Zum Jahreswechsel 2018/2019 beleuchtete die Unternehmensberatung Deloitte im Rahmen ihrer Metastudie „Back to the future – Assessing the predicted 2018 global mobility trends and their continued impact in 2019“ die Global-Mobility-Trendthemen des abgelaufenen Jahres. Darauf aufbauend wurden die Entwicklungstendenzen für das kommende Jahr abgeleitet.
Weitere Diversifizierung von Global Mobility
Fakt: Ein anhaltender Trend der vergangenen Jahre ist die zunehmende Diversifizierung von internationalen Mitarbeitereinsätzen. Damit geht eine höhere Flexibilisierung der Global Mobility Policies und der operativen Abwicklungsmodelle einher. Während die klassischen mittel- und langfristigen Entsendungen weiterhin Bestand haben, nimmt die Anzahl der kurzfristigen, flexiblen Auslandseinsätze weiterhin zu. Zudem lässt sich erkennen, dass Unternehmen aus Kostengründen vermehrt auf lokale Versetzungen und Neueinstellungen im Gastland setzen. Der verstärkte Einsatz von Technologie führt darüber hinaus zu einem geringeren Bedarf grenzüberschreitender Mitarbeitereinsätze. Grund: Durch „Virtual Teaming“ und „Augmented Reality“ ergibt sich die Möglichkeit, die internationale Zusammenarbeit mithilfe von Echtzeit-Kommunikationsmitteln, Videokonferenzen et cetera völlig neu zu gestalten. Ferner übernehmen Global-Mobility-Teams in vielen Unternehmen zusätzliche Aktivitäten wie beispielsweise internationales Recruiting und globale Personaleinsatzplanung.
Transfer: Unternehmen sollten die Flexibilisierung ihres Entsendeprogramms – sowohl im Hinblick auf ihre Richtlinien als auch auf die Service-Erbringung ihrer Verantwortlichen – in den Fokus nehmen. Entscheidend ist hierbei, dass sich internationale Entsendungen an den spezifischen Geschäftsanforderungen des Unternehmens sowie den individuellen Mitarbeiterbedürfnissen ausrichten. Als weitere Entwicklungstendenz für das Jahr 2019 ist abzusehen, dass zusätzliche Verantwortlichkeiten die Global-Mobility – Funktion in ihrer Rolle als strategischer Business Partner, Talententwickler und Mitarbeitercoach weiter stärken werden. Dies birgt für Entsendeexperten gleich zwei Chancen: Zum einen werden sie frühzeitig in strategische Unternehmensentscheidungen ein bezogen. Zum anderen können sie internationale Entwicklungen durch ihre Expertise aktiver mitgestalten.
Der Mitarbeiter im Fokus von Global Mobility
Fakt: Ein internationaler Einsatz greift nicht nur in berufliche, sondern auch intensiv in die persönlichen Bereiche des Mitarbeiters ein. Eine integrative und auf den Menschen ausgerichtete Auslandserfahrung können das Engagement und die Produktivität des Mitarbeiters bewiesenermaßen nachhaltig erhöhen. Daher wollen Unternehmen die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter verstärkt in den Mittelpunkt stellen. Sie vermitteln dem Mitarbeiter, dass seine individuellen Bedürfnisse als mindestens genauso wichtig gewertet werden wie die vom Unternehmen vorgegebenen Rahmenwerke und Policies. Diese Entwicklung geht auch einher mit einer veränderten Erwartungshaltung des Arbeitnehmers. Während lange Zeit vor allem attraktive Vergütungspakete als primärer Anreiz für Auslandsentsendungen galten, rücken bei einem auf den Menschen ausgerichteten Mobility-Ansatz die Sinnstiftung des internationalen Einsatzes sowie die Themen Well-being, Wertschätzung und Personalentwicklung vermehrt in den Fokus.
