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Kaum eigene unternehmerische Erfahrung

Fast alle der derzeigen DAX-Chefs waren vorher angestellte Manager ohne unternehmerischen Hintergrund.
Bild: © Julian Weber/Fotolia.de
Fast alle der derzeigen DAX-Chefs waren vorher angestellte Manager ohne unternehmerischen Hintergrund.
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Woher kommen eigentlich die DAX- und Dow-Jones-Chefs? Eine aktuelle Analyse hat ihre beruflichen Lebensläufe einmal unter die Lupe genommen. Danach waren die meisten Dax-Vorstandsvorsitzenden nie selbst als Unternehmer tätig, anders als die Chefs der NASDAQ-100-Konzerne. Doch in Zukunft könnten sich auch die Vitae der DAX-Chefs verändern.

Von den heutigen DAX-Chefs haben sich nur zwei schon einmal selbst als Unternehmer betätigt: Adidas-Chef Herbert Hainer hatte nach dem Studium zunächst eine Bar eröffnet, bevor er die Manager-Karriere einschlug. Und der Amerikaner Bill McDermott, CEO von SAP, gründete schon mit 17 Jahren ein Delikatessengeschäft. Ein größeres Unternehmen hat jedoch keiner der heutigen DAX-Chefs selbst aufgebaut. Im Dow-Jones-Index hat bisher sogar keiner der 30 CEOs bereits ein eigenes Unternehmen gegründet und geführt. Das zeigt eine Untersuchung von > Korn Ferry. Untersucht wurden die 31 (Co)-Vorstandsvorsitzenden der deutschen DAX-Konzerne, die 30 CEOs der Dow-Jones-Unternehmen und außerdem die hundert CEOs im NASDAQ-Index auf Basis öffentlich zugänglicher Quellen.

Wer heute CEO eines gelisteten Großunternehmens ist, der habe seine Karriere in der Linie und im Anschluss im angestellten Management verbracht, sagt Hubertus Graf Douglas, Geschäftsführer von Korn Ferry in Deutschland:

Die aktuelle Chef-Generation ist einer Zeit entsprungen, in der Gründergeist weniger gefragt war, als das Erbe der Gründergeneration davor zu mehren oder zu erhalten. Jeder bekam sofort einen Job, da stellt sich die unternehmerische Frage häufig gar nicht.

Heute sehe das für die jungen High Potentials ganz anders aus, so Douglas, da viele Unternehmen mit Konsolidierung und Einsparungen beschäftigt seien und viele junge Menschen ihre Karriereperspektiven nicht mehr in den etablierten Konzernen sähen.

Im NASDAQ-100 führt fast jeder dritte Chef seinen Konzern operativ

Anders als im DAX sieht es bei Technologie-Firmen im NASDAQ-100 aus: Fast ein Drittel der Chefs sind oder waren dort auch selbst Unternehmer und führen ihre eigens gegründeten Konzerne auch heute operativ als CEO. Dazu zählen unter anderem Mark Zuckerberg von Facebook, Jeff Bezos von Amazon sowie lon Musk (Tesla), Larry Page (Alphabet) und Reed Hastings (Netflix). Insgesamt werden 29 der hundert Firmen an der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ von Unternehmern geführt, davon sind 19 der Chefs im Software-, Internet- und IT-Umfeld tätig. Das sei nicht verwunderlich, findet Alexander Wink, Senior Client Partner und Leiter der Digital-Sparte von Korn Ferry in EMEA. Technologie erfordere Innovation und diese erfordere Unternehmertum, da sie stets mit großem Risiko einher gehe.

Hierzulande überwiegen – noch – gerade Karrieren

Die Berufswege der NASDAQ-Chefs zeigen darüber hinaus, dass viele heutige CEOs bereits als Angestellte arbeiteten, dann als Unternehmer und heute wieder als angestellte Manager. Zum Beispiel hatte Shantanu Narayen, derzeit CEO von Adobe Systems, nach verschiedenen Manager-Funktionen zunächst das eigene Unternehmen Pictra Inc. gegründet, bevor er zu Adobe wechselte. Solche Karrieren, die einen Wechsel zwischen angestellt sein und dem Agieren als Unternehmer kombinieren, gibt es in Deutschland so gut wie gar nicht, stellt Hubertus Douglas fest. Er prognostiziert jedoch, dass das in zwanzig Jahren ganz anders aussehen wird, wenn die heute junge Generation die Chefreife erreicht hat. Wegen der vollkommen unterschiedlichen Rahmenbedingungen und damit fundamental anderen Biographien werde es einen signifikanten Anteil an ehemaligen Gründern in Vorständen großer Konzerne geben, so Douglas, und damit eine Generation von Chefs, die am eigenen Leib erfahren habe, was es heißt, Risiken einzugehen und mit ihnen umzugehen.

Nach Meinung von Alexander Wink würden Chefs mit unternehmerischer Erfahrung auch heute schon vielen Konzern gut tun. Gerade in einer Zeit, in der viele Firmen sich den „Unternehmer im Unternehmen“ wünschten, sei es geboten, sich von den „geraden“ Lebensläufen der Vergangenheit abzuwenden und auf die diejenigen zu schauen, die die Probleme von morgen lösen könnten.