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Lebensläufe in HR: „Es gibt Mauern, die kann man nicht einreißen“

 

Sie wurden beim Stadtmagazin Prinz und der Bild-Zeitung zum Reporter ausgebildet. Sie haben in der Wissenschaft gearbeitet. Für ARD, Arte und SWR haben Sie Drehbücher geschrieben. Sie engagieren sich in der Politik und sind in HR tätig. Wie sehen Sie sich selbst beruflich?
Als ich vor über zehn Jahren zu Volkswagen kam, war ich in HR ein Seiteneinsteiger. Der damalige Personalvorstand und Arbeitsdirektor, Horst Neumann, hatte mich geholt, damit ich mich um Politik- und Gewerkschaftskontakte kümmere. Aber das ist lange her. Mittlerweile würde ich mich – sogar ohne zu erröten – als Vollblut-HRler bezeichnen.

Die VW-Dieselaffäre zieht nach wie vor Kreise und für die kommenden Jahre steht ein massiver Stellenabbau an. Wie schwierig muss man sich Ihren Job als Leiter Personalstrategie und Nachhaltigkeit vorstellen?
Personalarbeit macht natürlich mehr Spaß, wenn man im großen Stil einstellen und aufbauen kann, als wenn man abbaut.Aber auch bei VW ist das ja nicht so eindeutig. Im Zukunftspakt für die Marke Volkswagen haben wir zum Beispiel vereinbart, zwar 23000 traditionelle Stellen sozialverträglich abzubauen, aber auch 9000 Zukunftsarbeitsplätze zu schaffen. 

Als langjähriger Berater von Gesine Schwan haben Sie unter anderem die Kampagne zur Bundespräsidentschaftswahl 2009 geleitet. Was haben Sie in der Politik für HR gelernt?
In der Politik wie im Personalmanagement gilt: Es gibt Mauern, die man einfach nicht einreißen kann.Dann hat es keinen Sinn, sich daran den Kopf blutig zu stoßen. 

Sie wurden in diesem Jahr ins Präsidium des BPM gewählt. Bei welchen Themen wollen Sie sich für die HR-Zunft engagieren?
Wir haben im Präsidium verabredet, dass ich mich schwerpunktmäßig um die Profilierung von HR als Professionsberuf kümmern werde. Zudem betreue ich zusammen mit Kollegin Katharina Herrmann das Projekt Rethink HR, eine Studie von unserem Verband, Egon Zehnder und der Quadriga zur Zukunft der Personalarbeit.

Warum haben Sie Wolfsburg zwischenzeitlich verlassen und sind zur Telekom gegangen?
Thomas Sattelberger hat damals sehr um mich geworben für sein Großprojekt „Telekom School of Transformation“. Aus dem Projekt wurde dann leider nichts. Aber die Zusammenarbeit mit Topmanagern wie ihm und René Obermann war ungemein lehrreich und ich möchte sie nicht missen. Zurück zu VW bin ich dann eher aus einem Bauchgefühl heraus gegangen: Ich hatte den Eindruck, dass Volkswagen ziemlich in meine kulturelle DNA übergegangen war. 

Gerade in von Mitbestimmung geprägten Branchen scheinen Gewerkschaftsmitgliedschaft und Parteibuch manchmal entscheidender zu sein als operative HR-Erfahrung. Sahen auch Sie sich schon mit diesem Vorwurf konfrontiert?
Definitiv nein. Aber ich habe bei Volkswagen ja die Ochsentour gemacht und immer gearbeitet wie alle anderen auch.Ich glaube, meine Kollegen nehmen einfach zur Kenntnis, dass ich privat politisch engagiert bin. Das steht aber nicht im Mittelpunkt der Wahrnehmung meiner Person. 

Mit welchen drei Adjektiven würden Sie Ihren Lebenslauf beschreiben?
Ist krumm das Gegenteil von geradlinig? Ich wähle die Adjektive umherschweifend, seitenwechselnd und unkonventionell.

Was war Ihre größte Herausforderung in HR?
Die komplexeste Aufgabe war sicherlich die Konzeption der Telekom-School. Der größte Schockmoment war aber eine Vorstandsrede für eine Betriebsversammlung im Werk Wolfsburg, die ich 2007 – drei Wochen nach meiner Ankunft bei VW – schreiben musste. Von allen Seiten bekam ich Zuarbeiten, verstand nur Bahnhof und wusste auch nicht, wer mir da schrieb.Schließlich habe ich mich wohl dermaßen verheddert, dass ich so etwas wie die Einstellung der Golf-Produktion und einen Verkauf von VW an General Motors zusammenfabuliert habe. Mein Chef Horst Neumann hat die Rede dann am Sonntag davor selbst geschrieben. Den Golf gibt es übrigens immer noch als sehr erfolgreiches Produkt aus dem unabhängigen Hause Volkswagen. 

Dieser Beitrag ist in Ausgabe 12/17 erschienen.