Transfer: Für die erfolgreiche Entwicklung eines auf den Arbeitnehmer fokussierten Entsendeprogramms sollten Unternehmen aber nicht nur seine Interessen betrachten. Vielmehr müssen sie auf alle am Entsende – prozess beteiligten Stakeholder (Business, Controlling/ Accounting, verschiedene HR-Bereiche, externe Dienstleister, Global-Mobility-Funktion und andere) eingehen und auf diese Weise einen optimierten End-to-End- Prozess gewährleisten. Intuitive und sinnstiftende Global-Mobility-Programme können zum Beispiel durch die Anwendung von Design-Thinking-Methoden entwickelt werden. Vier Faktoren haben maßgeblichen Einfluss auf die Employee Experience während eines Auslandseinsatzes: die operative Betreuung, Wellbeing, berufliche Sinnstiftung und finanzielle Sicherheit. Für die Unternehmenspraxis ist es ebenso wichtig, diese Aspekte nicht völlig losgelöst vom Trend der zunehmenden Global-Mobility-Diversifizierung zu betrachten. Auch bei stärkerem Augenmerk auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter muss das Unternehmen gewisse Standards für Auslandseinsätze schaffen. Es ist daher entscheidend, eine Balance zwischen erforderlicher Struktur und ausreichender Flexibilität in den Entsenderichtlinien und -prozessen zu finden.
Digitalisierung der Global-Mobility-Funktion
Fakt: Digitalisierung war bereits im vergangenen Jahr in den meisten Unternehmen eine der wichtigen Prioritäten. Die Ergebnisse der von Deloitte 2018 durchgeführten Studie „Global Human Capital Trends“ zeigen, dass in etwa die Hälfte der befragten Unternehmen zukunftsweisende Technologien im Einsatz haben. Auch in die Entsendeabteilungen vieler Unternehmen hat die Digitalisierung Einzug gefunden. Das Spektrum der Aktivitäten reicht hierbei von vereinzelten operativen Digitalisierungsbemühungen bis hin zur strategischen Entwicklung digitaler Prozesse. Der digitale Reifegrad des Gesamtunternehmens spielt dabei eine wichtige Rolle.
Transfer: Für Unternehmen bietet die Digitalisierung die Möglichkeit, ihre Entsendeprogramme durch die Implementierung von automatisierten Prozessen kritisch zu reflektieren und neu zu denken. So können beispielsweise fest etablierte Arbeitsabläufe flexibilisiert und vereinfacht werden. Auch kann die Automa – tisierung genutzt werden, um die Vielzahl an wiederkehrenden, administrativen Aktivitäten zu reduzieren und mehr Raum für beratende Tätigkeiten zu schaffen. Die seit Jahren geforderte Stärkung des Beratungsfokus der Global-Mobility-Funktion – weg von administrativen Tätigkeiten hin zum strategischen Business Partner – kann dadurch beschleunigt werden. Einführungen von digitalen Austauschplattformen wie Dashboards stellen sicher, dass alle am Entsende – prozess beteiligten Stakeholder jederzeit und ortsunabhängig auf sämtliche erforderlichen Informationen zugreifen können. Die dadurch gesteigerte Transparenz ermöglicht, dass der Gesamtprozess eines Auslandseinsatzes reibungsloser gesteuert und die funktionsübergreifende Zusammenarbeit verbessert werden können. Die Konsolidierung und Auswertung aller im Rahmen des Lebenszyklus eines Auslandseinsatzes gesammelten Daten erlauben Analysen, die als Basis für Entscheidungen im Bereich Talent, internationale Personalplanung und in der globalen HR-Programmplanung herangezogen werden können. In Anbetracht dieser Entwicklungen ist es für die Verantwortlichen in der Praxis von besonderer Bedeutung, die eigene digitale Entwicklung im Blick zu halten. Noch findet die technologische Prozessunterstützung zu wenig Anwendung.
Global Mobility richtet sich in den meisten Unternehmen an einer zunehmend digitalen Belegschaft aus. Für die Verantwortlichen ist es daher unverzichtbar, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten. Aufgrund der zunehmenden Diversifizierung der Entsendungsarten nimmt die Anzahl der gleichartigen, standardisierten Auslandseinsätze tendenziell jedoch eher ab. Daher sollte vor der Investition in Technologielösungen eine genaue Analyse der Einsatzbereiche und der Wirtschaftlichkeit erfolgen.