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„Liebe, Anerkennung und ein solider Investmentfonds“

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Fortschreitende Technologien und die zunehmende Vernetzung sind nur zwei Faktoren, aufgrund derer sich die Arbeitswelt innerhalb der vergangenen Dekaden verändert hat. Manche nennen es Arbeit 4.0, andere Workforcetransformation. Doch passen sich die grundlegenden Erwartungen der Mitarbeiter auch so schnell an wie besagte Technologien? Erleben wir trotz Arbeit 4.0 noch den Mitarbeiter 1.0? Eine Studie und Dr. House geben Hinweise auf Erwartungen und Vergütung von Mitarbeitern.

 

Das Sich-Sorgen um ein gutes Grundgehalt bzw. Benefits hat zugenommen. Laut der „Global Talent Trends Study 2017“ von Mercer beschäftigen sich Menschen im Durchschnitt monatlich 13 Stunden mit Geldangelegenheiten, die in Zusammenhang mit ihrem Job stehen. Da wundert es nicht, dass eine faire, marktgerechte Vergütung sowie Aufstiegsmöglichkeiten aktuell zu den wichtigsten beruflichen Prioritäten für Mitarbeiter in Deutschland gehören. 96 Prozent der befragten Beschäftigten in Deutschland wünschen sich zudem, dass ihre Leistung anerkannt und entsprechend belohnt wird. Die „Global Talent Trends Study 2017“ untersucht die wichtigsten Trends der Arbeitswelt und basiert auf Antworten von mehr als 1.700 HR-Verantwortlichen, 5.400 Angestellten und 400 Managern aus 15 Ländern und 20 Branchen.

 

Vergütung: Was erhoffen sich die Mitarbeiter?

 

Auch weltweit sagt fast die Hälfte der befragten Mitarbeiter, ihre Arbeitssituation würde sich vor allem durch Geld verbessern. Es waren die häufigsten Antworten auf die Frage, wie sich die Arbeitssituation verbessern lasse durch

  • faire und marktgerechte Vergütung,
  • Aufstiegsmöglichkeiten,
  • Führungskräfte, die eine klare Richtung vorgeben,
  • Zusammenarbeit mit guten und fähigen Kollegen,
  • transparente Gestaltung von Gehältern und Boni,
  • klare Informationen zu Karrieremöglichkeiten,
  • flexiblere Arbeitsbedingungen.

Auf die Frage, welches Thema in naher Zukunft den größten Anlass zur Sorge gebe, wurden regionen- und generationenübergreifend die gleichen Antworten gegeben: Gesundheit, Wohlstand und Karriere. Hinzu kommt der Wunsch nach nichtmonetärer Anerkennung, der nur 51 Prozent der Mitarbeiter tatsächlich erfüllt wird.

 

Die Antwort von Gregory House

 

Dr. House, misanthropischer Held und Diagnosegenie der gleichnamigen amerikanischen Arztserie, pflegt einen vergleichsweise unverstellten und nüchternen Blick auf die menschliche Psyche. Auf die Frage seiner Mitarbeiterin, was ihn, den ruppigen Eigenbrötler, denn tatsächlich antreibe, antwortet House vergleichsweise gelassen und prägnant. „Das, was Sie und alle anderen auch wollen: Liebe, Anerkennung und einen soliden Investmentfonds.“

 

Mit Blick auf Befunde aus den Wissenschaften und aus unserer Studie kann man davon ausgehen, dass House hier flapsig eine anthropologische Konstante formuliert hat – eine Konstante, die in kulturell, ökonomisch und biographisch unterschiedlichen Lagen natürlich unterschiedlich ausgeprägt ist.

 

Vergütung: die Antwort der Personaler

 

Interessant wird es, wenn den Mitarbeitererwartungen die aktuellen Prioritäten der Personalabteilungen gegenübergestellt werden. Nur 28 Prozent der befragten Personaler sagen, die Wettbewerbsfähigkeit der Vergütungsstruktur stelle für sie im Jahr 2017 ein wichtiges Thema dar. Auch der Wunsch der Beschäftigten nach fairer Bezahlung spielt in den Plänen derzeit keine Rolle. Gerade einmal 16 Prozent der Personalverantwortlichen führen eine gerechte Bezahlung als eine Top-5-Priorität auf.

 

Die Tendenz hin zu mehr Transparenz in allen Bereichen führt auch zu einer aussagekräftigeren Offenlegung der Vergütung, und zwar weniger im Mitarbeiter- als vielmehr im Führungskräftebereich. 83 Prozent der Unternehmen wollen künftig transparenter darstellen, wie sich die Vergütung ihrer Führungskräfte erklärt – und warum sie so hoch ist, wie sie ist.

