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Leadership in der Matrix perfektionieren

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„Leadership 2025“ lautet das strategische Ziel, mit dem ZF Friedrichshafen die eigenen Führungskräfte zu Leadership Excellence, also zu bestmöglicher Führungskompetenz, verhelfen will. In diesem Rahmen ergänzte der Automobilzulieferer 2014 sein Vergütungsmodell um eine Komponente, nämlich einen modifizierten Short-Term-Incentive-Baustein, der unter anderem an das Erreichen individueller Ziele geknüpft ist.

 

Der Anstoß, der vom Bodenseeufer für die Entwicklung einer neuen Führungskultur ausging, liegt einige Jahre zurück. 2008 krempelte ZF Friedrichshafen die Laufbahnmodelle für die eigenen Führungskräfte um und verpasste sich eine neue Systematik. Diesem ersten Schritt sind bis heute weitere gefolgt. Parallel baute das Unternehmen die eigene Organisation um. Ende 2010 verabschiedete der Aufsichtsrat die neue Struktur unter dem ebenso kurzen wie eingängigen Namen go4ZF! Damit wurden die Geschäftsfelder der bisherigen fünf Unternehmensbereiche den vier Divisionen Pkw-Antriebstechnik, Pkw-Fahrwerktechnik, Nutzfahrzeugtechnik und Industrietechnik zugeordnet. Die meisten deutschen ZF-Gesellschaften wurden dazu auf die ZF Friedrichshafen AG verschmolzen.

 

Die individuelle Leistung jeder Führungskraft sichtbar machen

 

Am Beginn des Konzernumbaus stand die Einsicht, dass die historisch gewachsene Struktur von ZF nicht mehr dem geänderten Bedarf der Kunden entsprach. Dass ZF-Produkte eines Kernkompetenzfelds wie der Nutzfahrzeugtechnik über mehrere Unternehmensbereiche und Geschäftsfelder verteilt waren, ließ sich gegenüber Kunden nicht rechtfertigen. Deshalb war die neue Struktur deutlich stärker auf eine Matrix ausgerichtet und sollte die Zusammenarbeit innerhalb der Matrix intensivieren.

 

Zugleich sollte der persönliche Beitrag jeder einzelnen Führungskraft transparenter werden. „Die alte Systematik bis 2013 basierte unter anderem auf Plan-zu-Ist-Vergleichen“, erklärt Stefan Dusel, Executive Vice President Corporate Human Resources der ZF Friedrichshafen AG. „Jetzt haben wir zusätzlich Ist-zu-Ist-Werte eingebaut, um der kontinuierlichen Entwicklung gemäß dem jährlichen Umsatz- und Ergebniswachstum gerecht zu werden.“

 

2013 implementierte das Unternehmen ein neues Karrieremodell und eine Qualifizierungsinitiative für seine Führungskräfte. Daran schloss sich Anfang 2014 ein Relaunch des Incentivesystems für alle Manager weltweit an. Binnen neun Monaten entwickelten Stefan Dusel und seine Kollegen die neuen STI-Bausteine. „Damit haben wir die Möglichkeit, individuelle Zielvereinbarungen für jede unserer 2.500 Führungskräfte auf allen fünf Hierarchieebenen festzulegen.“

 

Der erweiterte Short-Term-Incentive steht jährlich zur Auszahlung an und umfasst drei Hauptkomponenten:

  • ROCE-Bausteine – also Return on Capital Employment –, die nach Konzern, Division und Geschäftsfeld differenziert werden,
  • OE-Bausteine – also operatives Ergebnis –, wobei wieder nach Konzern, Division und Geschäftsfeld differenziert wird,
  • IZV, d. h. individuelle Zielvereinbarungen, die ab 2014 neu dazugekommen sind.

Mit der Aufnahme der neuen IZV-Bausteine in den STI hat sich die Gewichtung der beiden bestehenden Bewertungskriterien ROCE und OE verändert. Während der ROCE bis Ende 2013 je nach Hierarchieebene einen prozentualen Anteil zwischen 40 und 60 Prozent ausmachte, betrug er ab 2014 für alle Führungskräfteebenen 40 Prozent, ab 2015 nur noch 30 Prozent. Hingegen bleibt der Anteil des Operating Profits konstant bei 40 Prozent. Dazu sind seit Anfang 2014 zunächst 20 Prozent individuelle Zielvereinbarung gekommen, ab 2015 sind es 30 Prozent.

