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Mit Digitalisierung zu neuen Strukturen – HR als Treiber der Transformation

Die digitale Transformation bei der Commerzbank hat vier wesentliche Auslöser, wie Daniel Schmitt berichtet. Der erste Faktor ist ein veränderter Kundenbedarf. „Unsere Kunden erwarten von uns als Bank einen Online- und einen Mobile-Zugang zu ihren Konten“, sagt Daniel Schmitt von der Commerzbank. „Damit rückt das Kundenerlebnis auch für uns immer mehr in den Vordergrund.“ Der Wettbewerb sei strategisch ähnlich unterwegs. Der zweite Aus­löser für Change ist das Niedrigzinsumfeld, indem Kredite günstig sind, aber Sparkonten kaum noch Rendite einbringen. „Die Gewinnmargen einer Bank werden dadurch kleiner, und entsprechend müssen wir unser Geschäft skalieren“, beschreibt der HR-Experte.

Der dritte Treiber der digitalen Transformation für die Privatbank ist die Regulatorik. Das bedeutet für die Commerzbank auf der einen Seite einen erheblichen bürokratischen Aufwand, auf der anderen Seite eine Hürde für wachsen­de Wettbewerber wie Fintechs, die dadurch den Weg zu einer Universalbank kaum gehen kön­nen. Um auf die Herausforderung durch Fintechs in den Erlebniswelten für einzelne Produktsparten antworten zu können, hat die Commerzbank den Campus 2.0 eingerichtet. Dort sind interdisziplinäre Teams in agilen Strukturen unterwegs. „Heute haben wir bereits 5.000 Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale in agilen Strukturen beschäftigt“, berichtet Daniel Schmitt.

HR steht damit vor der Herausforderung, neue Führungsrollen und ein neues Führungsverständnis zu entwickeln und zu implementieren, differenziert nach fachlicher Führung, nach in­terdisziplinärer Ausrichtung und nach Methodentreibern. „HR ist an dieser Stelle der Enabler und muss dafür sorgen, dass den Führungs­kräften die richtigen Skills zur Verfügung ste­hen“, so Schmitt. Ein zweites Ziel ist an dieser Stelle die Diversität der agilen Teams. Hier kommen IT-Experten, UX-Designer und Bank­fachleute zusammen, die gemeinsam Lösungen für die betriebliche Praxis entwickeln. Da­bei kommen agile Methoden, aber oft auch ganz bewusst nicht agile Methoden zum Einsatz. In jedem Fall muss die Commerzbank eine ganz neue Arbeitgebermarke am Markt platzieren, und HR begleitet diesen Change. 

Agiles Denken ist bei Swisscom kulturprägend

Der Schweizer Telekommunikationskonzern Swisscom befindet sich als Technologieanbieter bereits seit fünf Jahren in der Transformati­on hin zu einem Softwareunternehmen. Inzwi­schen ist jeder dritte der insgesamt 18.000 Mitarbeiter in agilen Strukturen, also in Value Streams oder in Tribes, organisiert. „Agiles Den­ken ist auch bei den 12.000 Kollegen in hier­archischen Strukturen ausgeprägt“, sagt Dag­mar Fresenius. Sind die Hierarchien flach und ist die eigene Verantwortung hoch, legen die einzelnen Teams großen Wert auf Transparenz.

Das gilt auch für den HR-Bereich, in dem die Teams freien Zugang zu Informationen und Daten erwarten. „Gerade die Forderung nach Transparenz im Vergütungsbereich stellt hohe Anforderungen an die Analytics-Funktion von HR“, so Fresenius. Damit ist die Anforderung an die zuständigen Data-Scientists verbunden, aufgeworfene Fragen konsequent zu Ende zu denken: Welche Wirkung und welche Ergebnis­se will ich durch die Auswertung personalisier­ter Daten erzeugen? Welcher Impact lässt sich im Business erzeugen? Durch solche Fragen will Swisscom Neugierde erwecken? Neugierde – ein weiterer zentraler Wert des Unternehmens.