 

Anerkennung: neues Performance-Management

 

Das Thema Leistungsanerkennung wird in den Firmen vielfach noch im Wesentlichen über Performance-Management aufgegriffen. 88 Prozent der befragten Unternehmen haben im vergangenen Jahr Veränderungen am Performance-Management vorgenommen. Dieser Trend wird voraussichtlich anhalten, was keine allzu große Überraschung mit Blick auf die Diskussion der vergangenen Jahre ist. Was haben Unternehmen nun konkret für 2017 geplant? Es sind folgende Aspekte:

  • bessere Kommunikation der strategischen Ziele,
  • Kalibrierung der Ziele für vergleichbare Funktionen im Unternehmen,
  • Ausbau der teambasierten Ziele und Kennzahlen,
  • Ersetzen von numerischen Ratings durch Beschreibungen,
  • vollständige Abschaffung von Performance-Ratings,
  • Ranking einführen bzw. abschaffen (!),
  • Abschaffung obligatorischer Ranglisten,
  • Verschiebung des Schwerpunkts von Performance-Gesprächen hin zu Karriere- und Entwicklungsgesprächen,
  • Einführung von Technologien, die regelmäßiges Feedback ermöglichen.

83 Prozent der Unternehmen wollen das Verfahren für die Zielfestlegung ändern oder haben dies bereits getan. Regelmäßiges Feedback gewinnt an Bedeutung. 81 Prozent der Unternehmen haben schon oder planen ein Tool, mit dessen Hilfe stets Feedback gegeben werden kann.

 

Die Beschäftigten ihrerseits geben deutlich zu erkennen, dass Performance-Ratings per se nicht negativ zu bewerten sind. Mitarbeiter möchten aber nicht nur an ihren individuellen Beiträgen gemessen werden, sondern erwarten auch, dass das Erreichen von Teamzielen eine Rolle spielt. Übrigens: Dr. House lässt seine Mitarbeiter zum Wohle des Patienten – und zur eigenen Unterhaltung – häufig gegeneinander antreten, um knifflige Diagnoseaufgaben bewusst im „sportlichen Wettstreit“ zu lösen. Wer schneller richtig liegt, erfüllt so nicht nur den hippokratischen Eid, sondern kann auch auf Bevorzugung bei Karriereentscheidungen hoffen.

 

Wie flexibel gehen Organisation und Arbeitsleben?

 

Der diesjährigen „Global Talent Trends Study 2017“ zufolge wünscht sich die Mehrheit der Beschäftigten mehr Flexibilität am Arbeitsplatz. Auch 40 Prozent der HR-Manager äußern sich positiv zu diesem Thema. Das ist klar, erfordern moderne Organisationen doch zumindest in Teilen häufiges und rasches Reagieren auf Veränderungen. So glauben die befragten Personaler, dass sich die Mitarbeiter durch flexibles Arbeiten besser entfalten könnten. 62 Prozent der Unternehmen haben einzelne Bereiche bereits flexibler gestaltet. 27 Prozent bieten flexible Arbeitsmöglichkeiten an, wenn der einzelne Mitarbeiter dies wünscht und die Führungskraft zustimmt.

 

In der Studie wurden Mitarbeiter ebenfalls gefragt, welche Erfahrungen sie in der Praxis gemacht haben. Im Prinzip positive: Flexibles Arbeiten würde von den Führungskräften (61 Prozent) und Kollegen (64 Prozent) unterstützt. Allerdings sagte ein Drittel der Beschäftigten auch, eine Bitte um eine flexiblere Arbeitsgestaltung sei in der Vergangenheit abgelehnt worden. Die Hälfte äußerte sich zudem darüber besorgt, dass sich Arbeit in Teilzeit oder im Home-Office negativ auf die Beförderungschancen auswirken könnte.

 

Change – the „House“-Way

 

Dr. House und sein Team am Princeton-Plainsboro Teaching Hospital arbeiten hochgradig flexibel. Der „Case“, der Patient, bestimmt Aufgaben und Abläufe – maximale Kundenorientierung also. Ein ziemlich diverses Team aus brillanten Analytikern arbeitet ebenso engagiert bei OPs mit Hightechgeräten wie beim Brainstorming mit Flipcharts. Es menschelt, es geht – kein Wunder bei ausnahmslos dramatischen Patientenschicksalen und so manchem Scheitern – um Flexibilität, Kundenorientierung, Big Data, kreative Methoden, Verantwortung, Sinn. Das klingt nach Arbeit 4.0, oder? Und zum Wandel in den Unternehmen hat Dr. House mit Blick auf Veränderung von Menschen und Organisation eine starke eigene Meinung: „People say: time changes everything. That is not true. Doing things changes things. Doing nothing leaves things exactly what they are.”

 

Dieter Kern,

Partner,

Mercer

dieter.kern@mercer.com

www.mercer.de

 

Joann Lee,

Consultant,

Mercer

joann.lee@mercer.com

www.mercer.de