In einigen Unternehmen duzen sich die Mitarbeiter untereinander oder auch die Kunden werden geduzt. Mittlerweile werden auch Bewerber in Stellen- anzeigen häufiger mit dem Du angesprochen. Eine Studie zeigt jedoch, dass verordnetes Duzen von den meisten Menschen gar nicht erwünscht ist.
Eine verbindliche Duz-Kultur im Unternehmen stößt zwar auf etwas mehr Zustimmung als eine verbindliche Siez-Kultur, doch am meisten präferieren es die Menschen, dass der Arbeitgeber keine Vorgabe dazu macht, ob sich die Mitarbeiter untereinander grundsätzlich duzen oder siezen müssen. Die Mitarbeiter möchten selbst individuell entscheiden können, wen sie in der Firma duzen und wen sie siezen wollen – und zwar weitgehend unabhängig vom Alter. Das zeigt eine Befragung, die die Universität Osnabrück unter 1306 Personen im Alter von 15 bis 65 Jahren durchgeführt hat. Die Ergebnisse wurden im „Personal Magazin“ (Ausgabe 9/2019) veröffentlicht.
Zwangsduzen von Bewerbern nicht erwünscht
Ähnliche Ergebnisse zeigte die Befragung zur Anrede von Kandidaten beim Recruiting: Weder in der Stellenanzeige noch im Einstellungsinterview bevorzugen die Studienteilnehmer, dass Bewerber geduzt werden. Dies gilt sowohl für Auszubildende und Praktikanten als auch für Bewerber, die sich als normale Mitarbeiter oder Führungskräfte bewerben. Auch in der Rolle des Interviewers gaben die Befragten an, dass sie nicht gerne duzen wollen.
Auch bei Kunden individuelle Ansprache bevorzugt
Was die Duz-Kultur Kunden gegenüber betrifft, so lehnten es die Studienteilnehmer am stärksten ab, dass Arbeitgeber das Duzen vorschreiben – sowohl aus Mitarbeiter- als auch aus Kundensicht. Die Vorgabe, alle Kunden ohne Ansehen der Person zu siezen, kommt zwar deutlich besser an, doch auch hier fällt die Zustimmung insgesamt niedrig aus. Die Befragten – ob Azubis, Mitarbeiter oder Führungskräfte – möchten im Einzelfall entscheiden können, ob sie einen Kunden duzen oder siezen.
Duz-Trend kann mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen
Die Ergebnisse hätten kaum eindeutiger ausfallen können, sagen Prof. Dr. Uwe P. Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, und Franziska Kempa, die ihre Bachelorarbeit zum Thema „Einstellung zum Duzen und Siezen im Berufsleben“ verfasst. hat, sowie Sarah Winkelmann, die eine Bachelorarbeit zum Thema „Duzen im Beruf“ geschrieben hat. Einer verbindlichen Anrede-Kultur stünden die Menschen sehr skeptisch gegenüber. Unternehmen, die dazu übergingen, Mitarbeiter, Bewerber und Kunden grundsätzlich zu duzen, liefen daher in die falsche Richtung. Daher gebe es für Arbeitgeber auch keinen Grund, sich dem Trend anzuschließen, alle Bewerber zu duzen. Unreflektiert eingesetzt könne das Duzen im Personalmarketing mehr Schaden anrichten, als dass es einen Nutzen brächte.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.