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„Für den Nutzer ändert sich nichts“

Prof. Luis Ángel Ullivarri; Bild: privat
Prof. Luis Ángel Ullivarri; Bild: privat

Personalwirtschaft: Herr Ullivarri, in welchen Personalbereichen könnte die Blockchain-Technologie künftig verstärkt zum Einsatz kommen?
Professor Luis Ángel Ullivarri: Die Blockchain kann in allen Personalbereichen, die Daten nachverfolgen und die Integrität der Daten überprüfen müssen, von großer Hilfe sein. Die größten Vorteile ergeben sich zunächst beim Recruiting und den damit verbundenen Aufgaben. Das gilt sowohl für die gezieltere Suche nach geeigneten Kandidaten als auch für deren schnellere Auswahl und Anstellung. Darüber hinaus wird das zu einer besseren Erfolgskontrolle führen, das heißt, zu weniger Fehlbesetzungen.

Welche Vorteile bietet denn die Technologie?
Die Informationen, die von einem Bewerber zur Verfügung gestellt werden, sind alle genau zu überprüfen, ob Ausbildung, Weiterbildung, Positionen und Funktionen oder Gehälter. Die Blockchain sorgt für mehr Transparenz, bessere Vergleichbarkeit und mehr Ehrlichkeit.

Gibt es auch Nachteile?
Die Blockchain braucht die enge Zusammenarbeit von vielen unterschiedlichen Playern, von Universitäten, Unternehmen und Verwaltung, um ihren vollen Nutzen zu entfalten. Es braucht Zeit, bis so eine Zusammenarbeit eingespielt ist.

Wird es für Personaler einfach sein, derlei Lösungen anzuwenden?
Die › Distributed-Ledger-Technologie, die Blockchain zugrunde liegt, macht aus operativer Sicht für den Nutzer keinen Unterschied. Für ihn ändert sich gegenüber der Nutzung traditioneller Datenbanken nichts.

Für den Betrieb von Blockchain-Technologie im Personalwesen ist aber bestimmt spezielle Software erforderlich.
Wir denken, nicht. Und wir erwarten, dass die Systeme, die heute im Einsatz sind, über eine Schnittstelle an die Blockchain angebunden werden, entweder um sie zur Beschaffung von vertrauenswürdigen, sicheren Informationen zu nutzen, oder um Informationen für Dritte zur Nutzung bereitzustellen.

Welche Kosten entstehen für den Einsatz in HR?
Wir erwarten keine Zusatzkosten gegenüber heute. Wir denken, in drei bis vier Jahren ist es eine Commodity, ein Standardprodukt. Die Nutzer, die HRler, werden sich dann gar keine Gedanken mehr machen, welche Technologie im Hintergrund arbeitet, und ob die Daten über Blockchain-Technologie zur Verfügung gestellt werden oder über eine andere traditionelle Datenbanktechnik.

Wer kümmert sich im Unternehmen normalerweise um die Funktions-, beziehungsweise die Einsatzfähigkeit der Blockchain? Die IT? Die Fachabteilung? Jemand anderer?
Das sind diejenigen, die sich bisher um Datenbanken gekümmert haben oder HR die Technologie bereitstellen, die sie einsetzt, um ihre Arbeit so effizient wie möglich zu machen. In ein paar Jahren wird HR die Technologie einfach nutzen, als reiner Anwender, der sich keine Gedanken darüber machen muss, wie es im Einzelnen funktioniert. Heute ist der Personaler ja typischerweise auch kein IT- oder Datenbankexperte.

Was denken Sie, wie lange es möglicherweise dauern wird, bis sich diese Technologie – wenn überhaupt – in bestimmten Bereichen von HR hierzulande durchsetzt?
Wir sind bereits in der Testphase mit Unternehmen und es gibt Anbieter speziell für HR beziehungsweise Hiring oder Recruiting. Die großen HR-Service-Provider arbeiten zudem mit Hochdruck daran, Blockchain-basierte HR-Lösungen einzusetzen oder bereitzustellen.

Zur Person:
Professor Luis Ángel Ullivarri lehrt an der Financial
Times/IE Business School Corporate Learning Alliance in den Bereichen
Technologie und Operations. Er ist Wirtschaftsingenieur und promoviert
derzeit an der Universidad Rey Juan Carlos.
Bei der › FT/IE
Business School Corporate Learning Alliance

handelt es sich um ein 2015 ins Leben gerufenes Joint Venture der
Financial Times (London) und der IE Business School (Madrid). Es
kombiniert Wirtschaftswissen, Journalismus, akademische Exzellenz und
ein globales Netzwerk von Lehrkräften, um maßgeschneiderte Programme für
Corporate Learning und Führungskräfteentwicklung in mehreren Sprachen
für nahezu jeden Sektor weltweit anzubieten.

Ulli Pesch ist freier Journalist und schreibt regelmäßig über das Thema HR-Software in der Personalwirtschaft.