista 2.058 Menschen in Deutschland zum Thema Mobbing befragt. Die Ergebnisse sind laut Yougov repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. 29 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, bereits einmal im Job gemobbt worden zu sein. Frauen machten diese Erfahrung mit 35 Prozent häufiger als Männer, von denen 22 Prozent betroffen waren. Außerdem sagen 17 Prozent, sie hätten es schon einmal erlebt, dass Kollegen oder Vorgesetzten von anderen drangsaliert wurden. Vier Prozent geben zu, sich schon einmal selbst aktiv am Mobbing von Kollegen oder Vorgesetzten beteiligt zu haben. Noch keine Erfahrung mit Mobbing gemacht haben 49 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Männer.

Meist direkte persönliche Schikanen, aber auch Cybermobbing kommt vor

Wie die Befragungsergebnisse zeigen, findet Mobbing zumeist im Rahmen direkter sozialer Interaktion statt; so lautet die Aussage von 81 Prozent der Menschen, die schon einmal im Arbeitsumfeld gemobbt wurden. Cybermobbing spielt weniger häufig eine Rolle, wird aber ebenfalls ausgeübt: Acht Prozent wurden per E-Mail gemobbt, sieben Prozent in Sozialen Medien, sechs Prozent am Telefon und vier Prozent via Messenger.

Fortgesetztes Gemobbt werden von Einzelnen oder Gruppen stellt eine große Belastung für die Betroffen dar. Laut Definition des Verbands Pro Psychotherapie e.V. spricht man von Mobbing, wenn die Opfer über einen Zeitraum von einem halben Jahr hinweg mindestens einmal wöchentlich psychisch oder physisch gequält oder verletzt werden. Das Schlimme daran: Im Arbeitsumfeld ist es meist so gut wie unmöglich, solchen Attacken aus dem Weg zu gehen, etwa durch Rückzug oder Ignorieren. Das gilt insbesondere, wenn die Täter Vorgesetzte oder Kollegen sind, mit denen die Gequälten täglich zusammenarbeiten müssen.

Bossing, Staffing und Straining

Apropos Zusammenarbeit: Auch Kontakt- und Informationsverweigerung gehört zu den Spielarten von Mobbing, die in diesem Fall das Arbeiten erschweren bis unmöglich machen und zwangsläufig zu Fehlern und „Versagen“ führen, wodurch ein perfider Kreislauf entsteht. Wird vorsätzlich eine Belastungssituation des Opfers herbeigeführt, was auch durch das Entziehen von Aufgaben oder Ausschließen von Entscheidungen geschehen kann, spricht man von Straining. Die Folge kann sowohl ein Boreout – Unterforderung und Langeweile durch erzwungenes Nichtstun – als auch ein Burnout sein. Weitere Mobbing-Formen sind unter anderem Ausgrenzung, Erniedrigungen sowie Angriffe auf Ansehen und Leistungsfähigkeit und sogar Androhungen körperlicher und sexueller Gewalt kommen vor. Geht das Mobbing vom Chef aus und richtet sich gegen Mitarbeiter, nennt man es Bossing, der umgekehrte Fall wird als Staffing bezeichnet.

Langfristige gravierende psychische und physische Folgen möglich

Unabhängig davon, wie das Mobbing geartet ist, stellt es eine hohe Stressbelastung mit seelischem oder auch körperlichem Unwohlsein dar. Die Folgen reichen von Angespanntheit und Schlafstörungen bis zu Herzkreislaufbeschwerden und chronischen Krankheiten und im psychischen Bereich bis zu Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen oder gar zum Suizid.

Gespräch mit Vorgesetzten für die meisten Opfer das Mittel erster Wahl

Umso wichtiger ist es, dass Mobbing-Geschädigte in ihrem Unternehmen Ansprechpartner haben, an die sich wenden können. Dies dürfte auch im Interesse des Arbeitgebers sein, weil Mobbing häufig zu einer Leistungsminderung führt. Von den Studienteilnehmern sagten 39 Prozent, sie würden sich direkt an ihren Vorgesetzten wenden, wenn sie Mobbing-Opfer wären. Genauso viele würden das Gespräch mit der mobbenden Person suchen. 34 Prozent gaben an, dass sie sich mit einem vertrauten Menschen im Unternehmen beraten würden. An eine Anlaufstelle für Mobbing-Opfer im Unternehmen würden sich 18 Prozent wenden, zehn Prozent nähmen eine externe Beratungsstelle in Anspruch. Neun Prozent denken, dass sie erst einmal abwarten würden. Immerhin 15 Prozent würden die Flucht antreten und den Job wechseln oder sich versetzen lassen. Während sich Männer eher zu einem Gespräch mit dem Chef oder dem Mobbenden entschließen könnten, würden Frauen etwas öfter mit vertrauten Menschen sprechen und sich beraten lassen.

Gut jeder Vierte wünscht sich mehr Hilfsangebote vom Arbeitgeber

Doch wie sieht es eigentlich mit Hilfsangeboten für Mobbingopfer in den Unternehmen aus? Knapp einem Viertel der Befragten (23 Prozent) steht Unterstützung zur Verfügung: 13 Prozent haben eine persönliche Anlaufstelle, für vier Prozent gibt es Telefonsprechstunden, bei zwei Prozent Selbsthilfegruppen und vier Prozent kennen andere Möglichkeiten. Jeder Dritte (34 Prozent) sagt allerdings, dass sein Unternehmen keine Hilfsangebote für Betroffene macht, und 15 Prozent wissen gar nicht, ob sie sich bei ihrem Arbeitgeber Unterstützung holen können – hier besteht möglicherweise Handlungsbedarf seitens der Arbeitgeber und sei es hinsichtlich der Kommunikation vorhandener Möglichkeiten. 27 Prozent der Interviewten sagen, dass sich mehr Hilfsangebote ihres Unternehmens wünschen. Beispielsweise im Online-Portal > therapie.de des Verbands Pro Psychotherapie e.V. finden Mobbingopfer ausführlichere Informationen und Hilfsangebote zu Mobbing und geeigneten Verhaltensstrategien.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.