Personalabteilungen beteiligen sich an der digitalen Transformation ihrer Unternehmen häufig nicht besonders intensiv. Das Engagement von HR bewegt sich eher im Mittelfeld: Es liegt auf einer Skala von eins bis sechs, wobei sechs für die größtmögliche Einbindung steht, bei 3,65. Lediglich 14 Prozent der Personaler sehen die eigene Abteilung in der Verantwortung. Stattdessen betrachten mehr als drei Viertel (77 Prozent) den Vorstand und 28 Prozent die IT als Treiber für die digitale Transformation. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Studie „Digitalisierung@HR“, die das > Kienbaum Institut@ISM für Leadership & Transformation durchgeführt hat. Dafür wurden 270 Unternehmen und deren Personalabteilungen danach befragt, wie stark die Personalfunktion in die digitale Unternehmenstransformation eingebunden ist.
Die Personaler lassen sich abhängen – und werden abgehängt, weil sie im digitalen Veränderungsprozess nicht als relevanter Partner des Managements wahrgenommen werden. Das ist ein großes Problem, denn die digitale Transformation in den Unternehmen kann nur mit den Menschen gelingen,
mahnt Walter Jochmann, Geschäftsführer des Forschungsinstituts von Kienbaum und der Wirtschaftshochschule International School of Management (ISM). Digitale Technik ohne Anwender bleibe ungenutztes Potenzial, hier sei HR gefordert, so Jochmann.
Weiß HR nicht, auf welche Personalinstrumente es ankommt?
Die Einstellung der Personaler zum Thema Digitalisierung liegt laut Studie vermutlich auch daran, dass nur die wenigsten befragten HR-Abteilungen eine digitale Teilstrategie erarbeitet haben, die konkrete Ziele und Projekte festhält und misst. Ein Grund dafür könnten falsche Einschätzungen sein, welchen Beitrag der Personalbereich für das Unternehmen hierbei leisten könnte oder sollte. So schätzen die Personaler das, was sie zum Gelingen der digitalen Transformation beitragen können, völlig anders ein als von Kienbaum befragte unabhängige Experten: Die Personalentscheider halten Arbeitgeberattraktivität, kontinuierliches Lernen und Qualifizierung sowie optimierte Rekrutierungsprozesse für die drei Personalthemen, deren Bedeutung durch die Digitalisierung am meisten zunehmen wird. Dagegen kommt es nach Meinung der Experten bei der digitalen Unternehmenstransformation auf ganz andere Personalinstrumente an: Change Management inklusive interner Kommunikation und Agenda Setting. Dazu gehöre das Begleiten des Kulturwandels und die Einführung von Kollaborationsplattformen für virtuelle Führung.
HR sieht die Digitalisierung bisher nur als Möglichkeit zur Selbstoptimierung von Prozessen. Nur die wenigsten erkennen die Chance, an der strategischen Entwicklung des Unternehmens mitzuwirken,
kommentiert Prof. Dr. Stefan Diestel, akademischer Leiter des ISM, die Ergebnisse der Studie.
Einigkeit mit Experten: Mobile Anwendungen werden wichtiger
Befragt danach, welche digitale Neuerung die größte Auswirkung auf ihren Bereich haben wird, nannten 84 Prozent der Personaler die sozialen Medien. Die befragten Experten hingegen sind davon überzeugt, dass sogenannte People und Predictive Analytics, die digitale Analyse von Personaldaten und Vorhersage von Mustern, die Personalarbeit zukünftig am stärksten prägen werden. Sowohl die Personaler als auch die Experten sind sich allerdings einig, dass mobile Applikationen sowohl für die Unternehmen insgesamt als auch für den Personalbereich immer wichtiger werden.
Hybride HR-Funktionen versprechen am meisten Erfolg
Die Studienautoren nahmen außerdem eine Unterteilung der aktuell bestehenden HR-Funktionen in vier Gruppen vor. Eine Gruppe bilden die „Conservatives“, die an alten Strukturen und Prozessen festhalten. Die „Technophiles“ investieren derzeit stark in Digitalisierung, verpassen es aber, sich entlang des Tagesgeschäfts auszurichten. Die Gruppe der „Entrepreneurs“ hat zwar eine besonders intensive unternehmerische Ausrichtung, aber die technologische Dimension noch zu wenig im Blick. Und schließlich gibt es die sogenannten „Hybrids“. Diese HR-Bereiche weisen einen hohen Digitalisierungsgrad ihrer eigenen Produkte und Prozesse auf und sind gleichzeitig in der Gesamtorganisation nah am Tagesgeschäft positioniert. Damit steuern sie, so die Studie, am meisten zum unternehmerischen Erfolg bei.