 

Ausweitung der individuellen Zielvorgaben

 

Neben der Gewichtung der Anteile hat sich auch die Zusammensetzung der Komponenten verändert. Während sich die ROCE-Bausteine bis Ende 2013 nach dem Konzern- und dem Divisionsergebnis richteten, ist ab 2014 noch der ROCE des jeweiligen Geschäftsfelds hinzugekommen. Zudem wird hier jeweils der Vorjahresvergleich hinzugezogen. Parallel dazu wurde der Operating Profit bislang nach dem Ist-Ergebnis zum Plan bestimmt, wobei hier Konzern, Divisions-, Geschäftsfeld- und BE-Ergebnisse hineinspielten. Ab 2014 erfährt auch der Return on Sales des ZF-Konzerns im Vorjahresvergleich Berücksichtigung.

 

Die 20-prozentige Gewichtung der individuellen Ziele für 2014 geht auf die Zielvorgaben des jeweiligen disziplinarischen Vorgesetzten und gegebenenfalls des Fachvorgesetzten zurück. So konnte eine Führungskraft ein bis drei Ziele als Vorgaben bekommen. Hier steuerte das Konzernziel 5 Prozent bei, jedes weitere Ziel entsprechend 15 Prozent, um auf 20 Prozent in der Summe zu kommen. Dabei entfallen auf das zweite oder dritte Ziel jeweils mindestens 5 Prozent.

 

Ab 2015 steigt die Gewichtung der individuellen Ziele auf 30 Prozent, und zu den bislang maximal drei individuellen Zielen kann noch ein weiteres Konzernziel hinzukommen. Das Konzernziel wird mit 7,5 Prozent gewichtet, weitere Ziele mit 22,5 Prozent, wobei das zweite und dritte Ziel jeweils mindestens 7,5 Prozent ausmachen. „Das zeigt, dass sich die Ziele für unsere Führungskräfte unterschiedlich gewichten lassen“, verdeutlicht Dr. Wolfram Menrad, Director Corporate Compensation & Benefits bei der ZF Friedrichshafen AG. „Bei einer zusätzlichen Konzernvorgabe – maximal ein Konzernziel, das individualisiert heruntergebrochen werden kann – sind insgesamt bis zu vier Ziele denkbar.“

 

„Wir haben nach dem ersten Jahr gesehen, dass dieser neue Prozess zielführend ist“, berichtet Stefan Dusel. „So haben wir uns entschlossen, diese Komponente ab dem zweiten Jahr auf 30 Prozent anzuheben.“ Dabei fiel diese Entscheidung nicht einseitig auf Arbeitgeberseite, sondern in Abstimmung mit Arbeitnehmervertretern. „Der Sprecherausschuss hat die 30-prozentige Gewichtung nicht nur akzeptiert, sondern sogar unterstützt.“

 

Die hohe Zustimmung der Arbeitnehmerseite zur stärkeren Gewichtung der individuellen Leistung von Führungskräften ist auch das Resultat einer umfangreichen Kommunikation. „Wir haben unsere Manager weltweit in Veranstaltungen über das STI-Projekt informiert und gerade die Kollegen aus HR und Finance geschult, um ihnen das Modell der wertorientierten Steuerung von Führungskräften zu verdeutlichen“, berichtet Wolfram Menrad. So konnte jede Regionaleinheit mit ihren Führungskräften in intensive Diskussionen über Zielvorgaben und individuelle Leistungsbewertung einsteigen. „Dabei ist der Feedbackprozess fest vereinbart und funktioniert bislang gut.“

 

In das gesamte Projekt war und ist der Vergütungsberater Hay Group eingebunden, mit dem ZF seit Jahrzehnten kooperiert. „Unsere gesamte Vergütungsstruktur im AT-Bereich basiert auf dem Punktemodell der Hay Group“, erklärt Stefan Dusel. „Dadurch stellen wir in der gesamten Gruppe Messungen und Vergleichbarkeit in der Vergütung sicher.“ Schließlich sieht sich ZF auf dem Niveau der im MDAX gelisteten Unternehmen. „Wir vergleichen uns mit Gesellschaften dieser Größe, auch dann, wenn wir Führungskräfte rekrutieren.“ Eine marktgerechte und performanceorientierte Vergütung anzubieten ist für Stefan Dusel und Wolfram Menrad entscheidend, um den eigenen Bedarf an Fach- und Führungskräften zu decken. „Der Wettbewerb schläft nicht, deshalb müssen wir uns auch strecken, um unsere Manager zu motivieren. Dazu werden wir unser Incentivesystem bei Bedarf immer wieder neu anpassen.“

 

Dr. Guido Birkner,

verantwortlicher Redakteur Human Resources

FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag

guido.birkner@frankfurt-bm.com

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