› Bericht zur Podiumsdiskussion
Haben Sie schon einmal Geld über eine Internetplattform verdient? Dann bezeichnet man Sie mittlerweile neudeutsch als Crowdwoker. Bei einer Posiumskidsussion des Munich Center for Internet Research (MCIR) im März wurde das Thema „Arbeiten in der Wolke” unter anderem rechtlich beleuchtet und mitunter kritisch diskutiert. Ein Beitrag über die Veranstaltung rückt diese Form von Arbeit nun in ein sehr negatives Licht – pauschal, und über sämtliche Anbieter hinweg.
Als Mitgründer einer solchen Plattform ist das für mich nichts Neues und damit eine erneute Bestätigung, dass es noch viel zu tun gibt. Fakt ist: Crowdworking, also das Ausführen von bezahlten Tätigkeiten über eine Onlineplattform, entwickelt sich zu einem signifikanten Geschäftsmodell in unterschiedlichen Branchen. Es ist also an der Zeit, sich differenziert mit diesem Thema auseinanderzusetzen und dabei Risiken, aber auch Chancen zu beleuchten.
Crowdworking ist so vielfältig wie die Bereiche, in denen dieses Modell eingesetzt wird. Bei uns geht es darum, aus Endanwendersicht Apps und Webseiten zu testen, Feedback einzuholen und Fehler aufzudecken. Andere Plattformen bieten Dienste wie Texterstellung, Übersetzungs- oder Recherchetätigkeiten. Das Spektrum reicht von einfachen Tätigkeiten bis hin zu komplexen Aufgabenstellungen. Diese können, je nach Anforderung, ortsgebunden sein oder von überall auf der Welt erledigt werden. Das eine Crowdworking gibt es also nicht. Vielmehr sollte dieser Begriff als Oberkategorie dienen, die wiederum zahlreiche Ausprägungen in sich vereint.
Pauschalisierende Aussagen werden dieser Vielfalt nicht gerecht und führen im schlimmsten Fall dazu, dass Crowdworking als Gefahr wahrgenommen wird. Arbeit wird ausgelagert, Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze, Crowdworker werden ausgebeutet und haben keine andere Wahl, als sich dem Druck der Plattformen zu unterwerfen – so lautet zumindest die undifferenzierte Sichtweise. Diese Aussagen können teilweise auch zutreffen, aber eben nur teilweise. Als Plattform sind wir auf die gute Arbeit unserer Crowdworker angewiesen – liegt es da nicht nahe, sie dementsprechend gut zu behandeln?
Im Rahmen eines Workshops haben wir kürzlich mit einigen unserer Mitglieder darüber gesprochen, was gut läuft und was verbessert werden könnte. Einer unserer Tester, aktuell in einem Angestellenverhältnis, offenbarte dabei sein Ziel, langfristig von seiner Tätigkeit als Crowdworker leben zu können. Ihm ist bewusst, dass dies alleine mit Testbirds nicht möglich sein wird. Denn bei uns erhält er nur Anfragen, wenn sein Profil auf die von Auftraggeberseite gewünschten Kriterien passt. Oftmals sind das demographische Eigenschaften für eine Zielgruppe, die schlichtweg nicht beeinflussbar und noch weniger planbar sind. Andere Modelle basieren nicht auf solchen Bedarfsanfragen, sondern darauf, welche Aufgaben man sich aussucht oder aufgrund seiner Qualifikation angeboten bekommt. Unser Tester sieht in Crowdworking ein erstrebenswertes Erbwerbsmodell unter der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingungen passen.
Und genau darum geht es. Crowdworking ist per se weder gut oder schlecht. Das Entscheidende ist, wie verantwortungsvoll damit umgegangen wird. Diesen Aspekt habe ich bei der Podiumsdiskussion des MCIR versucht zu verdeutlichen (›Aufzeichnung der Veranstaltung).
Um diesen verantwortungsvollen Umgang zu fördern, haben wir gemeinsam mit anderen Crowdworking-Plattformen und in Abstimmung mit Gewerkschaften wie der IG Metall einen › Code of Conduct für Crowdworking ins Leben gerufen. Insgesamt zehn Grundsätze beschreiben darin unsere Vorstellung einer guten Form des Crowdworking. Ein guter erster Schritt, wie ich finde.
„Moralische Skrupel hat der Jungunternehmer nicht” – dieser Satz im Online-Beitrag der Personalwirtschaft weist in die falsche Richtung. Ich kann mein Handeln vielmehr aus guten Gründen mit meinem Gewissen vereinbaren. Alle Interessierten lade ich ein, sich selbst ein Bild zu verschaffen und uns in unserem Münchner Büro zu besuchen. Für die Terminfindung bin ich per E-Mail (s.u.) zu erreichen
Autor:
Markus
Steinhauser, Head of Operations, Testbirds GmbH, München, m.steinhauser@testbirds.de
Hinweis: Die Personalwirtschaft steht für eine ausgewogene und – wo nötig – kritische Berichterstattung zu HR-relevanten Themen. In der Titelstrecke unserer › Ausgabe 2/2017 haben wir mit einem Feature, einer Infografik, einem Personaler-Interview sowie einem Pro und Contra ausgiebig über die Gig Economy und ihre Chancen und Herausforderungen berichtet. Sie haben die Ausgabe nicht vorliegen? Senden Sie eine E-Mail an personalwirtschaft@wolterskluwer.com, und wir stellen Ihnen die gesamte Titelstrecke als pdf zur Verfügung.