Personalwirtschaft: Herr Professor Dr. Ernst, womit beschäftigen Sie sich gerade?
Prof. Dr. Christian Ernst: Viele Beschäftigte haben in den letzten beiden Jahren hybrid gearbeitet. Viele wollen die Vorteile des mobilen Arbeitens nicht gänzlich aufgeben. Für Unternehmen ist damit eine neue Situation entstanden; das „neue Normal“ ist eine Herausforderung für sie. Die große Gefahr besteht darin, dass sowohl die Identifikation mit dem Unternehmen als auch die Zusammenarbeit im Team durch Remote Work unterminiert wird. So ist die Idee für „Team Efficiency Index“ (TEX) entstanden.
Was für eine Methode ist TEX und wie funktioniert sie?
Die Methode ist wie ein Multi-Rater-Feedback aufgebaut. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit habe ich ein Befragungsinventar entwickelt, das aus 28 Items besteht. Damit können wir Teamfähigkeit umfassend und tiefgründig messen. Wenn ein Team die Methode anwendet, muss es diese Kriterien zunächst gewichten, damit die Messgenauigkeit optimiert wird.
Wie gelingt das?
Im ersten Schritt definiert das Team für sich, was es im eigenen Kontext unter Teamfähigkeit versteht. Der zweite Schritt besteht darin, dass jedes einzelne Teammitglied in einem Onlinefragebogen sein Selbstbild entwickelt. Zum Schluss gibt jeder zu jedem anderen Teammitglied anhand der gewichteten Kriterien ein anonymes Feedback ab.
Wenden Sie diese Methode bereits in der Praxis an?
Der Fragebogen ist bereits erprobt. Um den Analyseprozess jedoch weitgehend wissenschaftlich zu validieren, suche ich derzeit Unternehmen, die das Verfahren testen möchten.
Was bietet das Team-Feedback Unternehmen, wenn es fertig ist?
Unternehmen können damit eine Art „Frühwarnsystem“ bezüglich der Teameffizienz und -kohäsion etablieren. So kann vermieden werden, dass durch das hybride Arbeiten die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt in Teams schleichend erodiert. Die Nachhaltigkeit besteht darin, dass jedes Teammitglied am Ende der Analyse ein eigenes, rein persönliches Testat bezüglich der eigenen Teamfähigkeit erhält. Dieses wird vertraulich nur an die jeweilige Person übermittelt. Das Team als Ganzes erhält ein Team-Portfolio, in der das aggregierte Gesamtergebnis ausgewiesen wird. Im Rahmen eines Workshops werden dann auf Teamebene Maßnahmen entwickelt, um die Zusammenarbeit weiter zu optimieren.
Wo liegen die Grenzen?
Es ist nicht in jedem Team sinnvoll, TEX anzuwenden. Es ergibt nur Sinn, wenn eine Zusammenarbeit im Team für die Organisationseinheit auch funktional ist. Den Kooperationsbedarf analysieren wir deshalb im Vorfeld für das jeweilige Team.
Welche Unternehmen suchen Sie aktuell für die Studie?
Ich bin derzeit auf der Suche nach Unternehmen aller Branchen und Größen, die das Instrument kostenlos ausprobieren und mich dabei unterstützen wollen, die Methode wissenschaftlich zu validieren. Wir müssen die Analyse zunächst auf Büroberufe beschränken, in denen hybrid gearbeitet wird. Die jeweiligen Teams sollten zwischen fünf und zwölf Mitglieder umfassen. In den beteiligten Unternehmen können jeweils bis zu zwei Team-Feedbacks durchgeführt werden.
Info
So können Sie Kontakt aufnehmen:
Prof. Dr. Christian Ernst
Technische Hochschule Köln
Email: christian.ernst@th-koeln.de
Weitere Informationen auch unter: https://www.prof-ernst.de/informationen/tex/
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.