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Geld verteilen oder Performance entwickeln?

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Performance-Management ist auf der Tagesordnung, sagen die 278 von Mai bis Juli befragten Teilnehmer der „Kienbaum Trendstudie Performance Management“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Rund drei Viertel der Teilnehmer planen, in den nächsten zwölf Monaten Änderungen an Instrumenten und Systemen vorzunehmen. Aber befindet sich die Ausgestaltung einer Leistungskultur als Kernbereich der Unternehmensführung in einem gravierenden Umbruch? Bringen agile Formen der Arbeitsorganisation und Feedbackkultur deutliche Veränderungen für die Leistungssteuerung mit sich?

 

Revolution oder Evolution im Performance-Management?

 

Es zeigt sich, dass die Unternehmen mit den Klassikern Zielvereinbarung und Leistungsbeurteilung hadern, diese aber nicht gänzlich in Frage stellen. In der Praxis setzen die Unternehmen großflächig auf Modernisierung und Erneuerung dieser Instrumente bei der Ausgestaltung des Leistungsmanagements. Die Unternehmen beginnen zudem damit, sich stärker mit flexiblen organisationsspezifischen Lösungen in der Leistungssteuerung auseinanderzusetzen, scheuen aber oft den damit verbundenen Aufwand. In vielen Fällen wird darüber nachgedacht, Bonuskomponenten zu kollektivieren. Und viele Unternehmen planen bereits, Performance-Zyklen zu kürzen und Feedbacksysteme zu modernisieren. In dem Nebeneinander der Ansätze zeigt sich zunehmend, dass die vielfach dominierenden Einheitslösungen der Leistungssteuerung nicht mehr als ausreichend erfolgsstiftend für die verschiedenen Anforderungen wahrgenommen werden.

 

Performance entwickeln im Fokus

 

Die Zukunft des Performance-Managements liegt in der integrierten Betrachtung von Leistung, Entwicklung, Potenzial und Incentives. Der Fokus auf die Belohnung vergangener, jahresbezogener Leistungen wird dabei durch kurzfristige, entwicklungs- und lernbezogene Instrumente ergänzt. Die Kompetenzbeurteilung tritt als starke dritte Säule neben Zielvereinbarung und Leistungsbeurteilung. Die Befragten sehen die Bedeutung der Motivations- und Entwicklungsfunktion des Performance-Managements deutlich vor dem Fokus der Leistungsmessung und Ressourcenverteilung. Lediglich ein kleiner, rückläufiger Teil der Unternehmen setzt auf Verteilungsvorgaben oder -quoten.

 

Transformationales Führungsverständnis

 

Die Befragten sind sich einig, dass das ideale Performance-Management eher einem transformationalen, entwicklungsorientierten Führungsverständnis folgt. Im Zusammenhang damit werden etwa Coaching und Mentoring eine hohe Bedeutung beigemessen, ebenso einem zeitnahen Feedback und Freiräumen für die Selbststeuerung. In den aktuellen und geplanten Maßnahmen deutet sich eine Wende hin zu Beurteilungs- und Feedbackformaten im Gegensatz zu eher an Leistungsmessung und Kennzahlen orientierten Instrumenten an. In der Praxis fehlt es aber noch häufig an der konsequenten Umsetzung. Vielmehr macht es den Eindruck, dass die eingespielten, technisch und prozessual etablierten Performance-Management-Systeme den Wandel sogar hemmen.

 

Wege zum Ziel – Instrumente in Transformation

 

Die aktuellen Anstrengungen vieler Unternehmen haben häufiger die Qualitätsverbesserung bestehender Instrumente zum Gegenstand als die Aufstellung neuer, agiler Instrumente. So spielen die jährliche Kompetenzbeurteilung und – bedingt – Mehrfachbeurteilungen zwar eine bedeutendere Rolle, doch die systemisch kurzfristiger angelehnten Ziel-, Beurteilungs- und Feedbackformate sind noch selten. Diese setzen sich im Schatten der dominierenden, etablierten und hochstrukturierten Instrumente sehr langsam durch bzw. werden in der Entwicklung gehemmt. Vor dem Hintergrund neuer Arbeitsformen und aufkommender digitaler Lösungsansätze ist zu erwarten, dass sich unterjährig entwicklungsorientierte und lernbasierte Lösungsansätze auch systemisch weiter durchsetzen und damit die gewünschten transformationalen Führungsansätze sinnvoll unterstützen.

