HR befindet sich derzeit vielerorts in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite machen besorgte und überlastete Beschäftigte klar, dass sich strukturell in vielen Unternehmen etwas ändern muss. Auf der anderen Seite kann HR selbst aufgrund von fehlendem Budget nur mit eingeschränkten Ressourcen darauf reagieren. Diese und weitere aktuelle Herausforderungen von Personalerinnen und Personalern zeigt eine Studie des HR-Software-Anbieters Personio auf. Für die europäische Studie wurden in Deutschland zwischen dem 26. August und dem 5. September dieses Jahres 1.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie 503 Personaler und Personalerinnen aus dem Mittelstand befragt. Die Ergebnisse.
Zahlreiche Mitarbeitende sind besorgt: Sie sind mit der steigenden Inflation und entsprechend höheren Kosten konfrontiert. 92 Prozent der Beschäftigten machen sich auch während der Arbeit Sorgen für den Fall, dass sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten weiter verschlechtern sollte. Jeder Fünfte (21 Prozent) befürchtet sogar, einen Zweitjob annehmen zu müssen. Hierzulande haben zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) Angst, schon bald ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können. Kaum mehr als die Hälfte (54 Prozent) vertraut darauf, dass ihr Unternehmen auch während einer Rezession noch in die Belegschaft investiert. Aktuell unterstützt aber noch rund jedes zweite europäische Unternehmen (51 Prozent) seine Beschäftigten, damit sie die gestiegenen Lebenshaltungskosten (besser) bewältigen können.
Doch Mitarbeitende machen sich nicht nur verstärkt Sorgen, sie sind tendenziell auch unzufriedener mit ihrem Job als zuvor. 37 Prozent der deutschen Befragten geben an, in ihrem Job unglücklich zu sein. Der Hauptgrund dafür: Fast jeder zweite (46 Prozent) macht die Erfahrung, durch ineffiziente Prozesse im Job blockiert zu sein. Das Problem, so die Studienverfasserinnen und -verfasser, sei nicht der Unmut an sich, sondern dass nicht jeder Beschäftigte seine Unzufriedenheit deutlich äußert. Innere Kündigung – heute als Quiet Quitting bezeichnet – kann die Folge sein, was bedeutet, dass die Mitarbeitenden im Job nur noch das Nötigste tun. Nicht wenige bereiten sich aber auch auf einen tatsächlichen Jobwechsel vor: In der Befragung gab fast jeder Dritte an zu planen, sich in den kommenden sechs bis zwölf Monaten eine neue Arbeitsstelle zu suchen.
Kommunikation und Work-Life-Balance verbesserungsbedürftig
Wie kann die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert werden? Gefragt nach Verbesserungsmöglichkeiten, nennt ein Drittel (32 Prozent) der hiesigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die interne Mitarbeiterkommunikation, dicht gefolgt von der Work-Life-Balance (30 Prozent). Fast ein Viertel (23 Prozent) wünscht sich mehr Zeit und Ressourcen, um die anfallenden Aufgaben erledigen zu können.
Fehlendes HR-Budget und Überlastung schaden der Employee Experience
Mehr Ressourcen wünschen sich auch Personalerinnen und Personaler, damit sie Projekte in die Wege leiten können, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Doch Wunsch entspricht nicht immer der Realität. In vielen Unternehmen wurde jüngst das HR-Budget verringert: Gut die Hälfte der Personalverantwortlichen gibt an, dass ihr HR-Budget bereits gekürzt wurde oder dass sie damit rechnen. Knapp zwei Drittel der Befragten sagten zudem, dass sich diese Kürzungen bereits auf die Employee Experience auswirken.
Neben der finanziellen Ressource fehlt HR vielerorts auch die zeitliche und personelle. Rund zwei Drittel der HR-Verantwortlichen haben festgestellt, dass die Anzahl der Mitarbeiteranfragen seit der Corona-Krise zugenommen hat. Mehr als jeder vierte HR-Verantwortliche in Europa (29 Prozent) sagt, dass seine Arbeitsbelastung erheblich gestiegen ist. Die deutschen Ergebnisse unterscheiden sich nicht wesentlich von den europäischen.
Unzufriedenheit der Mitarbeitenden nimmt zu
Einsparungen und Überlastung führen dazu, dass sich die Personalbeauftragten in einem Dilemma befinden, denn sie können ihren Aufgaben nicht im gewünschten Maße nachkommen. 63 Prozent der hiesigen Personalbeauftragten befürchten, dass sich dies auf Motivation und Produktivität der Beschäftigten auswirkt.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.