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Mitarbeiterbindung: Sparen KMU am falschen Ende?

Die unsichere wirtschaftliche Lage sorgt dafür, dass kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zukünftig weniger Personalbudget einplanen möchten. Gleichzeitig wollen viele Arbeitgeber der Sparte verstärkt in die Verbesserung der Unternehmenskultur investieren und mehr für die Mitarbeiterbindung tun. Ein Widerspruch, den der Report „The State of Spending“ zeigt. Die Studie wurde im Auftrag des europäischen Fintechs Pleo durchgeführt. Befragte wurden im November 2022 mehr als 3.500 Entscheidungsträger aus kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Dänemark und Schweden – davon 500 in Deutschland.

In vielen KMU scheint derzeit Unsicherheit darüber zu herrschen, wie sie mit einer möglichen Rezession umgehen sollen. Im Ernstfall sieht sich nur ein Drittel (34 Prozent) der kleinen und mittelständischen Unternehmen hierzulande für eine Rezession gewappnet. Dementsprechend steht auch die Budgetplanung auf wackeligen Beinen. Knapp jeder dritte Betrieb (31 Prozent) räumte ein, sein Budget für 2023 nur bedingt planen zu können. Trotz eher negativer Aussichten geben sich die meisten hiesigen und europäischen Unternehmen aber optimistisch, was die nächsten zwölf Monate nach der Befragung betrifft. So plant rund jeder vierte Befragte hierzulande für dieses Jahr eine Umsatzsteigerung. Je ein weiteres knappes Fünftel möchte expandieren und sein Produktportfolio erweitern (19 Prozent) und neue Büros eröffnen (18 Prozent).

Widersprüchliche Aussagen zu geplanten Personalausgaben

Was die Personalpolitik betrifft, so gibt gut jedes vierte deutsche Unternehmen (27 Prozent) an, verstärkt in die Verbesserung der Unternehmenskultur investieren zu wollen. Außerdem will sich ein Fünftel (21 Prozent) auf die Mitarbeiterbindung fokussieren. Diese Vorhaben erscheinen folgerichtig, denn fast alle befragten Entscheider und Entscheiderinnen (97 Prozent), stellen fest, dass die steigenden Kosten die Arbeitskultur beeinträchtigen.

Als größte negative Auswirkungen nennt der Report Umzüge aus Gemeinschaftsbüros in günstigere oder abgelegenere Bürostandorte, vermehrte Heimarbeit sowie die fehlende Möglichkeit, Beschäftigten Boni und Incentives zukommen zu lassen. Doch ausgerechnet bei der Vergütung der Belegschaft, bei den Gehältern, bei Boni und anderen Zuwendungen oder auch Schulungen planen die Unternehmen für dieses Jahr weitere Kostensenkungen. Mehr als im europäischen Durchschnitt wollen deutsche Betriebe ihre Ausgaben für die meisten ihrer Geschäfte – die Personalbudgets eingeschlossen – zurückfahren. Dabei trägt Zufriedenheit mit dem Gehalt stark zur Zufriedenheit und Loyalität der Beschäftigten bei. Eine Ausnahme bilden lediglich die Recruiting-Kosten, die erhöht werden sollen.

Eine Gratwanderung

„Unternehmen legen hier eine Gratwanderung hin. Denn Einsparungen bei Personalaufwendungen und -boni werden sich unweigerlich auf die Belegschaft auswirken; und bereits im Dezember haben viele Unternehmen an für das interne Klima wichtigen Dingen wie Weihnachtsgeschenken, -boni und -feiern gespart“, sagt Jessie Danyi, Belonging & Impact Lead bei Pleo. Entscheider und Entscheiderinnen müssten aufpassen, dass hier keine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit entsteht, warnt Danyi.

Die Art und Weise, wie Unternehmen – oder wie nicht – ihr Geld ausgeben, kann sich erheblich auf das Arbeitsklima auswirken, das derzeit am seidenen Faden hänge, so die Studienverfasserinnen und -verfasser. Für Arbeitgeber gelte es deshalb zu reevaluieren, wie sich das Gemeinschaftsgefühl am Arbeitsplatz optimieren lässt. Immerhin ein Drittel aller Befragten (34 Prozent) hätte sich dieses Jahr bereits dafür entschieden, Nettigkeiten wie „Tischtennisplatten und Kühlschränke voller Bier“ gegen das einzutauschen, was Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wirklich hilft: eine bessere Bezahlung, Fortbildungen oder auch die Übernahme von Reisekosten.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.