Das Hin und Her um den Brexit geht weiter. Die EU hat Großbritannien jetzt einen weiteren Aufschub für ihren Austritt gewährt – die Frist wurde bis zum 31. Oktober verlängert. Sollte das britische Parlament das Austrittsabkommen früher verabschieden, würde Großbritannien zum Ersten des Folgemonats aus der EU austreten. Einigt man sich in London nicht bis zum 22. Mai, muss Großbritannien noch an den Europawahlen teilnehmen. Ein ungeregelter harter Brexit ist damit zwar vom Tisch, aber nur vorläufig. Die Unsicherheit bleibt erst einmal bestehen.
47 Prozent der Unternehmen nicht auf den Austritt der Briten aus der EU vorbereitet
Bis Anfang dieses Jahres standen 47 Prozent der Unternehmen dem Austritt Großbritanniens aus der EU noch unvorbereitet gegenüber. Die restlichen 53 Prozent der Firmen, die bereits Vorkehrungen getroffen hatten, führten eine Risikobewertung für ihr Geschäftsmodell durch. Sie versuchen vor allem, sich durch eine Umstellung ihrer administrativen Prozesse und die Einrichtung einer Brexit-Task-Force vorzubereiten und die möglichen Auswirkungen nachhaltig zu managen. Das geht aus dem German British Business Outlook 2019 (GBBO) hervor. Dafür hat die KPMG gemeinsam mit der British Chamber of Commerce zwischen dem 20. Dezember 2018 und dem 25. Januar 2019 101 deutsche Unternehmen mit Konzernzentrale in Großbritannien und britische Unternehmen mit Konzernzentrale in Deutschland befragt. Die Studie fokussiert sich insbesondere auf den wirtschaftlichen Blick deutscher Unternehmen in Großbritannien.
Wirtschaft befürchtet verschiedene negative Auswirkungen durch Brexit
40 Prozent der befragten deutschen und britischen Unternehmen prognostizieren wesentliche negative Auswirkungen des Brexit auf ihr Geschäft. 38 Prozent rechnen mit einem moderaten Einfluss. Mit den stärksten Auswirkungen des EU-Austritts Großbritanniens rechnen die Firmen im Bereich der drohenden administrativen Hürden; fast die Hälfte (47 Prozent) sieht hier Probleme. Ebenso viele Unternehmen befürchten einen Umsatzrückgang. Jede vierte Firma (26 Prozent) geht von Störungen in den Lieferketten aus. Rund ein Fünftel der Unternehmen (22 Prozent) erwartet, dass die Zollaufwendungen steigen.
Mit allein 650 000 von britischen und deutschen Unternehmen im jeweils anderen Land direkt Beschäftigten führe die gegenwärtige Lage fast zwangsläufig zur größten Krise zwischen der EU und Großbritannien, sagt Michael Schmidt, Präsident der British Chamber of Commerce. Diese ruft die politischen Entscheidungsträger dringend dazu auf, die vielschichtigen Verbindungen zum Königreich nicht aufs Spiel zu setzen, so Schmidt.
Deutsche Unternehmen sind im britischen Markt wirtschaftlich sehr aktiv. Für einen Großteil der deutschen Wirtschaft ist es daher enorm wichtig, dass der Hard Brexit vermieden wird,
kommentiert Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business der KPMG, die Situation. Auch wenn der Ausgang noch immer unsicher sei, gelte es jetzt, das laufende Geschäft durch geeignete Maßnahmen soweit wie möglich abzusichern.
Maßnahmen für den Worst Case
Sollte es doch zum Worst Case kommen, einem harten Brexit, will ein Drittel der befragten Unternehmen (35 Prozent) seine Planung für Investitionen revidieren. Ein Fünftel (19 Prozent) würde die Personaleinstellungen überdenken und 16 Prozent die Export-Aktivitäten. 13 Prozent der Firmen planen für diesen Fall, ihre Aktivitäten nach Deutschland zu verlagern. Zehn Prozent überlegen, ihre Geschäfte in andere Länder Kontinentaleuropas zu verlagern. Auch nach dem Brexit wollen deutsche Unternehmen dem britischen Markt aber nicht ganz den Rücken kehren. Immerhin fast jede zweite Firma (47 Prozent) würde dort aufgrund der Kundennachfrage weiter investieren.
Die vollständigen Umfrageergebnisse können > hier zum Download angefordert werden.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.