 

Der Bonus bleibt, Schwerpunkte wechseln

 

Die variable Vergütung schmeckt offensichtlich nicht jedem. Dennoch bleibt sie weiterhin in vielen Unternehmen ein wesentlicher Teil der individuellen Vergütung. So wird der komplette Verzicht auf die variable Vergütung weitgehend abgelehnt. Es ist mit einer moderaten Fortsetzung des strukturellen Shifts in Richtung Fixvergütung zu rechnen. Deutlicher werden die Verschiebungen innerhalb der variablen Vergütung hin zu teambezogenen Bonuskomponenten ausfallen. Durch diese Kollektivierung gehen unbestreitbar individuelle Steuerungs- und Anreizmöglichkeiten verloren, die dann durch andere, ggf. nichtfinanzielle, Anreize und durch das Gehaltsmanagement aufzufangen sind. Gerade für die Bindung und Gewinnung von Top-Leistern sind die Beachtung und das proaktive Management dieser Entwicklung von großer Bedeutung.

 

Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen

 

Um innerhalb kurzer, unterjähriger Zyklen reichhaltige Informationen zu Leistung, Kompetenzen und Potenzial einzelner Mitarbeiter zu sammeln und aufzubereiten, ist der Einsatz digitaler Technologien der Schlüssel zum Erfolg. In der Praxis dominieren hausgemachte Varianten Office-basierter Lösungen neben einzelnen, vollständig integrierten Performance-Management-Prozessen in Geschäftsanwendungen und ERP-Systemen. Jedoch ermöglichen diese Systeme bisher mehrheitlich keine Transparenz aggregierter Vergleichswerte aus anderen Unternehmensbereichen.

 

Zusätzlich scheinen die bestehenden Systeme den Wandel im Führungsverständnis noch nicht auf ideale Weise zu unterstützen. Zwar soll die Führungskraft möglichst intensiv und kurzfristig Feedback geben, doch darf sie für diese Kernaufgabe in der Mehrheit der Unternehmen keine digitalen Kanäle nutzen.

 

Erkenntnisse für die Praxis – Thesen zur Evolution des Performance-Managements

 

Für die erfolgreiche Evolution des Performance-Managements spielen zukünftig hybride, organisationsspezifische Performance-Management-Formate eine größere Rolle. Diese sind unternehmensbezogen zu entwickeln bzw. auszugestalten. Besonders in den flexiblen, projekt- bzw. teambezogenen agilen Umfeldern wird darauf zu achten sein, Gehaltsincentivierung weniger individuell und dafür teambezogener auszugestalten. Die unterjährige und eher kurzfristig ausgerichtete Motivationswirkung wird auf entwicklungsorientierten, anlassbezogenen Feedbacks fußen, die in die Gehalts- und Karriereentscheidungen einfließen. Die individuelle Leistungsmessung wird fester Bestandteil des Performance-Managements und der Gehalts- und Karriereentwicklung bleiben.

 

Für die Konzeption von Performance-Management-Instrumenten heißt das, dass die Organisation mit ihren verschiedenen Arbeitsformen im Vordergrund steht. „One size fits all“ wird sich in ein flexibles, für die Organisation sinnvolles Nebeneinander messbarer Zielvereinbarungen, optimierter Leistungsbeurteilungen und entwicklungsorientierter Feedbackformate verschieben. Die Führungsarbeit und HR werden durch die Entwicklung bzw. Auswahl und Adaption geeigneter digitaler Performance-Management-Tools stärker unterstützt als bisher.

 

Was die Unternehmen unter einem idealen Performance-Management verstehen und an welchen konkreten Maßnahmen gearbeitet wird sowie viele weitere Erkenntnisse für die Umsetzung in die Praxis finden sich im Kienbaum-Studienbericht „Geld verteilen oder Performance entwickeln?“ (shop.kienbaum.com/leistungs-management).

 

Hans-Carl von Hülsen,

Senior Expert Compensation & Performance Management,

Kienbaum Consultants International GmbH

www.kienbaum.com

 

Matthias Kopiske,

Consultant Compensation & Performance Management,

Kienbaum Consultants International GmbH

matthias.kopiske@kienbaum.de