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HR und CB als Enabler für das Business und die Mitarbeiter

Frau Prang, Sie bekleiden bei McDonalds eine Corporate-Rolle für ein US-Unternehmen aus Deutschland heraus. Lässt sich die Compensation & Benefits-Praxis in Deutschland mit der in den USA vergleichen?

Yvonne Prang:
Deutschland und die USA lassen sich kaum miteinander vergleichen, weil die Sozialsysteme, Kulturen und Vergütungssysteme verschieden sind. In Deutschland wollen viele Unternehmen fair und gleich vergüten. Die Herausforderung für Unternehmen besteht oft darin, zu definieren, welche Jobs und welche Mitarbeiter denn miteinander vergleichbar sind und daher gleich oder ähnlich vergütet werden sollten. Amerikaner wollen viel stärker differenzieren. Dort passt der Total-Rewards-Ansatz mit einem Budget für einen Mitarbeiter besser. Solche eher innovativen Wege in Deutschland zu gehen sind eine Herausforderung, denn der rechtliche und steuerliche Rahmen ist nicht immer flexibel. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Gruppe der CB-Manager in Deutschland recht klein ist. Die Schnittmengen mit angrenzenden Funktionsgruppen wie Finance, Arbeitsrecht im Legal-Umfeld oder auch HR-Generalisten sind fließend. Das erschwert eine Abgrenzung. Das Aufgabenfeld eines CB-Managers ist anspruchsvoll und erfordert eine Spezialisierung, doch in Deutschland wird immer noch keine Hochschulausbildung für dieses Berufsfeld angeboten. Die meisten Kollegen sind Quereinsteiger, die nach einem Studium das CB-Handwerk on the Job gelernt haben. Auch gibt es nur wenige Weiterbildungsmöglichkeiten.

In welche Richtung entwickelt sich die CB-Rolle derzeit?

Yvonne Prang: Der CB-Manager ist ein Spezialist, der Menschen und Zahlen zusammenbringen muss. Dazu gehört die Analyse von Daten und Fakten und die Steuerung der Wirkung von Vergütung. Da wir dieses Handwerk beherrschen, hat CB im Silo lange gut funktioniert. Die neue Arbeitswelt wird aber immer komplexer und verändert sich immer schneller, so dass sich die Unternehmen, HR und CB mit neuen Aufgaben, Zielen und Strukturen auseinandersetzen müssen. Durch die Digitalisierung werden künftig mehr transaktionale Aufgaben von HR und CB von intelligenten Systemen übernommen. Dadurch lassen sich viele Arbeiten effizienter und flexibler erledigen. CB-Manager bekommen mehr Zeit, um ihre Fachexpertise für die großen Herausforderungen zu verwenden und sich mit dem Business und dem gesamten Personalbereich besser zu integrieren. CB bleibt durch immer wieder neue Anforderungen anspruchsvoll, doch wir sollten digitale Möglichkeiten nicht nur dafür nutzen, die wachsende Komplexität unserer Aufgaben zu meistern. Wir müssen vielmehr unseren Kunden viel einfachere Lösungen anbieten.

Was meinen Sie damit genau?

Yvonne Prang: Für uns CB-Manager reicht es nicht mehr aus, allein analytisch und technisch gut zu sein. Wir müssen viel mehr die Wünsche unserer Kunden, also die des gesamten Unternehmens, der Führungskräfte und der Beschäftigten, besser verstehen, indem wir uns als Partner des Business und als Dienstleister positionieren. Wir müssen unsere Kunden in die Lage versetzen, auf Basis verfügbarer Informationen die für sie besten Entscheidungen zu Vergütung und Benefits selbst zu treffen. Das gilt für Top-Entscheider, Führungskräfte und Mitarbeiter. Wir wünschen uns Mitarbeiter, die den Wandel in der Arbeitswelt und die digitale Transformation meistern, aber dazu müssen wir sie befähigen. Wir bieten Self-Service-Funktionen an, doch die Mitarbeiter müssen persönlich abgeholt werden. Dazu bedarf es einer starken Partnerschaft in der gesamten HR-Funktion mit dem Ziel, den Kunden bestmöglich zu unterstützen.

