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Mehr als jeder Zweite geht vorzeitig in Rente

zwei kleine Figuren, alter Mann und alte Frau, sitzen auf Tablettenstapel
Fix und fertig schon vor der Rente? Ältere Berufstätige nehmen am meisten Medikamente, jeder Zweite hört vorzeitig auf zu arbeiten.
Foto: Techniker Krankenkasse

Die Menschen in Deutschland werden künftig länger berufstätig sein. Die Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente wird seit 2012 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Der Gesundheitsreport 2018 der Techniker-Krankenkasse (TK) zeigt jedoch, dass schon heute über die Hälfte der Arbeitnehmer  frühzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheidet.

Wer länger arbeiten muss, muss auch lange gesund und leistungsfähig bleiben. Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der TK mit dem „Themenschwerpunkt „Fix oder fertig? Erwerbsbiografien in Deutschland“ besteht hier allerdings großer Handlungsbedarf. Denn schon bevor für alle die Regelaltersgrenze von 67 Jahren erreicht ist, hört mehr als jeder zweite Erwerbstätige hierzulande vor dem offiziellen Renteneintrittsalter auf zu arbeiten. Etwa jeder Siebte (13,5 Prozent) scheidet aufgrund von Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung aus dem Arbeitsleben aus. Für den Gesundheitsreport 2018 hat die TK die Krankschreibungen und Arzneimittelverordnungen der rund fünf Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen ausgewertet.

Frühverrentung trifft vor allem Arbeitnehmer, die körperlich schwer arbeiten

Ein weiteres Drittel der Berufstätigen, die früher in Rente gehen, habe zwar genug Berufsjahre zusammen, nehme aber deutliche finanzielle Einbußen in Kauf, um früher in Rente zu gehen, sagt Dr. Thomas Grobe vom Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua), das die TK-Daten ausgewertet hat. Besonders häufig von einer Frühverrentung betroffen seien Arbeitnehmer mit körperlich belastenden Berufen. Die Studie zeigt unter anderem, dass das Risiko, berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, im Bau- und Holzgewerbe 1,8-mal höher ist als in der Vergleichsgruppe. Für Verkehrs- und Lagerarbeiter und für Beschäftigten der Metallbranche besteht ein 1,6-mal höheres Risiko.

Es nützt nichts, das Renteneintrittsalter immer weiter hochzuschrauben, wenn schon heute nicht einmal jeder Zweite so lange arbeitet. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen leistungsfähig bleiben und überhaupt bis zum Rentenbeginn arbeiten können,

kommentiert Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, die Studienergebnisse.

Arzneimittelgebrauch älterer Berufstätiger vor der Rente

Der Report untersuchte auch, gegen welche Krankheiten und gesundheitlichen Auffälligkeiten ältere Berufstätige vor dem Renteneintritt Medikamente nehmen. Zunächst zeigt sich, dass ältere Beschäftigte die meisten Arzneimittel brauchen: Mit 665 Tagesdosen erhielten sie fast drei Mal so viele Medikamente wie der Durchschnitt der Erwerbstätigen (245 Tagesdosen). Den größten Anteil dabei machten Herz-Kreislaufmedikamente aus: Im Schnitt bekamen die 60- bis 64-Jährigen davon im letzten Jahr pro Kopf Präparate für 344 Tage – knapp viermal so viel wie der Durchschnitt der Berufstätigen (90 Tagesdosen pro Kopf). Auch bei Medikamenten für das Nervensystem, überwiegend Antidepressiva, zeigen sich deutliche Unterschiede. So erhielten die Arbeitnehmer zwischen 60 und 64 Jahren im Mittel 34 Tagesdosen im Jahr, während es bei den Berufstätigen insgesamt rund 22 Tagesdosen waren.

Betriebliches Gesundheitsmanagement wird noch wichtiger

Politik, Unternehmen, aber auch die Krankenkassen seien jetzt gefragt, schnell Lösungen zu entwickeln, damit die Menschen länger gesund bleiben, aber auch, um den Wissenstransfer von einer Erwerbs-Generation in die nächste zu gewährleisten, zumal jetzt die geburtenstarke Generation der Babyboomer langsam ins Rentenalter komme, so der TK-Chef. In diesem Zusammenhang werde das Gesundheitsmanagement künftig wesentlich an Bedeutung gewinnen.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.