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„Eigentlich wollte ich nur zwölf Monate bleiben“

Nach fünf Jahren kehrte die HR-Referentin zurück – und fand auf Anhieb einen Job.

Ihre Rückkehr nach Deutschland zu organisieren, war aufwändig. Doch nun hat Anja Siedhoff eine neue Aufgabe bei einer Hamburger Reederei gefunden.
Ihre Rückkehr nach Deutschland zu organisieren, war aufwändig. Doch nun hat Anja Siedhoff eine neue Aufgabe bei einer Hamburger Reederei gefunden.

Spanisch kam Anja Siedhoff, heute 29, gar nichts vor, als sie im September 2010 in den Flieger nach Teneriffa stieg, um ihren ersten Job nach dem Studium anzutreten. Denn mit dem Land, den Menschen und der Sprache war sie vertraut. Im Bachelorstudium hatte sich die Dortmunderin unter anderem mit spanischer Philologie beschäftigt und ein dreimonatiges Praktikum auf den Kanaren absolviert, das Masterstudium gar nach rekordverdächtigen elf Monaten in Madrid abgeschlossen. Ich wollte in den Personalbereich, und ich wollte ans Meer, hatte sich Siedhoff vorgenommen. Ein Konzeptwettbewerb einer spanischen Personalberatung verhalf ihr zu beidem. „Man wollte unternehmerisch denkende junge Leute in Kontakt mit spanischen Arbeitgebern bringen“, erzählt Siedhoff. Die Erdölraffinerie CEPSA, Hauptsitz Madrid, Produktionsstandort Santa Cruz auf Teneriffa, wurde auf sie aufmerksam. Soeben vom Studium nach Deutschland zurückgekehrt, wurde sie eilends nach Spanien zurückbeordert: Wir würden Sie gern kennenlernen. CEPSA ist einer der größten Energiekonzerne Spaniens, Erdöl, Erdgas, Petrochemicals, weltweit mehr als 11.000 Mitarbeiter. Siedhoff flog hin, ließ sich erzählen und unterschrieb einen Jahresvertrag. Ein Angebot von McKinsey, in der Kölner HR einzusteigen, war damit aus dem Rennen. Vergeblich warnten Freunde und Familie: Die Rückkehr nach Deutschland werde schwierig, wenn nicht gar unmöglich, lass die Finger von der Sache. Siedhoff wollte Meer.

In der Personalentwicklung unterstützen

Inzwischen wieder in Deutschland: Anja Siedhoff begann ihre HR-Laufbahn auf der spanischen Insel Teneriffa.
Inzwischen wieder in Deutschland: Anja Siedhoff begann ihre HR-Laufbahn auf der spanischen Insel Teneriffa.

Nach vier Wochen Einarbeitung in Madrid ging es ab auf die Insel. Die Raffinerie, wo die Deutsche das kleine Team der Personalentwickler für rund 450 Mitarbeiter verstärken sollte, liegt im Nordosten Teneriffas. Dennoch war Madrid allgegenwärtig. „Viele Nachwuchsprogramme wurden von der Zentrale vorgegeben“, erinnert sich Siedhoff, „da war man ein bisschen eingeschränkt und konnte nicht immer selbst Ideen einbringen.“ Doch zumindest anstoßen lassen sich manche Dinge auch lokal. Siedhoff sollte ein Konzept im Bereich Arbeitssicherheit entwickeln. Das tat sie, und es wurde auch umgesetzt. Ansonsten blieb ihr bei einer Arbeitszeit von 8 bis 16.30 Uhr genug Freiraum für ein berufsbegleitendes MBA-Studium. Ein Jahr lang waren die Abende in der ersten Wochenhälfte für den Hörsaal reserviert. „Eigentlich hatte ich nur zwölf Monate bleiben wollen“, sagt Siedhoff. Doch nach 16 Monaten versetzte CEPSA die HR-Referentin in das Personalmanagement. Ihre Aufgaben: Entwicklung und monatliche Erstellung der HR-Balanced Scorecards, Personalbetreuung und Beratung zur flexiblen Vergütung, Mitarbeit an Projekten, Personalkostenkontrolle. Die Abwechslung ließ Heimkehrgedanken in den Hintergrund treten. Inzwischen hatte sie einen unbefristeten Vertrag.

Die reine Personalarbeit ist in Spanien gar nicht so anders als in Deutschland,

sagt Siedhoff. Den großen Unterschied mache die enge, fast freundschaftliche Zusammenarbeit mit den Kollegen: „In Deutschland ist man distanzierter.“ Im Unterschied zu vielen Spaniern, die als Folge des Wirtschaftseinbruchs nach der Finanzkrise 2009/10 nach Deutschland gekommen sind, fühlt sie sich gut integriert und hat wenig Zurückweisung erlebt. „Das hätte auch anders kommen können“, sagt Siedhoff. Ohne Zweifel hilfreich waren ihre guten Spanischkenntnisse. „Spanier reden gern lange um eine Sache herum. Da muss man am Ball bleiben“, sagt Siedhoff und lobt die guten Arbeitsbedingungen in der Konzernzentrale und am Standort Teneriffa. „Die waren durchaus vergleichbar mit Deutschland.“ Dabei ging es der Branche nicht gut, viele Energieunternehmen entließen, CEPSA nicht. Überhaupt wurde Mitarbeiterbetreuung groß geschrieben. „Ich bin zusammen mit den Kollegen zu den Behörden gegangen, und früher hatten wir sogar eine eigene Sozialarbeiterin“, berichtet Siedhoff. Frühstück und Mittagessen spendierte der Arbeitgeber, manchen Abend feierte man zusammen. Viel mehr braucht ein Wir-Gefühl nicht.

Aufwändiger Weg zurück

2014 geriet die Raffinerie in Schwierigkeiten. Damit rückte die Rückkehr nach Deutschland in den Fokus. Also: Jobbörsen sichten, Interviews über Skype führen, zu Vorstellungsgesprächen fliegen. Nicht immer wurden ihr die Kosten ersetzt. Im Frühjahr hat es dann geklappt: Siedhoff heuerte als Group HR Referentin bei einer Hamburger Reederei an. „Wir haben weltweit 250 Mitarbeiter, in Hamburg sind es 80“, sagt Anja Siedhoff. Sie ist für die Gruppe verantwortlich, zwei Kolleginnen für Deutschland, sie berichtet an den CFO. Ihre Fremdsprachenkenntnisse kämen ihr sehr zunutze, sagt Siedhoff, ihr Spanienaufenthalt sei ein Pluspunkt bei der Bewerbung gewesen. Und vom Konzern zum Mittelstand habe auch sein Gutes: „Jetzt kann ich mehr selbst entscheiden“, freut sich die Personalerin. Die fünf Jahre in Spanien hat sie nicht bereut: „Das war ein guter Start.“ Will sie noch einmal ins Ausland? „Nicht in den nächsten Jahren. Und wenn, dann nach Spanien.“

Autorin: Christine Demmer, Freie Journalistin, Värnamo, Schweden

Dieser Beitrag ist Teil IV unserer Serie Personaler im Ausland. Lesen Sie hier die anderen Teile:

› Teil I: Immer auf Achse – Oliver Grohmann bei LG Electronics, Korea

› Teil II: Global HR haben die Schweizer nicht erfunden – Stefanie Lowey von Seckendorff bei Ferring Pharmaceuticals, Schweiz

› Teil III: Von Ulm nach Abuja: Aufbruch in eine neue Welt – Alexander Cornford bei Julius Berger, Nigeria