Vor allem begreift Dagmar Fresenius die Daten der Mitarbeiter nicht als Besitz des Arbeitgebers, sondern als Leihgabe, mit denen das Unternehmen verantwortungsvoll und im Sinne der Beschäftigten arbeiten muss. Deshalb ver­folgt Swisscom das Ziel, Data-Analytics vor al­lem zum Nutzen der Mitarbeiter einzusetzen. Methodisch geht es dabei auch um Mythbustering, um das Belegen oder Widerlegen von Hypothesen. Auch im Performance-Management kommen Data-Analytics zum Einsatz. „Wenn ich laut den Daten einen guten Performer vor mir habe, der seine Leistung in einem günsti­gen Umfeld erbracht hat, habe ich es vielleicht in Wirklichkeit mit einem schlechten Performer zu tun“, erläutert die HR-Expertin. „Eine andere Perspektive hilft, dieselben Dinge von einer an­deren Seite zu betrachten.“

Gerade in der Arbeitswelt 4.0 sind neue Skills gefordert. Um darüber die Mitarbeiter zu guten Leistungen zu motivieren, braucht es auch die passende Arbeitsorganisation. „Wir wollen zufriedene Kunden haben, und dafür brauchen wir zufriedene Mitarbeiter“, ist das Fazit von Dagmar Fresenius. 

HR als Treiber der digitalen Transformation

Engelbert Strauss, Hersteller von Arbeitsbeklei­dung, beschäftigt derzeit 1.400 Mitarbeiter im Work Valley. „Wir sind in den zehn zurückliegen­den Jahren rasch gewachsen“, sagt David Schülke. „Deshalb ist Strukturplanung für uns ein großes Thema, Digitalisierung ist sogar noch größer.“ In solchen Change-Prozessen komme es vor allem darauf an, dass die Menschen diese Veränderungen akzeptierten. „Und HR ist der Treiber der digitalen Transformation schlechthin“, hebt der Personalleiter hervor. „Wir moderieren die Transformation, indem wir die Führungskräfte befähigen, wiederum ihre Mitarbeiter zu motivieren, die Digitalisierung positiv anzunehmen und in der beruflichen Praxis umzusetzen.“ Viele Prozesse müssten digitalisiert werden, weil dies schlichtweg not­wendig sei. Nur so ließen sich Prozesse verein­fachen, und jeder einzelne Mitarbeiter profitiere letztlich davon.

Als Beispiel für das optimale Zusammenwirken von Digitalisierung und Technologie beschreibt David Schülke eine neue Fabrik von Engelbert Strauss im Main-Kinzig-Kreis. „Durch das Zu­sammenwirken von beiden Elementen haben wir die Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter deutlich verbessert“, sagt er. „Hier kommen Ware und Material zum Mitarbeiter, und nicht mehr umgekehrt.“

Im Recruiting setzt Engelbert Strauss auf zeitversetzte Videointerviews. „Die Bewerber ha­ben dadurch die Möglichkeit, sich noch individueller zu präsentieren“, so Schülke, „und wir von HR und die zuständigen Führungskräfte können uns die Bewerbung anschauen, wann es uns zeitlich am besten passt – das ist sehr zeiteffizient.“ HR-Software unterstützt zudem dabei, in vielen Personalfragen und HR-Aufga­ben Transparenz zu schaffen.

Auch für eine bessere Kommunikation inner­halb von HR hat Engelbert Strauss eine digitale Lösung neu eingeführt: ein soziales Medium und eine App mit Namen Bird. „Dieses soziale Intranet dient uns vor allem für die Interaktion“, sagt Schülke. In der Pandemie profitiert das Unternehmen von Anfang an von dieser digita­len Infrastruktur, weil die Mitarbeiter darüber auch während des Lockdowns gut erreichbar sind. „Wir konnten dadurch alle relevanten Inhalte teilen, vom Hygienekonzept über Video­botschaften der Geschäftsführung bis zur Anfahrtsbeschreibung für unseren Corona-Drive-in.“ So gewann HR noch mehr an Sichtbarkeit und wurde der Treiber der Kommunikationskul­tur bei Engelbert Strauss. „Am Ende muss ein Mensch die digitalen Tools bedienen, und da­bei holen wir unsere Mitarbeiter ab.“