HR und CB sollen also stärker die Rolle des Enablers für das Business und die Mitarbeiter übernehmen?

Yvonne Prang: Das muss der Anspruch einer modernen Personalorganisation sein. Wir CB-Manager befinden uns auf der Reise in Richtung der digitalen Transformation. Viele von uns müssen als Business-Partner noch um ihren Platz am Tisch der strategischen Entscheider ringen. In der Vergangenheit haben wir oft nicht alle mitgenommen, sondern unsere Mitarbeiter verloren. Der Fokus des Business-Partners auf die Führungskräfte hat dazu geführt, dass gerade in großen Organisationen Mitarbeiter keinen festen Ansprechpartner bei HR mehr hatten. Zwar ist ein Call-Center die effizientere Anlaufstation aus Sicht eines Unternehmens, doch die Beschäftigten entwickeln kein Vertrauen und keinen persönlichen Bezug zu einem Call-Center. Wir wollen, dass die Mitarbeiter in Zukunft mehr Fragen rund um HR und Vergütung selbständig entscheiden. Dafür benötigen sie personalisierte Informationen und Vertrauen.

Welche Rolle spielen Führungskräfte beim CB-Management?

Yvonne Prang: In den allermeisten Unternehmen gehört es inzwischen zum Funktionsprofil einer Führungskraft, eine Reihe von Aufgaben in einem Manager-Self-Service zu übernehmen. Dem stehen nicht alle Führungskräfte offen gegenüber. Wir haben in der Vergangenheit viele Führungsaufgaben, die oft sehr technisch sind, und viel Verantwortung auf die Führungskräfte abgewälzt. Bei CB ist die technische Komplexität noch einmal größer als in anderen HR-Funktionen. Wenn wir das Vertrauensverhältnis, das eine Führungskraft zu ihren Mitarbeitern hat, positiv nutzen möchten, um Mitarbeiter über unsere Programme zu informieren, und ihre Entscheidungen selbst zu treffen, dann müssen wir einfacher werden, damit unsere Führungskräfte dieser Aufgabe auch gerecht werden können. Vertrauen gewinnen wir nur durch exzellente Kommunikation in Verbindung mit einem bekannten Gesicht zurück.

Immer mehr Unternehmen stellen sich in Teilen agil auf. Wie wirkt sich die Entwicklung auf Vergütungsmodelle aus?

Yvonne Prang: Agilität eröffnet einer Organisation neue Möglichkeiten. Deshalb muss das Management festlegen, nach welchen Prinzipien es das Unternehmen oder Teile davon neu aufstellen will. Agilität bedeutet mehr Bewegung und Flexibilität. Damit verändern sich Rollenprofile. Immer häufiger nimmt eine Person in Projekten zeitlich befristet verschiedene Rollen ein, mal als Leiter, mal als Experte. Je flexibler das Rollenprofil eines Mitarbeiters ist, desto schwieriger ist es, seinen Wertbeitrag angemessen zu vergüten. Wegen der Unzufriedenheit mit Incentivemodellen über individuelle Ziele haben viele Betriebe Profit-Sharing-Modelle eingeführt. Hier gilt es, den Mitarbeitern aufzuzeigen, wie sie mit ihrer individuellen Leistung zum Unternehmenserfolg beitragen und angemessen daran partizipieren. Viele Start-ups denken Vergütung neu und probieren hemdsärmelig aus, aber bislang fehlt eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, wie agile Organisationen am besten vergüten. Jedes Unternehmen sollte ein Modell entwickeln, das am besten zur eigenen Kultur und zum Geschäftsmodell passt, anstatt Trends nachzulaufen.