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Lebensläufe in HR: Überläuferin zu HR

Zwei Facharztausbildungen, zehn Jahre als selbstständige Psychotherapeutin: Wie wurden Sie zur „HR-Überläuferin?“ 

Als praktizierende Ärztin und Psychotherapeutin berichteten mir viele Patientinnen und Patienten von ihren Ängsten und Sorgen, von erlebten Demütigungen und von Hilflosigkeit. So habe ich mich intensiver mit dem Thema „Wirtschaft“ und natürlich auch mit HR auseinandergesetzt. Besonders beschäftigt hat mich das Thema Diagnostik. In der Medizin besteht vor jeder Therapie der Anspruch auf eine fundierte Diagnose. Diesen Aspekt habe ich in der HR-Welt oft als unzureichend wahrgenommen. Eignung, Kompetenz, Potenzial, Teamfähigkeit oder Resilienz sind faszinierende Themen, die profundes Wissen der HRler zwingend voraussetzen. Der Wunsch, die Welt meiner Patienten sowie die HR-Themen in der Realität kennenzulernen, machte mich zum „Überläufer“.

Was nehmen Sie aus Ihrer Profession als Medizinerin mit in die HR-Arbeit? 
Mein naturwissenschaftliches Studium und die 20-jährige Tätigkeit als Fachärztin und Therapeutin waren eine exzellente Grundlage, um erfolgreich in der Wirtschaft im HR-Bereich erfolgreich zu arbeiten. Ich verfüge über eine hohe physische und psychische Belastbarkeit, agiere lösungsorientiert und kann schnell Risiken abwägen und Entscheidungen treffen. Ich arbeite strukturiert, strategisch und präzise, pflege eine positive Streitkultur. Mein persönlicher und ärztlich geprägter Anspruch ist, mit Aufrichtigkeit, Leidenschaft, Klarheit und Ehrlichkeit meinen Aufgaben gerecht zu werden.

Wie kam es zu Ihrem Einstieg bei der Rewe Group?
Der Einstieg bei Rewe erfolgte über eine Ansprache – gesucht wurde jemand, der kompetent den Change von einer zentralen hin zu einer dezentralen Organisation und die Neuausrichtung des Unternehmens mit unterstützt. Teams wurden neu zusammengestellt, das Thema HR-Development sollte zukunftsfähig gestaltet, der OFK-Bereich aufgebaut werden.

Besonders die Bereiche Eignung, Potenzial, Teamfähigkeit und Kompetenzen sollten professionalisiert werden. Darüber hinaus konnte der Aufbau einer Corporate University mit internationalem Anspruch im Retail verwirklicht werden.

Ihre prägendste Station?
Als onkologisch tätige Gynäkologin die Erfahrung der eigenen Hilflosigkeit im Angesicht des Todes zu machen, Würde und innere Schönheit in vielen Momenten des Leidens und Sterbens zu erleben – das ist für mich bis heute prägend.

Sackgassen, in die Sie geraten sind?
Irrwege und Sackgassen gibt es täglich genug. Wichtig ist, diese zu erkennen, die Fehler zu analysieren und wieder umzukehren und neu anzusetzen – so schnell wie möglich.

2012 folgte dann der Wechsel von der Rewe Group zur Deutschen Bahn. Wie kam es dazu?
Zum Wechsel zur DB kam es wieder über eine Ansprache. Gesucht wurde eine Personalmanagerin mit Großkonzernerfahrung, Erfahrung in Personal- und Führungskräfteentwicklung sowie mit der Leitung von Corporate Universities, vertraut mit den Themen Diagnostik, Kompetenz- und Performance Management.

Wie würden Sie einem HR-Laien Ihre jetzige Tätigkeit in zwei Sätzen erklären?
Ich bin verantwortlich für die Entwicklung des Personals und der Führungskräfte der DB, national und international. Das reicht vom Erkennen der individuellen Fähigkeiten über ihren stetigen Ausbau bis hin zur richtigen Positionierung im Unternehmen und setzt den Blick auf den Einzelnen sowie auf das Team als ganze Einheit voraus.

Sie arbeiten eng mit Führungskräften an ihrer beruflichen Weiterentwicklung – wer coacht eigentlich Sie?
Ich bin von Hause aus Gynäkologin und Geburtshelferin. Ich liebe es, Menschen zu ermutigen, neue Schritte zu gehen, sie zu fördern und zu fordern. Ich brauche verantwortungsgeprägte Gestaltungsfreiheit, kluge Sparringspartner, ein offenes Ambiente mit der Möglichkeit, mit-unternehmerisch zu agieren. Bei schweren Entscheidungen nehme ich Coaching in Anspruch, ansonsten bin ich seit dem Beginn meiner beruflichen Tätigkeit fast 30 Jahre regelmäßig unter Supervision.

Dieser Beitrag ist in der Personalwirtschaft 01/2017 erschienen. Sie können die Ausgabe › hier im Archiv lesen.